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„Gratismentalität“NRW-Politiker mit scharfer Kritik – Lindner verteidigt Aussage

Lesezeit 3 Minuten
Lindner dpa 080822

Finanzminister Christian Lindner bemängelt in der Debatte um einen Nachfolger des 9-Euro-Tickets eine „Gratismentalität“

Köln – Nach Äußerungen über eine vermeintliche „Gratismentalität“ und „Umverteilung“ mit Blick auf eine eventuelle Fortführung des 9-Euro-Tickets steht Finanzminister Christian Lindner (FDP) weiter in der Kritik. Nachdem sich bereits am Montag Politiker von SPD, Grünen und der Linken zu Wort gemeldet hatten, kommen nun auch aus NRW kritische Töne in Richtung des FDP-Politikers.

Thomas Kutschaty kritisiert Christian Lindner: „Man nennt das Solidarität“

Die Worte Lindners seien ein „derber Vorwurf“, der sich an alle richte, „die auf ein solches Ticket angewiesen sind“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende im NRW-Landtag, Thomas Kutschaty, gegenüber dem „WDR“. Dass Menschen, die von dem Ticket nicht direkt profitieren dafür mitbezahlen würden, sieht Kutschaty nicht als Problem an. „Man nennt das Solidarität“, erklärte der SPD-Politiker und forderte, dass dieser Aspekt in der Diskussion „etwas mehr in den Vordergrund gerückt werden“ sollte.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) nannte Lindners Vorwurf einer „Gratismentalität“ derweil „absurd“. Der Finanzminister sperre sich mit „unsachlichen Argumenten“, erklärte Krischer ebenfalls gegenüber dem „WDR“. Der Grünen-Politiker plädiert für den Abbau des Dienstwagenprivilegs, um so ein 9-Euro-Ticket-Nachfolgemodell finanzieren zu können. „Diese Debatte finde ich sehr bedauerlich“, sagte Krischer zudem im Gespräch mit dieser Zeitung. „Es erstaunt mich total, dass das 9-Euro-Ticket jetzt von Christian Lindner mit Begriffen wie 'unfair' und 'Gratismentalität' so herabgewürdigt wird.“

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Christian Lindner verteidigt sich: „Konkrete Ideen kenne ich keine“

Der Finanzminister verteidigte seine Aussagen unterdessen am Dienstag mit einer Wortmeldung im Kurznachrichtendienst Twitter. Die Debatte brauche „Fakten“, schrieb Lindner. „Konkrete Ideen für die nötigen ca. 14 Mrd. Euro/Jahr kenne ich keine." Entgelte der Nutzer seien „nötig und eine sinnvolle Lenkung“, führte Lindner aus. „Gratis ist nicht besser! Begrenzte Steuermittel brauchen wir für Investitionen in die Netzinfrastruktur.“ 

Seine Kritiker besänftigten konnte Lindner mit der neuerlichen Wortmeldung jedoch nicht. Auf Twitter wurde dem FDP-Politiker prompt vorgehalten, konkrete Vorschläge zu ignorieren. So hatte zuletzt SPD-Chef Lars Klingbeil für eine Übergewinnsteuer für Unternehmen, die große Kriegsgewinne einfahren, plädiert.

Die Grünen hatten sich wie nun auch NRW-Verkehrsminister Krischer für ein bundesweites 49-Euro-Ticket als Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket ausgesprochen, das mit Beschneidungen beim Dienstwagenprivileg finanziert werden soll.

Unterstützung für Lindner vom Deutschen Landkreistag

Unterstützung bekommt Lindner unterdessen vom Deutschen Landkreistag. „Dies wäre keine nachhaltige Investition“, sagte Präsident Reinhard Sager (CDU) am Dienstag. Die Tarife des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) seien im Vergleich zu den Kosten eines eigenen Autos nicht zu teuer und bedürften auch in der aktuellen Situation keiner zusätzlichen Subventionierung. Stattdessen solle Geld in den Ausbau des ÖPNV-Angebots fließen, damit dieser vor allem außerhalb der Großstädte zu einer „alltagstauglichen Mobilitätsalternative“ werde.

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Am Wochenende hatte sich Finanzminister Lindner (FDP) gegen eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt für eine Nachfolgelösung des 9-Euro-Tickets ausgesprochen. Dafür stünden in der Finanzplanung keinerlei Mittel zur Verfügung. Der Minister sagte, er sei von einer „Gratismentalität à la bedingungsloses Grundeinkommen“ auch im Öffentlichen Nahverkehr nicht überzeugt. Die Mehrheit der Deutschen hatte sich hingegen in Umfragen für einen günstigen Nachfolger des bundesweit gültigen 9-Euro-Monatstickets ausgesprochen. Es wird letztmalig für August angeboten. (mit dpa) 

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