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Vor Gesprächen mit den USAPutin sendet bedrohliche Signale – Ex-CIA-Agent warnt vor wahren Plänen

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Kremlchef Wladimir Putin beim Besuch eines Kommandopostens der russischen Armee.

Kremlchef Wladimir Putin beim Besuch eines Kommandopostens der russischen Armee. 

Kurz vor Gesprächen mit den USA posiert Putin in Uniform – und setzt auf kriegerische Signale. Experten haben kaum Hoffnung auf Frieden. 

Während das Aufeinandertreffen mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff kurz bevor steht, setzt Kremlchef Wladimir Putin auf martialische Signale. Der russische Machthaber präsentierte sich am Montagabend in Militäruniform – und verkündete angebliche Erfolge der russischen Armee in der Ostukraine. Sowohl Wowtschansk in der Region Charkiw als auch Pokrowsk in der Region Donezk seien vollständig eingenommen worden, verkündete Putin.

Russische Medien veröffentlichten Bilder von Soldaten, die mit einer russischen Flagge im Zentrum der Bergarbeiterstadt Pokrowsk posierten. Seit rund einem Jahr versucht die russische Armee die Stadt einzunehmen – und nahm dafür erneut extreme Verlustraten in den eigenen Reihen in Kauf.

Ukraine bestätigt angeblichen Fall von Pokrowsk nicht

Aus der Ukraine gibt es bisher jedoch keine Bestätigung für die russische Behauptung. Es gebe heftige Gefechte in der Stadt, hieß es zuletzt aus ukrainischen Militärkreisen. Auch unabhängige Beobachtergruppen meldeten bisher keine vollständige Eroberung von Pokrowsk durch die russische Armee.

Bereits vor Putins Behauptung hatte Kyjiw jedoch genau vor solchen Manövern Moskaus gewarnt. „In den nächsten Wochen werden die Russen zahlreiche Versuche unternehmen, Druck auf die Front auszuüben und das mit lauten Erklärungen zu begleiten – all das geschieht ausschließlich für das westliche Publikum“, warnte der Leiter des ukrainischen Zentrums für Bekämpfung von Desinformation, Andrij Kowalenko, zu Wochenbeginn vor verschärften russischen Propaganda-Bemühungen im Zuge der derzeit laufenden Gespräche über den „Friedensplan“ von US-Präsident Donald Trump.

Putin-Äußerungen offenbar vom Kreml bewusst terminiert

Dazu passt, dass der Kreml die Veröffentlichung von Putins jüngsten Äußerungen offenbar bewusst auf den Montagabend terminiert hat. Ein Zeitstempel in einem Video von Putin zeigt, dass die Erklärung und der Besuch des Kremlchefs in einem Kommandozentrum an einem nicht näher genannten Ort bereits am Sonntag stattfanden.

„Die Veröffentlichung am späten Montagabend schien zeitlich auf die Vorbereitungen für Putins Gespräche mit US-Unterhändlern in Moskau abgestimmt zu sein“, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.

Zweifel auch bei russischen Kriegsbloggern

Auch bei russischen Kriegsbloggern herrschen Zweifel angesichts der Erfolgsmeldungen aus Moskau. Das russische Verteidigungsministerium stelle voreilige Behauptungen über die Einnahme von Siedlungen auf, ohne dafür Beweise vorzulegen, kritisierte einer der populären Kriegsblogger bei Telegram und merkte an, dass Moskau allein im Jahr 2025 fünfmal falsche Angaben zu angeblichen Eroberungen gemacht habe. 

Putin nährte unterdessen nicht nur durch den seltenen Auftritt in Militäruniform die Zweifel an einer russischen Friedensbereitschaft, sondern machte auch mit seinen Aussagen deutlich, dass Russland seinen Eroberungsfeldzug in der Ostukraine fortsetzen will. „Die russischen Truppen rücken in praktisch alle Richtungen vor“, behauptete Putin und kündigte an, dass Russland den „Druck entlang der gesamten Frontlinie erhöhen“ werde.

Wladimir Putin spricht von „diebischer Junta“ in der Ukraine

Ein weiteres deutliches Signal gab der Kremlchef mit der Ankündigung der Schaffung einer „Sicherheitszone“ auf ukrainischem Gebiet. Davon sind auch Territorien betroffen, die für einen Gebietstausch gegen die von Russland bisher nicht kontrollierten Teile des Donbass ins Spiel gebracht wurden.

