Was steckt hinter dem Rückzug der Hauptfigur im Justiz-Krimi von NRW? Katharina J., die Präsidentin des OVG werden wollte, verabschiedet sich von der landespolitischen Bühne und wechselt ins Bundesfamilienministerium.
Paukenschlag im Justiz-Krimi„Duz-Freundin“ von NRW-Minister Limbach nimmt neuen Job in Berlin an

Benjamin Limbach (Grüne), Justizminister von Nordrhein-Westfalen, steht in der OVG-Affäre unter Druck. Ist der Weggang seiner ehemaligen Kollegin nun der Befreiungsschlag?
Copyright: David Young/dpa
Die Hauptfigur in der Affäre um die Besetzung des Spitzenpostens beim Oberverwaltungsgericht (OVG) verlässt die Bühne der Landespolitik. Regierungskreise in Düsseldorf bestätigten dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass Katharina J., eine Duz-Freundin von NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne), als Abteilungsleiterin ins Bundesfamilienministerium wechseln wird. J. ist derzeit als Abteilungsleiterin im NRW-Innenministerium tätig.
Im Sommer 2022 hatte sie bei einem privaten Abendessen mit Limbach ihr Interesse bekundet, Präsidentin des OVG zu werden. Da sie später im Bewerbungsverfahren auf die Überholspur geriet und den Job bekommen sollte, erwuchs ein Klüngelverdacht, der derzeit in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags aufgearbeitet wird.
Erleichterung bei den Grünen
In Regierungskreisen wurde der Wechsel unterschiedlich aufgenommen. Bei den Grünen sorgte die Entscheidung für Erleichterung. Da J. nun nicht mehr für den OVG-Posten zur Verfügung stehe, lasse der Druck auf Limbach nach, hieß es. In CDU-Kreisen war zu hören, der Wechsel könne als freiwilliger Rückzug gedeutet werden. Es bestehe aber weiterhin kein Zweifel daran, dass es keine Unregelmäßigkeiten im Bewerbungsverfahren gegeben habe. J. sei die beste Kandidatin im Auswahlverfahren gewesen.
Die Bewerberin J. war dreimal im Untersuchungsausschuss vernommen worden und hatte dabei schwere Vorwürfe gegen die Opposition erhoben. J. sprach davon, zum Opfer von politischen Ränkespielen geworden zu sein. „Ich werde mich nicht daran beteiligen, aus dem Besetzungsverfahren zu einem der höchsten Richterämter in diesem Land eine Posse oder eine Schmutzkampagne zu machen“, hatte J. in ihrem Eingangsstatement erklärt. „So etwas war nie mein Stil, und wird es auch nicht werden, egal wie viel Dreck noch geworfen wird.“
„So etwas war nie mein Stil, und wird es auch nicht werden, egal wie viel Dreck noch geworfen wird“
Nach dem Wechsel nach Berlin wird nun der bislang unterlegene Bundesrichter G. zum Favoriten für die Besetzung des OVG-Postens. Er war ebenfalls vom Untersuchungsausschuss vernommen worden – und hatte Limbach dabei indirekt vorgeworfen, die Unwahrheit gesagt zu haben. G. ist übrigens ebenfalls ein Duz-Freund von Limbach – und auch von Katharina J.. Alle drei waren zur gleichen Zeit Richterkollegen am Verwaltungsgericht in Köln.
Im Bundesfamilienministerium soll die Juristin für Gleichstellung zuständig sein. J. hatte bei ihrer Vernehmung darauf hingewiesen, sie habe seit dem Beginn ihrer Karriere immer nur Bestnoten bekommen. Die „bewusste Herabsetzung“ ihrer beruflichen Leistungen durch die Opposition entbehre „jeglicher Grundlage“.
Werner Pfeil „Es gibt ein massives Problem mit Ämterpatronage in NRW“
Nadja Lüders, Obfrau der SPD im Untersuchungsausschuss, erklärte, die Wende lasse sich als „Schuldeingeständnis“ der Landesregierung interpretieren: „Wenn eine solche Maßnahme auch noch auf den letzten Metern des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vollzogen wird, dann lässt sich das unverkennbar als Versuch deuten, einen Schlussstrich unter diese unrühmliche Justizaffäre ziehen zu wollen“, sagte die Politikerin aus Dortmund. Für Limbach sei die Affäre aber damit „längst noch nicht ausgestanden“.
Werner Pfeil, Sprecher der FDP in dem Untersuchungsgremium, sieht das ähnlich. „Es gibt ein massives Problem mit Ämterpatronage in NRW“, sagte der Liberale. Bei der Besetzung von Spitzenposten dürfe nicht die „Parteizugehörigkeit von Duz-Freundinnen“ entscheiden. Der Wechsel nach Berlin zeige, dass die Landesregierung den Vorgang „stillschweigend beenden“ wolle. „Für das Land mag das eine elegante Lösung sein, weil damit weitere Klagen vermieden werden könnten – aber der politische Scherbenhaufen bleibt bestehen.“
Die SPD will jetzt eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragen. Dort soll Limbach erklären, wie das Besetzungsverfahren jetzt weiter laufen soll. Die Präsidentenposition beim OVG ist seit Jahren unbesetzt.