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Kampf gegen SteuerhinterziehungNRW kauft Datensatz mit geheimen Informationen

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IGestellte Szene: Eine Hand übergibt vor dem Finanzministerium in Düsseldorf eine CD mit den Daten von Steiersündern

Gestellte Szene: Eine Hand übergibt vor dem Finanzministerium in Düsseldorf eine CD mit den Daten von Steiersündern.  

NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) hat von einem Informanten geheime Daten gekauft, die Steuerhinterziehung in großem Stil aufdecken sollen.

Der Ankauf von Steuer-CDs hat dem Land NRW in der Regierungszeit von SPD und Grünen Milliarden an zusätzlichen Steuereinnahmen eingebracht. Jetzt hat NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk von einem Informanten geheime Daten gekauft, die Steuerhinterziehung in großem Stil aufdecken sollen. Es gehe um einetrickreiche Masche der Verschiebung von Vermögen in Übersee-Steueroasen“, sagte der CDU-Politiker. NRW gehe „konzertiert gegen die Steuervermeider vor“ und spanne „ein dichtes Kontrollnetz, durch das sie nicht mehr schlüpfen können“, so Optendrenk.

Den Angaben zufolge hat das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) von einem Hinweisgeber einen Datenträger angekauft, der Kundeninformationen von Dienstleistern mit Geschäftssitzen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, den Cayman Islands, in Hongkong, Mauritius, Panama, Singapur und Zypern enthält. Sie bieten ihren Kunden an, in Niedrigsteuergebieten Auslandsgesellschaften zu gründen. Diese würden „gezielt dazu genutzt, Geld vor dem deutschen Fiskus zu verstecken“, hieß es im NRW-Finanzministerium. Ziel sei dabei auch die Verschleierung von durch Straftaten erlangtem Vermögen.

In den vergangenen Monaten hatte es offenbar bereits Durchsuchungen auf Basis anderer Datenpakete gegeben. „Jetzt haben wir ein weiteres Paket vorliegen“, sagte Optendrenk. Die Informationen würden derzeit aufbereitet und den Behörden in den anderen Bundesländern und anderen Staaten zur Verfügung gestellt.

Marcus Optendrenk (l, CDU), Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, geht an Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, im Plenum des Landtags vorbei.

Marcus Optendrenk (l, CDU), Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, geht an Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, im Plenum des Landtags vorbei.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ Zeitung hatte sich der NRW-Finanzminister mit seinem Vorgänger Norbert Walter-Borjans (SPD) bei dem Vorgehen abgestimmt. Walter-Borjans hatte in seiner Amtszeit zwischen 2010 und 2017 mehrfach durch den Ankauf von Steuer-CDs für Schlagzeilen gesorgt. Er stehe mit Optendrenk beim Thema Datenkauf „seit langem in einem absolut konstruktiven Austausch“, sagte der SPD-Politiker aus Köln. „Ich kann ihn nur ermutigen, auf dieser Linie weiterzugehen“, betonte Walter-Borjans. Er fügte hinzu: „Wenn es um die Bekämpfung von Steuerbetrug zu Lasten der Allgemeinheit geht, dürfen sich Demokraten nicht auseinanderdividieren lassen. Dann gewinnen die Falschen.“ Der Betrug zu Lasten wichtiger Aufgaben wie Kitas, Schulen und Infrastruktur brauche breite Unterstützung und viel mehr öffentliche Aufmerksamkeit.

Dem LBF NRW liegen dem Vernehmen nach jetzt mehr als ein Terabyte an Daten zu den global verteilten Auslandsgesellschaften sowie den dahinterstehenden wirtschaftlich berechtigten Personen vor. Über die Höhe des Ankaufspreises oder über die Höhe der erwartbaren Nachzahlungen wurden keine Angaben gemacht. Der Ankauf des Datensatzes habe eine „abschreckende Wirkung“ und unterstütze die Behörden dabei, den Rechtsstaat zu schützen, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Olaf Lehne. Zu den Verdächtigen gehören Menschen mit Wohnsitz in Deutschland sowie in anderen Staaten.

Die SPD im Düsseldorfer Landtag begrüßte den Ankauf ausdrücklich.Es ist gut, dass sich Minister Marcus Optendrenk bei der Bekämpfung der Steuerkriminalität in die Tradition von Norbert Walter-Borjans stellt“, sagte Finanzpolitiker Stefan Zimkeit. Wichtig sei, dass die Täter auch strafrechtlich verfolgt würden – und die Ermittlungen „nicht wie bei etlichen Cum-Ex- Fällen“ in der Justiz liegen blieben.

Der Grünen-Politiker Simon Rock betonte, Organisierte Steuerhinterziehung sei kein Kavaliersdelikt, sondern ein Schlag ins Gesicht der großen Mehrheit der ehrlichen Menschen in Deutschland. „Jedem Steuerkriminellen muss klar sein, dass er sein Vermögen nicht folgenlos in Steueroasen verstecken kann“, sagte der Politiker aus Neuss.

Norbert Walter-Borjan, ehemaliger Minister der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen und früherer Bundeschef der SPD.

Norbert Walter-Borjan, ehemaliger Minister der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen und früherer Bundeschef der SPD.

Kritik löste das Vorgehen hingegen bei der FDP aus. Steuerstraftaten müssen konsequent und rechtsstaatlich aufgeklärt sowie geahndet werden, sagte Vize-Fraktionschef Ralf Witzel. „Der Zweck heiligt aber nicht jedes Mittel“, warnte der Liberale. Es sei „völlig unklar, wer sich unter welchen Umständen Daten von wem verschafft und dafür welches Honorar erhalten“ habe. „Die Begehung von Straftaten und Hehlerei dürfen kein lukratives Geschäftsmodell werden“, sagte Witzel. Und ergänzte: „Wir erwarten volle Transparenz zu allen Umständen des Deals.“