Ex-Polizeipräsident Kölns berät LandNeuer Flüchtlingsberater Mathies: „Es geht nichts ohne die Akzeptanz der Menschen“

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Geflüchtete Menschen betreten neben einem Schild vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Landesaufnahmebehörde. Foto: dpa

Geflüchtete Menschen betreten neben einem Schild vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Landesaufnahmebehörde.

Jürgen Mathies, ehemaliger Polizeipräsident von Köln, will die Anwohner „authentisch“, klar und objektiv informieren, womit sie bei der Einrichtung einer neuen Unterkunft für Geflüchtete rechnen müssen.

Wenn es um die schwierige Frage geht, wie es gelingen kann, bei den Bürgern die Bereitschaft für die Einrichtung einer neuen Flüchtlingsunterkunft zu erhöhen, klingt Jürgen Mathies so, als sei er noch Polizeipräsident von Köln. „Es geht nichts ohne die Akzeptanz der Menschen vor Ort“, sagt der neue Berater der Landesregierung bei der Flüchtlingsunterbringung bei seiner offiziellen Vorstellung durch Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) am Dienstag in Düsseldorf.

„Die Akzeptanz hängt ganz stark davon ab, ob sie sich mitgenommen fühlen und ob eine Klarheit über die Lage entsteht.“ Er empfehle, dass die Betreiber der Unterkünfte, die Polizei und Vertreter der Kommunen „Hand in Hand Sicherheitslagebilder erarbeiten“. Nur so könne man die Menschen „auch authentisch, klar und objektiv darüber zu informieren, womit sie denn rechnen müssen. Viele Ängste werden produziert, obwohl sie keine objektive Grundlage haben“, sagt Mathies.

Geflüchtete in NRW: Berater Jürgen Mathies hält Aufnahmesystem für funktionsfähig

Vom Grundsatz her sei das Aufnahmesystem des Landes „für die Menschen, die bei uns Schutz suchen“ funktionsfähig. „Es gibt daher keinen Anlass, es grundlegend umzukrempeln.“ Allerdings würden neue Unterkünfte dringend benötigt. Mit der Lage der Jahre 2014 und 2015 lasse sich die aktuelle Problematik keinesfalls vergleichen. „Heute geht es viel geordneter zur Sache. Wichtig ist, dass das System über effiziente Strukturen verfügt, möglichst optimal funktioniert und möglichst viele Plätze für Menschen schafft, die Schutz suchend nach Nordrhein-Westfalen kommen.“

Unabhängig von bundes- und europapolitischen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Asylrecht müssten weitere Kapazitäten geschaffen werden, so Mathies. „Daran kommt keiner vorbei. Das muss man zur Kenntnis nehmen und das wird unsere Aufgabe sein.“ Bis Anfang kommenden Jahres will das Land 3000 zusätzliche Plätze für die Erstunterbringung von Geflüchteten schaffen. Ob dies in den bereits bestehenden Einrichtungen möglich sei, könne er noch nicht sagen, so Mathies. „Das ist die Frage, um die sich alles drehen wird. Wir haben gerade deshalb die Themen Akquise-Teams, Beratung und die Frage eines Generalunternehmers eingebracht, ob im Sinne einer Erweiterung noch etwas getan werden kann.“

55.000 Asylsuchende kamen 2023 bisher nach NRW

Derzeit leben nach Angaben der Flüchtlingsministerin rund 250.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in NRW. Allein in diesem Jahr hat das Land 55.000 Asylsuchende aufgenommen.  Den Kommunen hat die Landesregierung kürzlich weitere 808 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um diesen Ansturm finanziell bewältigen zu können. Bereits Ende September hatten sich Kommunen und Land in einer Erklärung zu ihrer gemeinsamen Verantwortung beim Aufbau weiterer Plätze für Geflüchtete sowie für die Schaffung der nötigen Akzeptanz vor Ort bekannt.

NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul und ihr neuer Berater für Unterbringungsfragen Jürgen Mathies stellen in der Staatskanzlei die Ergebnisse des Kabinetts zum aktuellen Stand der Flüchtlingspolitik vor.

NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul und ihr neuer Berater für Unterbringungsfragen Jürgen Mathies stellen in der Staatskanzlei die Ergebnisse des Kabinetts zum aktuellen Stand der Flüchtlingspolitik vor.

„Ich hatte ja bereits in den vergangenen Wochen die Gelegenheit, intensiv in die Materie einzusteigen, die mir – gerade aus dem Blickwinkel der Sicherheit – nicht ganz fremd ist“, sagte Mathies. Er sei optimistisch, den komplexen und herausfordernden Prozess der Aufnahme und Unterbringung der vielen Schutzsuchenden optimieren zu können, um die Kommunen zu entlasten. Das wichtigste Ziel sei, dass das Land viele neue Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen schaffen könne.

Die Suche nach neuen Standorten für Notunterkünfte will der neue Landesbeauftragte nicht länger dem Zufall überlassen. Er schlägt vor, diese Aufgabe dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes oder einem privaten Unternehmen zu überlassen.

„Wir bekennen uns zu unserer humanitären Verantwortung, Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, Schutz zu gewähren“, sagte Ministerin Paul. „Für eine gelingende Migrationspolitik handeln wir im Zweiklang von Humanität und Steuerung. Wir werden mit der Unterstützung von Jürgen Mathies die Zusammenarbeit aller beteiligten Akteurinnen und Akteure noch besser aufstellen. Wir erhoffen uns so eine weiter verbesserte Kooperation zwischen Land und Kommunen in dieser für uns alle sehr fordernden Zeit.“

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