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Rechtsausschuss NRWJüdischer Häftling beschwert sich: Keine Gottesdienste, kein Feiertag, kein TV

Lesezeit 3 Minuten
Ein Jude hat sich bei den Feierlichkeiten einer Grundsteinlegung für eine Synagoge seine Kopfbedeckung (Kippa) mit einer Davidstern-Klammer am Haar befestigt.

Gebetsteppiche für Muslime führen die Einkaufslisten der Haftanstalten in NRW - Produkte zur Ausübung des jüdischen Glaubens findet man laut Häftling dagegen nicht.

Ein jüdischer Häftling beklagt sich über die Zustände für Gefangene seines Glaubens. Im Vollzug befinden sich NRW-weit lediglich 21 Juden.

Eine ungewöhnliche Eingabe beschäftigt den Petitionsausschuss des Landtags: Ein jüdischer Häftling aus der JVA Werl beklagt sich über die Zustände für Gefangene seines Glaubens. Der vertrauliche Vorgang wirft ein Schlaglicht auf eine Minderheit im Strafvollzug: Es gibt laut Justizministerium unter den knapp 14.100 Inhaftierten im Land nur 21 jüdischen Glaubens.

Zum Vergleich: 3945 Häftlinge sind nach eigenen Angaben Muslime, 3531 Katholiken und 2137 Protestanten. Bei diesen Zahlen bieten sich etablierte Strukturen für die Seelsorge oder den Alltag dieser Glaubensrichtungen an. Bei den wenigen jüdischen Gefangenen muss man sich dagegen um jeden Einzelfall kümmern. So wie bei dem Mann aus der JVA Werl.

Hebräischer TV-Sender im Gefängnis? Fehlanzeige!

Wie aus internen Unterlagen für den Rechtsausschuss des Landtags hervorgeht, sitzt der Deutsche wegen Betrugs eine Strafe von zweieinhalb Jahren plus einer Reststrafe von 112 Tagen ab. Seine Entlassung ist für Ende Juli 2026 geplant.

In einem zwölfseitigen Brief an den Petitionsausschuss hat der Häftling zahlreiche Punkte notiert – teilweise haben sie nichts mit seinem Glauben zu tun (wie die Preispolitik des Knast-Kiosks). Es geht aber auch um Probleme für ihn als jüdischen Insassen.

„Leider muss ich hier in der JVA Werl feststellen, dass Menschen jüdischen Glaubens keinen Anspruch auf ihren Glauben und dessen Umsetzung haben“, beschwert der Häftling sich in seinem Schreiben an den Petitionsausschuss: „So gibt es keine Gottesdienste für uns, keinen Ansprechpartner, keinen TV-Sender in hebräischer Sprache, keine Dinge auf der Einkaufsliste usw.“

Jüdische Feiertage spielen - anders als muslimische - keine Rolle

Anders sei das bei muslimischen Inhaftierten: „Da gibt es Gesprächsgruppen, extra Lebensmittel zu bestellen und sogar ein Gebetsteppich steht auf der Einkaufsliste.“ Auch der Ramadan werde begangen – „jüdische Feiertage spielen keine Rolle“.

Der Häftling schreibt, dass er als Jude „regelmäßig bepöbelt“ werde und die Anstaltsleitung ihm geraten habe, „meine Israel-Tätowierungen zu verdecken.“ Der Anstaltsleiter hat sich gegenüber dem Petitionsausschuss schriftlich zu den Beanstandungen geäußert. Auf die Pöbeleien oder Tätowierungen ging er nicht ein, ansonsten gebe die Petition ihm „zu Maßnahmen keinen Anlass“.

Laut Justizministerium sind im vergangenen Jahr landesweit auch „keine Vorkommnisse gemeldet worden, die einen antisemitischen Hintergrund hatten.“ Der Petitionsausschuss bemüht sich derweil, das schwierige Thema angemessen zu behandeln.

Man vermittelte Kontakt zu einem Rabbiner, der künftig für die Seelsorge der Insassen jüdischen Glaubens zuständig sein könnte. Auch der Sache mit dem hebräischen Sender nahm man sich aufwendig an. Das Ergebnis war aber, dass die gängigen Satelliten-TV-Anbieter in Deutschland so etwas nicht anbieten.

Übrigens: Laut Gesetz muss Gefangenen in NRW im Gegensatz zum Fernsehen die Möglichkeit gegeben werden, Essen nach den „Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft“ zu bekommen. „Daher ist von den Justizvollzugsanstalten bei Bedarf eine Versorgung von jüdischen Gefangenen mit koscherem Essen sicherzustellen“, so das Justizministerium. Das passiert dann zum Beispiel über Caterer, die jeden Tag vorbeikommen.