Leberversagen in der SchwangerschaftSo überlebten eine Frau aus Jüchen und ihre Tochter eine Organtransplantation

Lesezeit 3 Minuten
Eine Box, in der Organe vor der Transplantation transportiert und aufbewahrt werden.

NRW-weit warten nach Ministeriumsangaben aktuell rund 1800 Menschen auf ein Spenderorgan.

Ulrike Montini war schwer krank und bekam eine neue Leber - während sie mit ihrer Tochter schwanger war. Die Organspende rettete ihr das Leben.

32 Stunden - so lange bleibt einem Menschen ab dem Punkt des Leberversagens noch zum Leben. Die durchschnittliche Wartezeit auf eine neue Leber beträgt zwei Jahre, teilt die Uniklinik Köln mit. Organe sind knapp. Zu wenige Menschen spenden. 

Spezielle Notfälle (High Urgency), wie auch Ulrike Montini einer war, werden aber besonders behandelt. Die Leber der heute 54-jährige aus Jüchen im Rhein-Kreis Neuss war nach einer akut verlaufenden Virusinfektion zerstört. Ist das Risiko in kürzester Zeit zu sterben gegeben, bekommen Menschen binnen weniger Tage ein Organangebot. Und 32 Stunden sind knapp.

Zeit spielte in Montinis drohendem Drama eine entscheidende Rolle. Zwischen ihrer Diagnose und dem drohenden Kollaps lagen lediglich vier Tage. Heute weiß sie, sie hatte Glück: „Innerhalb von acht Stunden wurde eine Leber für mich gefunden, denn ich hatte die höchste Notfallstufe durch ein zusätzliches Nierenversagen“, erinnert sich Montini an die Ereignisse von 2009.

Alles zum Thema Universitätsklinikum Köln

Ulrike Montini

Ulrike Montini lebt nun seit elf Jahren ganz ohne Einschränkung ihrer Lebensqualität.

Vitalwerte des Kindes wurden schwächer

Es ging nicht nur um ihr Leben, Ulrike Montini war zu diesem Zeitpunkt in der 33. Woche schwanger - mit ihrem vierten Kind. Die erfahrene Mutter spürte, dass etwas nicht stimmt: „Ich hatte ein Schlappheitsgefühl, habe viel geschlafen und dann hatte ich ein leichtes Ziehen im Bauch. Alle meine vorherigen Kinder habe ich mit Kaiserschnitt bekommen und daher kam mir das seltsam vor. Dann bin ich in die Klinik gefahren und eigentlich wollten sie mich schon nach Hause schicken, als dann die Leberwerte reinkamen. Die waren schon hundertfach erhöht.“

Ein richtiges Krankheitsgefühl habe sich zunächst nicht einstellen wollen, selbst als sich nur wenig später ihre Augen und ihre Haut symptomatisch gelb färbten, erinnert sich Montini. Der ganz große Schrecken stellte sich erst ein, als auch die Vitalwerte ihrer Tochter schlechter wurden: „Da hab ich es dann in echt gespürt, dass es fraglich ist, ob überhaupt eine von uns beiden es schafft.“

Notkaiserschnitt, Intensivstation, dann Transplantation

Ihre Tochter kam per Notkaiserschnitt auf die Welt - kurz bevor die Leber der Mutter ganz aufgab. Das Mädchen wurde zunächst auch auf der Intensivstation behandelt. Sie ist heute 13 Jahre alt und hat alles ohne bleibende Schäden überstanden, sagt Montini.

Auch sie selbst kam nach aller Angst gut durch. „Das war wirklich verdammt knapp. Die ersten Tage nach der Transplantation waren schwierig, ich lag noch zwei Wochen im künstlichen Koma und habe das alles gar nicht mitbekommen.“ Ihre neue Leber habe dann aber schnell und gut funktioniert. Auch die Nieren wurden nachbehandelt und nach einigen Monaten wieder voll funktionsfähig, erinnert sich Ulrike Montini.

Montini engagiert sich bei Lebertransplantierte e.V.

Inzwischen lebt Ulrike Montini seit elf Jahren ganz ohne Einschränkung ihrer Lebensqualität. „Klar muss ich beim Essen und bei Alkohol einiges beachten, aber das sind Dinge, auf die sollten eigentlich alle Menschen achten. Transplantierte müssen es da eben ein bisschen genauer nehmen.“

Ihren Job als Agenturleiterin im Pressegroßhandel konnte Montini nach ihrer Transplantation uneingeschränkt weitermachen. Die Erfahrung hat sie aber zum Ehrenamt gebracht. Montini engagiert sich im Netzwerk Organspende e.V. und ist dort für Betroffene und Angehörige Ansprechpartnerin. „Patienten, die auf ein Organ warten, haben mittlerweile viele Möglichkeiten sich zu informieren. Auch über den Bundesverband der Organtransplantierten. Man findet dort immer jemanden, der mit einem spricht. Wir haben eine sehr gute Vernetzung und auch einen sehr respektvollen Umgang miteinander. Wir wissen alle, was wir alles durchgemacht haben.“

NRW-weit warten nach Ministeriumsangaben aktuell etwa 1800 Menschen auf ein Spenderorgan. Da die Zahl der Organspender laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung derzeit sinkt, lebt zum Tag der Organspende am 3. Juni 2023 die Debatte um die Widerspruchsregelung wieder auf.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Spende erst möglich, wenn der Hirntod des Patienten festgestellt wurde. Wurde die Entscheidung für eine Organspende zu Lebzeiten nicht getroffen, müssen Angehörige dies übernehmen.

KStA abonnieren