Putin, der seit 25 Jahren die Macht in Russland inne und jegliche politische Opposition beseitigt hat, betonte zudem erneut, dass er die ukrainische Regierung nicht als legitimen Gesprächspartner betrachtet.  In Kyjiw habe eine „diebische Junta die Macht ergriffen“, behauptete der Kremlchef. 

Experten zweifeln an Russlands Friedenswillen

Experten rechnen auch wegen derartiger Äußerungen und der eindeutigen Propaganda aus Moskau in den letzten Tagen nicht mit zielführenden Ergebnissen beim Treffen zwischen der US-Delegation und dem Kremlchef am Dienstag. Dass der Kreml bereits angekündigt habe, die Ergebnisse des amerikanisch-russischen Treffens nicht öffentlich diskutieren zu wollen, deute darauf hin, dass Moskau die „wahrscheinliche Ablehnung“ des Friedensvorschlags zu verschleiern versuche, hieß es etwa bei den Analysten des amerikanischen Instituts für Kriegsstudien.

„Der Kreml dürfte vermeiden wollen, Russland als Hindernis für die Beendigung des Krieges in der Ukraine darzustellen, falls Moskau das von den USA vorgelegte und von der Ukraine akzeptierte Friedensabkommen ablehnt“, heiß es weiter im Lagebericht des amerikanischen Thinktanks. Russland hat zuvor bereits mehrere von den USA vorgeschlagene Waffenstillstände abgelehnt, denen die Ukraine zugestimmt hatte. 

Ex-CIA-Chef in Moskau: „Russland wird diesen Krieg fortsetzen“

Auch der ehemalige Chef des Moskauer Büros des amerikanischen Auslandsgeheimdiensts CIA, Dan Hoffman, hat erhebliche Zweifel an einer russischen Friedensabsicht geäußert. „Russland wird diesen Krieg fortsetzen, seine strategischen Ziele – der Sturz der ukrainischen Regierung – haben sich kaum verändert“, sagte Hoffman im Gespräch mit dem US-Sender Fox.

„Putin redet gern, weil er glaubt, die USA davon abhalten zu können, Sanktionen gegen Russland zu verhängen und die Lieferung von Militärausrüstung wie Tomahawk-Raketen an die Ukraine zurückzuhalten“, führte Hoffman aus.

Moskau verweist erneut auf die „Grundursachen“

„Ich sehe Russland aber nicht sonderlich an Verhandlungen interessiert“, führte der frühere CIA-Agent aus, der auch daran erinnerte, dass „Putin jedes Abkommen gebrochen hat, das er je unterzeichnet hat“. Die Ukraine müsse deshalb, selbst wenn der unwahrscheinliche Fall eines Friedensabkommens eintrete, darauf vorbereitet sein, einen „künftigen russischen Angriff“ abzuwehren, betonte Hoffman. 

Am Dienstag nährte schließlich auch Kremlsprecher Dmitri Peskow die Zweifel an einer schnellen Friedenslösung kurz vor Beginn der Gespräche zwischen dem US-Sondergesandten Witkoff und Putin noch einmal.

„Während der Westen hofft, bereitet Russland neue Offensiven vor“

„Unser Präsident hatte seine ursprünglichen Gründe für die Entscheidung, eine militärische Sonderoperation zu starten. Und wir müssen eine Einigung erzielen, um diese ursprünglichen Gründe anzugehen“, bekräftigte Peskow. Mit der Floskel, die „Grundursachen des Konflikts“ müssten beseitigt werden, bekräftigt Moskau immer wieder seine Maximalforderungen, die weiterhin einer ukrainischen Kapitulation gleichkommen. 

Entsprechend ernüchtert fällt am Dienstag auch die Einschätzung im Baltikum aus. „Während der Westen auf Frieden in der Ukraine hofft, bereitet Russland neue Offensivoperationen vor“, schrieb Marko Mihkelson, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des estnischen Parlaments, angesichts Putins Ausführungen auf der Plattform X. „Worte allein werden einen Aggressor nicht aufhalten“, fügte Mihkelson an. „Nur unmissverständliche Stärke kann zu einem gerechten und dauerhaften Frieden führen.“