Belgiens Ministerpräsident sorgt mit Äußerungen über Russland und die in der EU eingefrorene Gelder für Aufsehen. Merz ändert seine Pläne.
Scharfe Kritik an Bart De WeverMerz reist nach Wirbel um Russland-Aussagen spontan nach Belgien

Bart De Wever, Ministerpräsident von Belgien, zusammen mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei einer Pressekonferenz. (Archivbild)
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Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verschiebt seine für diesen Freitag geplante Reise nach Norwegen. Merz reise stattdessen zu einem Abendessen nach Belgien, um im privaten Rahmen mit dem belgischen Ministerpräsidenten Bart De Wever und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu sprechen, teilte ein Regierungssprecher in Berlin mit. Zuvor hatte De Wever mit Interview-Aussagen für Wirbel innerhalb der EU gesorgt.
Bei den Gesprächen in Belgien dürfte es um die Pläne von der Leyens gehen, in der EU eingefrorene Gelder der russischen Zentralbank für ein sogenanntes Reparationsdarlehen für die Ukraine zu nutzen. Die Kommissionspräsidentin plant nach Angaben von EU-Beamten, dass Deutschland und mehrere andere Staaten genauso wie Belgien festgesetzte russische Gelder für die Unterstützung der Ukraine bereitstellen sollen.
De Wever: „Wer glaubt ernsthaft, dass Russland verlieren wird?“
Ob die Verschiebung der Reise auch mit der im Bundestag geplanten Abstimmung über die in der Union umstrittenen Koalitionspläne für ein Rentenpaket zusammenhängt, wurde nicht mitgeteilt. Der norwegische König Harald V. und dessen Sohn Kronprinz Haakon wollten den Kanzler ursprünglich am Abend zur Audienz im Osloer Königsschloss empfangen. Zudem stand ein Gespräch mit Ministerpräsident Jonas Gahr Støre auf dem Programm.
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Hintergrund der spontanen Planänderung des Kanzlers dürften die jüngsten Aussagen De Wevers über die in der EU eingefrorenen Gelder sein. „Wer glaubt ernsthaft, dass Russland in der Ukraine verlieren wird?“, hatte der belgische Ministerpräsident in einem Interview mit „La Libre“ gefragt. „Das ist ein Märchen – eine reine Illusion. Und eine Niederlage wäre für Russland nicht einmal wünschenswert, wenn sie Instabilität in einem Land mit Atomwaffen bedeuten würde.“
De Wever: „Das ist das Geld der russischen Zentralbank“
De Wever gab außerdem bekannt, dass Russland bereits direkte Drohungen als Reaktion auf mögliche Vermögensbeschlagnahmungen in Richtung Belgien ausgesprochen habe. „Moskau hat uns mitgeteilt, dass Belgien und ich persönlich die Folgen ‚für die Ewigkeit spüren‘ würden. Das erscheint mir eine ziemlich lange Zeit“, erklärte De Wever.
„Es hat noch nie jemanden gegeben, der die gesperrten Vermögenswerte eines anderen Landes – seine Staatsfonds – gestohlen hat“, hieß es weiter von dem Belgier. „Das ist das Geld der russischen Zentralbank. Selbst während des Zweiten Weltkriegs wurde das Geld Deutschlands nicht beschlagnahmt.“
„Hat das irgendjemand durchdacht? Nein, haben sie nicht“
Der Ministerpräsident warnte zudem davor, dass Russland im Gegenzug Vergeltungsmaßnahmen ergreifen könnte. „Und was wäre, wenn Belarus und China ebenfalls westliche Vermögenswerte beschlagnahmen würden? Hat das irgendjemand durchdacht? Nein, haben sie nicht“, fügte De Wever hinzu.
Von den EU-Ländern habe nur Deutschland einer gemeinsamen Risikoteilung für Belgien zugestimmt, führte der Ministerpräsident aus. „Ohne diese gemeinsame Risikoteilung werde ich alles tun, um das zu blockieren“, hieß es weiter von De Wever.
Scharfe Kritik aus dem Baltikum an Belgien
Auch Belgiens Außenminister Maxime Prevot äußerte sich am Mittwoch ähnlich. „Wir wollen lediglich potenziell katastrophale Folgen für einen Mitgliedstaat vermeiden, der zur Solidarität aufgefordert wird, ohne im Gegenzug die gleiche Solidarität angeboten zu bekommen“, sagte Prevot.
Die Haltung Belgiens, insbesondere die Worte De Wevers über die angebliche Unbesiegbarkeit Russlands, sorgten am Mittwoch unterdessen auch für scharfe Reaktionen anderer europäischer Länder. „Das ist bemerkenswert. Wie kann Europa jemals hoffen zu gewinnen, wenn unsere Führungskräfte so denken?“, schrieb etwa der estnische Außenpolitiker Marka Mihkelson auf der Plattform X.
Der ehemalige litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis wählte derweil noch deutlichere Worte: „Einige der jüngsten Äußerungen aus Europa erinnern mich daran, dass es immer noch russische Vermögenswerte gibt, die noch nicht einmal eingefroren wurden“, schrieb Landsbergis bei X. (mit dpa)

