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Spanien, Italien, Schweden und SüdafrikaDie Frauenquote im internationalen Vergleich

Lesezeit 5 Minuten

Wie steht es in Sachen Gleichberechtigung in anderen Ländern?

Madrid – Spanien

Bezahlte Arbeit ist in Spanien traditionell Männersache. Der Anteil der Frauen im arbeitsfähigen Alter, die einen Job hatten oder suchten, lag noch 2001 gerade bei 40 Prozent – und ist erst in den vergangen Jahren langsam gestiegen, auf heute 53 Prozent. Die männliche Erwerbsquote lag mehr oder weniger konstant bei 66 Prozent. Frauen haben es auf dem Arbeitsmarkt immer noch schwerer als Männer.

Die weibliche Arbeitslosenrate liegt mit 24,7 Prozent fast zwei Punkte über der männlichen. Und im Job verdienen Frauen im Schnitt 19,3 Prozent weniger in der Stunde als Männer. Bemerkenswert ist, wie die Wirtschaftskrise, die 2008 über Spanien hereinbrach, die Geschlechterverhältnisse durcheinanderbrachte. Die Krise war anfangs vor allem eine Immobilienkrise. Millionen Menschen auf dem Bau verloren ihren Job – hauptsächlich Männer.

Und so übertraf Anfang 2012 die männliche Arbeitslosenrate erstmals die weibliche. Doch schließlich erwischte die Krise auch die weiblich dominierte Dienstleistungsbranche, und die Arbeitslosenrate der Frauen stieg wieder über die der Männer. Und während die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern lange stabil geblieben waren, sind sie seit 2010 um mehr als drei Punkte in die Höhe geschossen. Spanien ist gerade dabei, langsam wieder aus der Krise herauszufinden. Doch es sieht ganz so aus, als nütze der Aufschwung den Männern mehr als den Frauen. (mda)

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Südafrika

Kaum ein anderes Land der Welt hat eine so moderne Verfassung wie Südafrika – und fast nirgendwo sind die Frauenrechte so fest verankert. In vielen Bereichen finden sich neben den vielen Rassen- auch Frauenquoten, etwa in den rigiden Arbeitsgesetzen des Landes. Allerdings hapert es mit der konkreten Umsetzung schon deshalb, weil die Gesellschaft am Kap stark paternalistisch denkt. Südafrikas Staatschef Jacob Zuma liefert mit seinen vier Frauen und 21 Kindern ein gutes Anschauungsbeispiel.

Kein Wunder, dass auch die Gewalt gegen Frauen trotz der modernen Verfassung sehr hoch ist. Experten erklären die hohe Zahl der Vergewaltigungen in Südafrika mit der männerzentrierten Gesellschaftsstruktur und der unzureichenden Bildung vieler Frauen. Zwar gibt es gerade in Südafrika ungezählte Kommissionen und Menschenrechtsbeauftragte, die sich ausschließlich um den Schutz von Frauen und deren Rechte kümmern. Allerdings beharren viele Männer vor dem Hintergrund der tiefen sozialen Umbrüche umso stärker auf traditionellen Vorstellungen wie etwa der Forderung, Herr im Haus zu sein.

Auch werden Frauen gerade auf dem Land oft in der Erbfolge einfach übersprungen oder dürfen dort überhaupt kein Land erwerben. Arrangierte Ehen sind keine Seltenheit. Zwar geben die Gerichte den Frauen oft recht. Gleichwohl ist es ausgesprochen schwierig, einem Urteil später auch Geltung zu verschaffen. (wd)

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Schweden

Schweden sieht sich als weltweit führendes Land in Sachen Gleichstellung. Teils zu Recht. Schon in der Wikinger-Zeit sollen Frauen im rauen skandinavischen Klima, wo jede Arbeitskraft zählte, mehr Macht gehabt haben als in südlichen Regionen. Schweden ist noch heute tief geprägt vom Emanzipationsgedanken. Selbst bürgerliche Parteien setzten auf Gleichstellungspolitik. Inzwischen wurde ein Wort eingeführt, dass das „Er“ (han) und „Sie“ (hon) durch ein geschlechtsneutrales „Ser“ (hen) ersetzt. Auch geschlechtsneutrale Kindergärten, in denen Mädchen Fußball und Jungs mit Puppen spielen, sind immer häufiger anzutreffen. Zwei der wichtigsten Namen aus der nationalen Literatur sind weiblich, die Autorinnen lebten äußerst emanzipiert – Selma Lagerlöf und Astrid Lindgren.

Die Familienpolitik hat berufliche Nachteile durch Schwangerschaften deutlich abgemildert: Es gibt genug Kindergartenplätze. Väter müssen (mindestens) zwei Monate der Elternzeit nehmen, sonst verfällt sie. Ein dritter Monat soll eingeführt werden.

Bordellbesuche sind in Schweden strafbar; käuflicher Sex wird als Missbrauch und Versklavung von Frauen angesehen und nicht als Kavaliersdelikt. Schweden hat seit 2005 zudem die erste erfolgreiche feministische Partei Europas, die für junge Frauen aus dem linken Lager ebenso attraktiv ist wie für bürgerliche Wählerinnen. (anwa)

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Italien

In der Politik zumindest haben die Italienerinnen aufgeholt. Fast die Hälfte des Kabinetts von Matteo Renzi besteht aus Frauen, ein Drittel der Parlamentsabgeordneten ist weiblich. Doch da hören die positiven Entwicklungen auch schon auf. Im „Global Gender Gap“-Report des Weltwirtschaftsforums, der die Kluft zwischen den Geschlechtern in 142 Ländern untersucht, landete Italien vergangenes Jahr nur auf dem 69. Rang.

In Italien sind weniger Frauen berufstätig als in fast allen anderen europäischen Ländern. Die Beschäftigungsquote liegt bei 46,6 Prozent, einzig Malta hat eine noch niedrigere – dabei haben Mädchen inzwischen die Jungen abgehängt, was den Ausbildungserfolg in Schule und Universitäten betrifft. Aber Italien ermutige Frauen kaum zur Beteiligung am Arbeitsleben, kritisiert IWF-Chefin Christine Lagarde, darunter leide auch seine Wirtschaftskraft. Viele Absolventinnen suchen angesichts einer Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 40 Prozent gar nicht erst nach einem Job und wohnen weiter bei den Eltern.

Diejenigen, die arbeiten, sind meist Teilzeitkräfte oder freiberuflich. Und sie verdienen weit weniger als männliche Kollegen. 11,5 Prozent betrage der Unterschied beim Stundenlohn von Männern und Frauen mit gleicher Qualifikation, hat das Statistikamt Istat errechnet. Nach anderen Studien verdienen männliche Hochschulabsolventen nach einem Jahr im Beruf bereits ein Drittel mehr als ihre Kommilitoninnen. Jede zweite berufstätige Italienerin gibt schließlich nach dem ersten Kind ihren Job auf. Beruf und Familie lassen sich extrem schwer vereinbaren, daran hat auch die Regierung Renzi nichts geändert. Elterngeld oder Elternzeit für Väter gibt es nicht. Nur 18 Prozent der Kinder bekommen einen Platz in einem öffentlichen Kindergarten. So ist es nicht verwunderlich, dass die Geburtenrate mit 1,33 Kindern je Frau eine der niedrigsten weltweit ist. (rek)