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Gaddafi-GelderSarkozy zu jahrelanger Haft verurteilt – Ex-Präsident reagiert empört

4 min
Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy.

Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy kommt am Gerichtsgebäude an, um das Urteil gegen Sarkozy wegen angeblicher illegaler Finanzierung seiner Präsidentschaftskampagne 2007 entgegenzunehmen. 

In Frankreich muss mit Nicolas Sarkozy erstmals ein Ex-Präsident ins Gefängnis. Der 70-Jährige will „erhobenen Hauptes“ die Haft antreten.

In Frankreich muss erstmals ein früherer Präsident ins Gefängnis: Im Prozess um illegale Wahlkampffinanzierung aus Libyen hat ein Gericht in Paris den einstigen Präsidenten Nicolas Sarkozy wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zu fünf Jahren Haft verurteilt. Die Strafe könne nicht durch ein Berufungsverfahren ausgesetzt werden, entschied das Gericht am Donnerstag. Wann Sarkozy seine Haftstrafe antreten muss, werde der 70-Jährige in einem Monat erfahren.

Sarkozy reagierte empört und beteuerte erneut seine Unschuld. „Diese Justiz ist ein Skandal“, sagte er. Er werde „erhobenen Hauptes“ ins Gefängnis gehen, aber er werde sich „nicht entschuldigen“, sondern „bis zu seinem letzten Atemzug seine Unschuld verteidigen“. Er kündigte an, in Berufung zu gehen.

Anklage warf Sarkozy Korruptionspakt mit Gaddafi vor

In der Libyen-Affäre geht es um den Vorwurf, dass für Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf 2007 illegal Geld von der Führung des damaligen libyschen Machthabers Muammar Gaddafi geflossen sein soll. Ein Zeuge hatte 2016 ausgesagt, er habe Ende 2006 oder Anfang 2007 mehrere in Libyen vorbereitete Koffer mit insgesamt fünf Millionen Euro ins Pariser Innenministerium gebracht, das damals von Sarkozy geführt wurde. Laut Anklage schloss der spätere Präsident einen Korruptionspakt mit Gaddafi. Vertraute Sarkozys sollen die angeblichen Geldflüsse über Mittelsmänner eingefädelt haben.

Das Gericht befand, dass es keinen Nachweis für eine illegale Wahlkampffinanzierung aus Libyen gebe. Viele Aussagen dazu seien widersprüchlich und vom Gericht nicht verwertet worden. Auch die angebliche Abgabe von Millionensummen in Koffern sei überhaupt nicht nachweisbar.

Die Anklage hatte sieben Jahre Haft und eine Geldbuße in Höhe von 300.000 Euro für den einstigen Hoffnungsträger von Frankreichs bürgerlicher Rechten gefordert. Sie sah eine ganze Reihe möglicher Gegenleistungen für die libysche Wahlkampfhilfe. Den früher auf internationaler Bühne eher isolierten Gaddafi empfing Sarkozy Ende 2007 mit militärischen Ehren im Élysée-Palast. Auch sollen Bemühungen in Aussicht gestellt worden sein, den Haftbefehl gegen Gaddafis Schwager Abdallah Senoussi aufzuheben. Senoussi war 1999 in Abwesenheit in Paris als Hauptverantwortlicher für einen Terroranschlag auf ein französisches Flugzeug mit 170 Toten schuldig gesprochen worden. Auch wirtschaftliche Geschäfte führte die Anklage an.

Sarkozy beteuert Unschuld

Sarkozy wurde zudem zu einer Geldstrafe von 100.000 Euro verurteilt. Die ihm vorgeworfenen Taten seien „außergewöhnlich gravierend“ und könnten daher „das Vertrauen der Bürger beeinträchtigen“, erklärte die Vorsitzende Richterin Nathalie Gavarino.

In mehreren Verfahren lieferte Sarkozy sich in den vergangenen Jahren einen Streit mit der Justiz. (Archivbild)

In mehreren Verfahren lieferte Sarkozy sich in den vergangenen Jahren einen Streit mit der Justiz. (Archivbild)

Sarkozys enger Vertrauter, Ex-Innenminister Claude Guéant, wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt. Er habe sich auch der Bestechlichkeit schuldig gemacht, urteilte das Gericht. Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit muss der 80-Jährige voraussichtlich nicht ins Gefängnis. Ein weiterer Ex-Minister, Brice Hortefeux, wurde zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er durch das Tragen einer Fußfessel verbüßen kann. 

Schon seit Jahren kämpft Sarkozy mit der Justiz

Für Sarkozy ist das Urteil eine weitere Niederlage in einem seit Jahren andauernden Kampf mit der Justiz, auch wenn er von zentralen Anklagepunkten freigesprochen wurde. Bereits in zwei anderen Fällen war er verurteilt worden. Wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme musste der Altpräsident gut drei Monate lang eine Fußfessel tragen und durfte sein Haus nur tagsüber verlassen. Die einjährige Haftstrafe zu Hause mit der Fußfessel wurde wegen Sarkozys Alter mittlerweile ausgesetzt. Es gelten aber weiterhin Auflagen. Das Urteil - drei Jahre Haft, davon zwei auf Bewährung - war für ein ehemaliges Staatsoberhaupt in der jüngeren französischen Geschichte beispiellos.

Auch wegen überhöhter Wahlkampfkosten für seine letztlich gescheiterte Kampagne zur Wiederwahl 2012 verurteilte ihn ein Berufungsgericht im Februar 2024 zu einer einjährigen Haftstrafe, davon sechs Monate auf Bewährung. Die einstige Führungsfigur der französischen Konservativen ging in Revision, denn auch diese Vorwürfe streitet Sarkozy ab. 

Schon Sarkozys Amtszeit im Élysée-Palast von 2007 bis 2012 war von Affären um reiche Freunde, Vetternwirtschaft und maßlose Regierungsmitglieder geprägt. Die Wahl 2012 verlor er als Amtsinhaber gegen den Sozialisten François Hollande. Fünf Jahre später scheiterte er bereits im parteiinternen Auswahlverfahren. Trotz seines juristischen Hürdenlaufs und ohne Ämter gilt er bei zahlreichen Anhängern der bürgerlichen Rechten noch immer als einflussreiche Stimme. (dpa/afp)