NitratbelastungEin Drittel der NRW-Fläche darf nicht mehr vollständig gedüngt werden

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Landwirt Arnd Eyting kontrolliert den Anbau von Grünkohl auf einem Feld, auf dem auch Rosenkohl angebaut wird.

Immer mehr Landwirtschaftsflächen müssen der „Roten Liste“ zugeordnet werden

Nitrat im Grundwasser ist ein Problem für die Gesundheit. Seit Jahren steht Deutschland bei dem Thema am Pranger der EU-Kommission. Auf Druck aus Brüssel gibt es jetzt auch in NRW neue Düngeregeln, die die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin deutlich kritisiert.

Die Europäische Kommission hat es vorgegeben, für die nordrhein-westfälischen Landwirte wird es erhebliche Auswirkungen haben: Durch eine Neufassung der Landesdüngeverordnung müssen ab dem 1. Dezember ein Drittel der NRW-Felder zum „Roten Gebiet“ erklärt werden. Statt auf circa 165.000 Hektar gelten dann auf über 500.000 Hektar strengere Vorschriften. Unter anderem müsse die Düngung in diesen Gebieten um 20 Prozent reduziert werden, was zu Einkommenseinbußen bei den Bauern sowie zu Problemen bei der Qualität der Ernte führen könne, teilte das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium mit.

„Die Erweiterung der Roten Gebiete trifft die Bäuerinnen und Bauern hart“, betonte Ministerin Silke Gorißen (CDU). Um den Betrieben zur Seite zu stehen und sie bei der Umsetzung zu unterstützen, sei bei der Landwirtschaftskammer eine zentrale Informationsstelle eingerichtet worden.

1.300 Messstellen in NRW

Bislang wurden die „Roten Flächen“ in Deutschland auf Basis einer in NRW entwickelten Methode festgelegt, bei der regionale Stickstoffüberschüsse im Boden verursachergerecht berücksichtigt werden konnten. Zukünftig ändern sich jetzt nicht die Grenzwerte, sondern die Berechnungsgrundlagen für die betroffenen Gebiete. Nach den Vorgaben der EU-Kommission darf ab sofort lediglich die Nitratbelastung im Grundwasser als Maßstab herangezogen werden, die in NRW an rund 1.300 Messstellen kontrolliert wird. Unbelastete Äcker und Wiesen in diesen Bereichen dürften deshalb nicht mehr herausgenommen werden, wenn sie im Bereich einer „roten“ Messstelle liegen.

Eine vom Ministerium veröffentliche Karte zeigt das deutliche Plus von roten Flächen. Betroffen sind alle fünf Regierungsbezirke, vor allem auch das Rheinland mit Teilen von Rhein-Berg und des Erftkreises. Nach Einschätzung von Experten des Ministeriums sind die Folgen für die Landwirte je nach Betrieb sehr unterschiedlich. Für einige hätte die neue Verordnung keine Folgen, bei anderen wird sie möglicherweise zu einer Abwärtsspirale führen. Für bestimmte Anbaukulturen könnte weniger Düngen zum Aus führen und der Wert von Anbauflächen gemindert werden.

Vorbildliche Betriebe sollen bevorteilt werden

Dies dürfe nicht auf Dauer so bleiben, heißt es im NRW-Ministerium. Bereits im September sei die Bundesregierung von NRW und anderen Bundesländern deshalb aufgefordert worden, ein Konzept zu erarbeiten und der EU vorzulegen, in dem eine „verursachergerechte Befreiung landwirtschaftlicher Betriebe“ wieder möglich ist. „Bei nachgewiesener umweltverträglicher Düngung dürfen nicht die gleichen Anforderungen gelten wie bei Betrieben mit hohem Handlungsbedarf“, fordert Ministerin Gorißen. NRW übrigens dränge „schon lange auf Ausnahmegenehmigungen für die vorbildlichen Betriebe und deren Befreiung von einzelnen düngerechtlichen Maßnahmen“, so die Ministerin: „Wir sind aber darauf angewiesen, dass der Bund die rechtlichen Voraussetzungen dazu schafft.“

Nach Angaben des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) geht die Belastung des Grundwassers mit Nitrat in NRW langsam aber stetig zurück. „Aktuell haben wir bei 13,5 Prozent der Messstellen Überschreitungen. Vor 20 Jahren lag der Wert noch bei 18 Prozent“, sagte Sabine Bergmann bei der Vorstellung der neuen Verordnung. Vereinzelt aber gebe es natürlich noch deutlich zu hohe Überschreitungen des Grenzwertes von 50 Milligramm pro Liter. Die Expertin ist beim Landesamt in Recklinghausen für das Thema Grundwasser zuständig. Die Zahl der Messstellen soll in den nächsten Jahren von 1300 auf über 1700 ausgebaut werden. Zu hohe Nitratwerte bedeuten einen Mehraufwand bei der Trinkwassergewinnung. Bei privaten Brunnen droht ein Nutzungsverbot.

Das in zu hohen Mengen gesundheitsgefährdende Nitrat gelangt über den Dünger in den Boden und so in den Wasserkreislauf. Hintergrund der Änderungen bei der Landesdüngeverordnung ist eine seit Jahren schwelende Auseinandersetzung mit der EU-Kommission, weil an vielen Orten in Deutschland das Grundwasser zu stark belastet ist. Die EU-Kommission droht der Bundesrepublik seit Jahren mit hohen Strafzahlungen.

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