Riesige FlaggenEmpörung über Iran-Pavillon auf der Messe Düsseldorf

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Der Stand des Irans auf der Medizinmesse in Düsseldorf fällt durch seine riesigen Iran-Flaggen auf.

Der Iran-Pavillon auf der Medica in Düsseldorf mit großer Beflaggung.

Auf der Medizinmesse in Düsseldorf hat ein Iran-Pavillon scharfe Kritik auf sich gezogen. Die Messe Frankfurt hat bereits seit Beginn der Proteste alle Geschäftsbeziehungen mit dem Iran eingestellt. 

Ein an allen Seiten nationalbeflaggter Pavillon des Iran auf der Medizinmesse Medica in Düsseldorf hat scharfe Kritik an den Veranstaltern ausgelöst. „Das ist ein unglaublicher Affront gegen alle Menschen, die im Iran für Freiheit und Demokratie demonstrieren – und damit ihr Leben riskieren“, sagt Zahnärztin Mitra Nasiri-Sarvi, deutsche Staatsbürgerin mit iranischer Geschichte.

„Mein Cousin ist Arzt. Er sitzt im Iran gerade im Gefängnis – und zwar nur, weil er Demonstrierende medizinisch versorgt hat. Viele Mediziner werden im Iran momentan verfolgt.“

Es wäre angemessen gewesen, den Iran auszuladen
Mitra Nasiri-Sarvi, Zahnärztin aus Oberkassel

In den vergangenen Jahren sei sie stets zur Medica eingeladen worden, in diesem Jahr habe sie nur zufällig von der Messe erfahren – auch vom Pavillon mit 13 Unternehmen aus dem Iran, sagt Nasiri-Sarvi. Am Donnerstag machte sich die Medizinerin gemeinsam mit Kolleginnen aus ihrer Praxis und Freunden vor Ort ein Bild.

„Ich war fassungslos, dass der Stand von regimenahen Unternehmen auch noch an allen Seiten riesig die Flaggen der Islamischen Republik zeigte“, sagt sie. „Angemessen wäre angesichts der Situation im Iran, diese Firmen auszuladen.“

Andere Messen tun das bereits: So teilt ein Sprecher der Messe Frankfurt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit, dass „wir die geschäftlichen Beziehungen zu unseren iranischen Kunden aufgrund der aktuellen Situation im Iran vorläufig beendet haben – und zwar so lange, bis sich die Verhältnisse dort ändern“. Die Regelung gelte seit Beginn der Proteste im Iran.

Chef der Messe Düsseldorf verweist auf „bestehende Verträge“

Die Koelnmesse teilt lediglich mit, dass es bei den großen internationalen Messen 2023 „keine iranischen Länderpavillons“ gebe. „Wir werden das Geschehen beobachten. Sollte es – wie im Fall Russland – von deutscher Seite offizielle Maßnahmen gegen den Iran geben, werden wir uns dem selbstverständlich anschließen.“

Die Stadt Düsseldorf mit Oberbürgermeister Stephan Keller beantwortet Fragen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu dem Thema auch auf mehrmalige Nachfrage nicht. Am Nachmittag veröffentlichte die Stadt Düsseldorf ein Statement von Keller auf Twitter, in dem er seine Solidarität mit dem Iran bekundet. Von dem Iran-Pavillon auf der Messe spricht er nicht. 

Auch die IHK Düsseldorf möchte sich auch nicht zu dem Iran-Pavillon äußern - das sei Aufgabe der Messe, sagt ein IHK-Sprecher.

Erhard Wienkamp, Geschäftsführer der Messe Düsseldorf, verweist darauf, dass „wir bestehende Verträge nicht auflösen können“. Ausgeschlossene Unternehmen könnten sich sonst „aus wettbewerbsrechtlichen Gründen einklagen“. Die Ereignisse im Iran stünden „im Widerspruch zum Auftrag und zu den Werten der Unternehmensgruppe Messe Düsseldorf, internationale Marktplätze für einen freien, grenzüberschreitenden interkulturellen und wirtschaftlichen Austausch zu schaffen“.

Messe Düsseldorf schweigt zu den entscheidenden Fragen

Als Messe sei man „an die Sanktionen der Europäischen Union gebunden“. Keines der Unternehmen auf der Medica 2022 „ist nach unserem Kenntnisstand mit einer solchen Sanktion belegt“.

Wie die Messe eine etwaige Regimenähe der Unternehmen überprüfe, ob die üppige Beflaggung nicht hätte verhindert werden können, ob die Einladung der iranischen Unternehmen angesichts der dramatischen Menschenrechtssituation während der Proteste im Iran nicht ein Fehler war und wie es zu erklären ist, dass einige deutsche Mediziner mit iranischem Hintergrund dieses Jahr keine Einladung erhielten, beantwortet der Geschäftsführer der Messe Düsseldorf nicht.

Auf der Medica-Messe gerieten Protestler und iranische Unternehmer am Donnerstag aneinander. Auf Videos, die dieser Zeitung vorliegen, ist zu sehen, wie Demonstrierende den Ausstellern vorwerfen, Handlanger des iranischen Regimes zu sein. Eine Frau mit Kopftuch entgegnet vom Stand aus, warum sie sich „aus Deutschland in iranische Angelegenheiten“ einmischten.

Auf die Aussage einer Demonstrantin, dass erst am Vortag ein zehnjähriges Kind vom Regime getötet worden sei, sagt die Frau, das stimme nicht, das Kind sei von Demonstranten erschossen worden, die auf die Miliz geschossen hätten. Einige der Protestler filmen den Stand. Ein Unternehmer sagt daraufhin, dass „im Iran mit solchen Demonstranten ganz anders umgegangen“ werde.

Protestierende auf der Messe von Polizei nach draußen begleitet

Mitra Nasiri-Sarvi sagt, dass sie und ihre Freunde bewusst nicht provoziert hätten. Von Vertretern des Standes seien sie auf ihre Revolutions-T-Shirts angesprochen worden. „Ein Mann hat mir spöttisch eine gute Gesundheit gewünscht. Ich habe gesagt, dass ich gesund bin, weil ich in einem freien Land lebe und viele Menschen im Iran es nicht sind, weil sie unterdrückt werden, weil auf sie geschossen wird und weil sie gefoltert werden. Da hat er gelacht.“ Schließlich seien sie und ihre Bekannten von der Polizei nach draußen begleitet worden. „Als seien wir diejenigen, die hier etwas falsch gemacht hätten.“

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