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Muslime im GefängnisSo will NRW den Islamismus in den Haftanstalten stoppen

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Abu Walaa, mutmaßlicher Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Deutschland, steht im Gericht hinter einer Glasscheibe.

Abu Walaa, mutmaßlicher Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Deutschland, steht im Gericht hinter einer Glasscheibe.  

In NRW versuchen verurteilte Islamisten immer wieder, muslimische Mitgefangene mit radikalem Gedankengut zu infizieren. Wie die Justiz versucht, dem Phänomen entgegenzuwirken.

Der Gebetsraum ist abgedunkelt, der Imam spricht mit fünf jungen Muslimen über ihren Glauben. Die Gruppe sitzt auf einem roten Teppich, die Männer trinken Tee. Ein normales Treffen nach dem traditionellen Freitagsgebet? Nein – die Szene spielt in der Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf. Imam Abdussalah El Hamrouni arbeitet für die NRW-Justiz. Sein Job es, die Radikalisierung von jungen Straftätern zu verhindern.

Am Rande des Gesprächskreises sitzt ein Mann im dunkelblauen Anzug. NRW-Justizminister Benjamin Limbach ist in die JVA gekommen, um sich einen Eindruck von dem Präventionsprojekt zu verschaffen. „Wir müssen verhindern, dass unsere Haftanstalten zu Brutstätten der Radikalisierung werden“, sagt der Politiker der Grünen. Da viele Straftäter im Zusammenhang mit islamistisch motivierten Straftaten einsitzen würden, sei die Gefahr groß, dass diese ihre Hassbotschaften auch hinter Gittern verbreiten würden. In Haft könnte Gefangenen für eine extremistische Beeinflussung besonders anfällig sein.

Nach dem Terroranschlag von Solingen, bei dem im August 2024 drei Menschen getötet worden waren, hatte die schwarz-grüne Landesregierung ein Präventionspaket verabschiedet, von dem auch der Strafvollzug profitiert. Insgesamt wurden 45 neue Stellen geschaffen, jede JVA verfügt über Beauftragte, die Radikalisierungstendenzen in den Haftanstalten fest im Blick haben sollen. „Zum Teil gibt es in den Zellen Hinweise auf eine Radikalisierung, wie zum Beispiel IS-Symbole“, sagt Mehmet Bilekli, der die Präventionsprojekte in den NRW-Gefängnissen als Fachbereichsleiter koordiniert. Die Experten würden auch darauf achten, ob bekannte Islamisten in den Pausen Kontakt zu anderen Häftlingen aufnehmen würden, um sie zum gemeinsamen Gebet aufzufordern.

Mehr über den Glauben erfahren

Die JVA-Wuppertal-Ronsdorf ist ein Gefängnis für jugendliche Straftäter. Die meisten muslimischen Häftlinge haben kein fundiertes Wissen über den Islam. In der Gesprächsrunde im Gebetsraum, die einmal in der Woche stattfindet, haben sie die Chance, mehr über ihren Glauben zu erfahren. „Vor der Inhaftierung haben viele sich Videoclips von islamistischen Influencern angeguckt“, sagt Imam El Hamrouni. In der Haft bestehe die Chance, Wissenslücken zu füllen - und gefährliche Irrtümer richtigzustellen.

Die Präventionsarbeit bezieht sich aber nicht nur auf den Islamismus, sondern auch auf politischen Extremismus und Antisemitismus. „Der Krieg im Gaza-Streifen löst natürlich auch bei den Gefangenen, die zum Teil eine persönliche Betroffenheit haben, Emotionen aus“, sagt JVA-Chefin Susan Schneider. Auch hier könne Aufklärung die Spannungen entschärfen.

Aktuell befinden sich in den Haftanstalten von NRW 41 Gefangene, die im Zusammenhang mit islamistisch motivierten Straftaten verurteilt wurden, darunter 35 Männer und sechs Frauen. Der Fachbereich Radikalisierungsprävention im Justizvollzug ist organisatorisch an die JVA Essen angegliedert und verfügt über fünf Mitarbeitende.