Während Kremlchef Wladimir Putin mit neuen Eroberungen droht, attackiert Ex-Präsident Dmitri Medwedew Europa mit schrillen Tönen.
Verbale EskalationPutin greift jetzt nach „Neurussland“ – Moskau droht Europa mit Krieg

Kremlchef Wladimir Putin hat mit weiteren russischen Eroberungen in der Ukraine gedroht. (Archivbild)
Copyright: IMAGO/ITAR-TASS
Moskau verschärft den Ton gegenüber dem Westen und Europa weiter: Nachdem der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew am Mittwoch (3. Dezember) bereits der Nato mit der Vernichtung gedroht hatte, legte der nunmehrige Vizechef des russischen Sicherheitsrates am Donnerstag noch einmal nach und drohte Europa offen mit Krieg.
„Sollte die verrückte EU tatsächlich eingefrorene russische Vermögenswerte für einen ‚Reparationskredit‘ stehlen, könnten wir dies als casus belli, mit allen entsprechenden Konsequenzen für Brüssel und Co. betrachten“, schrieb Medwedew am Donnerstagmorgen auf der Plattform X.
Dmitri Medwedew droht erst Nato und dann Europa mit Krieg
„Dann müssten diese Gelder möglicherweise zurückgegeben werden, nicht vor Gericht, sondern als echte Reparationen in Form von Naturalien, geleistet von Russlands gefallenen Feinden“, fügte der Ex-Kremlchef hinzu, der seit Kriegsbeginn zu einem der größten Scharfmacher in Moskau avanciert ist.
Zuvor hatte auch Kremlchef Wladimir Putin den russischen Konfrontationskurs noch einmal bekräftigt. Russland werde „den Donbass und Noworossija auf jeden Fall befreien“, kündigte Putin in einem Interview mit India Today an.
Wladimir Putin: Russland wird Donbass und Neurussland erobern
Dieses Ziel werde von Russland entweder durch einen ukrainischen Rückzug oder durch Gewalt erreicht werden, hieß es weiter vom Kremlchef. „Zieht eure Truppen zurück, dann wird es keine Kämpfe mehr geben“, fügte Putin in Richtung der Ukraine hinzu.
Was genau Putin mit dem Begriff Noworossija („Neurussland“) meint, bliebt unterdessen unklar. „Neurussland“ ist ein historischer Begriff für die westlichen Gebiete des Russischen Reiches. Putin hat diesen Begriff wiederbelebt und ihn 2014 verwendet, um die ukrainische Halbinsel Krim zu Russland zu erklären.
Experte: „Russland hat sich für den Krieg entschieden“
„Interessant ist, welche Territorien Putin jetzt als ‚Neurussland‘ bezeichnet – in der imperialen russischen Geschichte war das der Name für die südliche Ukraine (Odessa)“, schrieb der Russland-Experte Matthäus Wehowski dazu auf der Plattform X. Die „Verhandlungen“ in Moskau hätten „wie erwartet zu nichts“ geführt, fügte der Historiker hinzu. „Russland hat sich für den Krieg entschieden.“
Dass Putin nicht nur die im Donbass liegenden Regionen Luhansk und Donezk, sondern auch die Oblaste Cherson und Saporischschja und sogar die Regionen Odessa und Mykolajiw gemeint haben könnte, legen unterdessen auch die Worte anderer russischer Politiker nahe.
Moskau greift nach Odessa: „Eine russische Stadt“
So erklärte etwa der Duma-Abgeordnete Dmitri Pewzow am Mittwoch, Russland werde den Krieg gegen den „Pseudostaat“ Ukraine vermutlich militärisch beenden, damit die Russen in ihre „angeborenen Ländereien“ in Odessa zurückkehren können.
