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Vorwurf des RassismusMerz benennt „Problem im Stadtbild“ – und meint offenbar Migranten

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Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) muss sich den Vorwurf des Rassismus gefallen lassen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) muss sich den Vorwurf des Rassismus gefallen lassen.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich in Potsdam zur Migrationspolitik geäußert. Dabei sagte er einen Satz, der viele Diskussionen hervorruft.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) steckt für eine Aussage über Migranten derzeit viel Kritik ein. Bei seinem Antrittsbesuch in Brandenburg – es ist sein erster in einem ostdeutschen Bundesland – trat der Kanzler zusammen mit Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf. Die beiden zeigten sich bei vielen Themen im Einvernehmen und Merz sprach auch darüber, wie das Vordringen der AfD gestoppt werden könnte.

Merz verwies darauf, dass die Brandmauer in Richtung der Rechtsextremisten stehe. Gleichzeitig erklärte er, dass seine Partei ein härteres Vorgehen in der Migrationspolitik umsetze – was AfD-Wähler laut Unionsstrategie zurückholen soll. Die Zahl der Asylanträge sei rückläufig, überhaupt sei man „sehr weit“, so Merz. Dann ergänzte er: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen.“

Grünen-Politiker spricht von „rassistischer Entgleisung“ durch Merz

Dafür, dass er den Anblick von Migrantinnen und Migranten, also von nicht-weißen Menschen, offenbar im Stadtbild als unangenehm auffallend bezeichnet, wird Merz insbesondere in den sozialen Medien kritisiert. Am Mittwoch verbreitete sich der Ausschnitt aus der Potsdamer Pressekonferenz. Auch der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk teilte den Clip mit dem Kommentar, der Bundeskanzler bediene „rassistische Bilder“ Auch die zustimmende Reaktion des SPD-Politiker Woidke nahm Kowalczuk ins Visier. 

Der Grünen-Politiker Helge Limburg schreibt: „Wie soll man das anders verstehen, als dass Friedrich Merz sich über zu viele nicht-weiße Menschen in den Innenstädten beschwert?“ Dies sei eines Bundeskanzlers unwürdig. Erik Marquardt, ebenfalls von den Grünen, spricht von einer „rassistischen Entgleisung“, die Merz offenbar herausgerutscht sei. Der Kanzler solle sich entschuldigen.

Unterdessen sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius laut „Tagesspiegel“, es habe sich um eine „parteipolitische Stellungnahme“ bei der Merz-Äußerung gehandelt. Warum die Aussage allerdings weniger rassistisch sein soll, wenn sie nicht in Merz' Funktion als Bundeskanzler fiel, bleibt dabei unklar. Kornelius sagte demnach weiter, er glaube nicht, dass man Merz Rassismus vorwerfen könne. Dieser habe immer klargemacht, „dass es sich bei der Migrationspolitik in seinen Augen nicht um Ausgrenzung handeln darf, sondern um eine einheitlich geregelte Zuwanderung“, so der Sprecher.

Friedrich Merz und die „kleinen Paschas“

Nicht zum ersten Mal in seiner politischen Karriere muss sich Merz Rassismus vorwerfen lassen. „Berühmtheit“ erlangte ein Auftritt in der Talkshow von Markus Lanz im Januar 2023. Dort ging es um Kinder aus migrantischen Familien, die in deutschen Schulen seiner Meinung nach jeglichen Respekt insbesondere gegenüber weiblichen Lehrkräften vermissen ließen. Der CDU-Chef sprach von „kleinen Paschas“ – und meinte damit Grundschulkinder aus muslimischen Familien.

 Wenn man nicht in der Lage sei, den Lehrerinnen und Lehrern zu helfen, dass sie sich gegen diese Phänomene zur Wehr setzten, „dann sind es in der Schule die 8-Jährigen und dann draußen auf der Straße in wenigen Jahren die 15-Jährigen. Da liegt doch das Problem“, sagte Merz. Die Debatte drehte sich um die kurz zuvor stattgefundenen Silvesterkrawalle und die Gewalt auf deutschen Straßen, die angeblich vor allem von männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund ausgehe. 

Der Aufschrei nach dieser Äußerung war groß. Es verbiete sich, Kinder unter Generalverdacht zu stellen, so der Tenor. Generell werde eine ganze Bevölkerungsgruppe so diskriminiert. Später verteidige Merz seine Aussage und verwies erneut auf die Probleme an Schulen. Er weigerte sich explizit, sich für die „kleinen Paschas“ zu entschuldigen.

Merz will Staatsbürgerschaft aberkennen

Unter der Führung von Merz rückte die CDU in der Migrationsfrage weiter nach rechts, direkt nach seiner Wahl zum Bundeskanzler verschärfte die Bundesregierung unter Führung der Union die Asylpolitik. Es gibt verschärfte Grenzkontrollen, die Abschiebepolitik wurde rigider. Auch beim Thema Staatsbürgerschaft wurden Beschlüsse rückgängig gemacht. So soll es keine beschleunigte Einbürgerung nach drei Jahren mehr geben, wie der Bundestag jüngst festlegte.

Bei der generellen Hinnahme doppelter Staatsbürgerschaften soll sich dagegen nichts ändern. Eingebürgerte müssen nicht auf andere Staatsbürgerschaften verzichten, wenn sie einen deutschen Pass wollen. Bei diesem Thema hatte der CDU-Chef noch im Januar für Aufregung gesorgt, als er davon sprach, Eingebürgerten die deutsche Staatsbürgerschaft wieder aberkennen zu wollen, sollten diese straffällig werden. 

Die damalige SPD-Chefin Saskia Esken sagte, damit würden Eingebürgerte zu „Bürgern zweiter Klasse“ werden. Linken-Chef Jan van Aken warf Merz Rassismus vor und kritisierte: „Wenn du Thomas oder Andrea heißt, dann bist du Deutscher auf immer und ewig. Aber wenn du Elef oder Sergej heißt, dann bist du nur Deutscher auf Abruf.“