Der ehemalige Ministerpräsident Sergej Stepaschin erklärte derweil, Odessa und die angrenzende Region Mykolajiw sollten „freiwillig“ wieder ein Teil Russlands werden. Kremlchef Putin hatte bereits vor rund zwei Jahren erklärt: „Odessa ist eine russische Stadt. Wir wissen das. Jeder weiß das.“
US-Analysten: Russland will Sieg als unvermeidlich darstellen
„Diese jüngsten russischen Gebietsansprüche und Drohungen gegen die Schwarzmeerregion sind weder neu noch Einzelfälle, sondern folgen wiederholten Äußerungen in der Vergangenheit, auch von Putin selbst“, hieß es dementsprechend in einer Analyse des amerikanischen Instituts für Kriegsstudien.
Dass Russland dieses Narrativ wiederbelebt, ziele wahrscheinlich darauf ab, die laufende „kognitive Kriegsführung des Kremls zu unterstützen“ und Russland als„ fähig darzustellen, den Krieg in die Länge zu ziehen“. Moskau wolle den Eindruck hinterlassen, dass ein „russischer Sieg letztlich unvermeidlich“ sei, hieß es weiter von den US-Analysten.
Marco Rubio: Moskau der „schwierigste Gesprächspartner“
Die bedrohlichen Worte aus Moskau bleiben unterdessen auch der US-Regierung nicht verborgen, deren diplomatischen Vorstoß Russland nach fünf Stunden langen Gesprächen im Kreml zurückgewiesen hatte. Der amerikanische „Friedensplan“ könne zwar eine Diskussionsgrundlage sein, einige Teile davon seien für Moskau jedoch inakzeptabel, hatte Putins Berater Juri Uschakow erklärt.
US-Außenminister Marco Rubio bezeichnete Russland daraufhin in einem Gespräch mit Fox News als den „schwierigsten Gesprächspartner“ bei den Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine. Gleichzeitig wächst in den USA weiter die Kritik am Vorgehen der US-Regierung, deren ursprünglicher „Friedensplan“ für einen Aufschrei im Westen gesorgt hatte. Dort war oftmals von einem „prorussischen“ Entwurf oder einem „Kapitulationsangebot“ an die Ukraine die Rede gewesen.
Kritik an Donald Trump in den USA: „Zum Scheitern verurteilt“
Nach europäischen Protesten und Gesprächen mit einer ukrainischen Delegation wurde der US-Plan schließlich angepasst und dann in dieser Woche Russland vorgelegt – ohne Erfolg.
„Wenn Putin weiterhin ukrainisches Territorium fordert, sollte der Ukraine der Beitritt zur Nato gestattet werden“, forderte nun der republikanische Kongressabgeordnete Don Bacon einen Kurswechsel der US-Regierung angesichts der ergebnislosen Gespräche und Putins Drohungen.
Auch der ehemalige Befehlshaber der US-Armee in Europa, Ben Hodges, äußerte scharfe Kritik am Vorgehen von US-Präsident Donald Trump und seiner Regierung. „Die Vorgehensweise dieser Regierung war von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil sie die Ursprünge des Krieges, die Geschichte und die Geografie nie verstanden oder sich dafür interessiert hat“, schrieb der ehemalige US-General. „Sie verstehen nicht, warum die Ukrainer so erbittert kämpfen, und es ist ihnen auch egal. Also hält Putin sie einfach hin“, fügte er mit Blick auf die US-Regierung hinzu.
Russland-Experte: „Putin geht keine Kompromisse ein“
Die Einschätzung europäischer Russland-Experten fällt derweil ähnlich aus. „Putin geht keine Kompromisse ein, es sei denn, man zwingt ihn dazu. Das sollte eigentlich seit 24.02.2022 bekannt sein“, schrieb etwa der Politik-Analyst Alexander Dubowy zu den Signalen aus Moskau bei X.
„Was mit einem sehr weiten Entgegenkommen der USA gegenüber den russischen Forderungen begann, endet vorerst damit, dass Putin trotzdem alles ablehnt und weiter Krieg führen will“, erklärte unterdessen der Sicherheitsexperte Nico Lange in dem sozialen Netzwerk und fügte hinzu: „Ohne Druck auf Putin wird sich nichts in Richtung Waffenstillstand bewegen.“

