„Es ist wie in einem Zombiefilm“Putins Armee verliert im „Fleischwolf“ fast 1000 Soldaten – jeden Tag

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Ukrainische Soldaten in der Region rund um Donezk. Ukrainische Truppen schildern Szenen „wie in einem Zombiefilm“ bei der Schlacht um Awdijiwka.

Ukrainische Soldaten am Montag in der Region rund um Donezk. Ukrainische Truppen schildern Szenen „wie in einem Zombiefilm“ bei der Schlacht um Awdijiwka.

Seit Wochen gibt es schwere Gefechte um Awdijiwka. Russland kann Erfolge vermelden, zahlt dafür aber offenbar den extremsten Preis seit Kriegsbeginn. 

In den bereits seit Wochen andauernden Gefechten um die ukrainische Stadt Awdijiwka kann die russische Armee offenbar Gebietsgewinne vermelden. Die russischen Truppen seien in den östlichen Teil eines Industriegebiets am Stadtrand vorgedrungen, erklärten die Analysten des US-Thinktanks „Institute for the Study of War“ in ihrem jüngsten Lagebericht.

Demnach zeige ein Video, das geografisch zugeordnet werden könne, russische Panzerfahrzeuge bei einem Angriff auf ukrainische Stellungen am Stadtrand. In russischen Telegram-Kanälen sei sogar die gänzliche Einnahme des Industriegebiets vermeldet worden, Belege gibt es dafür den Analysten zufolge jedoch nicht, erklärten die US-Analysten. 

Awdijiwka: Putins Armee erleidet heftigste Verluste seit Kriegsbeginn

Die russischen Gebietsgewinne haben unterdessen offenbar einen hohen Preis für die Armee von Wladimir Putin. Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums zu Wochenbeginn haben Moskaus Truppen in den letzten sechs Wochen so viele Verluste erlitten wie noch in keiner Phase seit Kriegsbeginn. Vor allem die mittlerweile drei Angriffsversuche auf Awdijiwka seien für die vielen Todesfälle verantwortlich, führte London aus.

Die Angaben beruhten auf Daten des ukrainischen Generalstabs, erklärte das britische Ministerium, demnach habe die russische Armee im November im Durchschnitt jeden Tag 931 Soldaten verloren. Zwar könne man die Zahlen nicht überprüfen, hieß aus London, sie „sind aber plausibel“, hieß es weiter.

Verluste in Ostukraine: Russland muss Luftverteidigungssysteme aus Kaliningrad abziehen

Durch Verluste von Luftverteidigungssystemen in der Ostukraine habe Russland zudem entsprechende Waffen aus der Exklave Kaliningrad abziehen müssen, hieß es in unterdessen in einer vorherigen Mitteilung des Ministeriums.

Bereits in den letzten Wochen hatte es immer wieder Berichte über enorme russische Verluste rund um die Donezker Vorstadt gegeben. Zwei erfolglose Angriffswellen auf Awdijiwka hat die russische Armee Analysten zufolge bisher gestartet. Derzeit läuft der dritte Vorstoß, der offenbar erfolgreicher verläuft als die bisherigen.

Russische „Fleischwolf“-Taktik in Awdijiwka mit hohem Blutzoll

Die hohe Zahl an Todesopfern ist dem erneuten Einsatz der bereits aus der Schlacht um Bachmut bekannten „Fleischwolf“-Taktik der russischen Armee geschuldet, bei der Infanterie in hoher Zahl eingesetzt wird. Der Verlust vieler Soldaten wird bei der auf numerische Überlegenheit abzielenden Taktik in Kauf genommen.

Auch in den Kreisen russischer Militärblogger sind die heftigen Verluste der eigenen Truppen in Awdijiwka immer wieder Thema. So veröffentlichte der ukrainische Militärgeheimdienst (HUR) zuletzt den Audiomitschnitt eines Telefonats, in dem ein russischer Soldat angeblich die Lage der Truppen rund um die Stadt schildert. Unabhängig überprüft werden können die Angaben des HUR nicht.

Schlacht um Awdijiwka: „Der Angriff ist gescheitert, jeder wurde getötet“

„Es sind viele Menschen da, und die Verwundeten werden buchstäblich jeden Tag mit Lastwagen hierher gebracht“, sagt der mutmaßliche Soldat in dem Mitschnitt. „Es gibt viele Tote“, heißt es weiter. Da das Militärkrankenhaus „überfüllt ist – drei Stockwerke voll“, sei er selbst in ein ziviles Krankenhaus eingeliefert worden, erklärt der Russe weiter. Der Schilderung zufolge gibt es viele Schwerverletzte, „hauptsächlich diejenigen aus Awdijiwka“, so der Soldat. „Der Angriff ist gescheitert, jeder wurde getötet“, fügt der Mann an.

28.04.2023, Ukraine, Awdijiwka: Ein ukrainischer Soldat feuert eine Panzerfaust auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Awdijiwka, einer Stadt in der Region Donezk. Foto: Libkos/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ein ukrainischer Soldat feuert eine Panzerfaust auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Awdijiwka, einer Stadt in der Region Donezk.

Zuvor hatten bereits ukrainische Soldaten gegenüber der Nachrichtenagentur AFP von der dritten Angriffswelle der russischen Truppen berichtet. „Die Felder sind mit Leichen übersät“, sagte ein Sprecher eines ukrainischen Bataillons den französischen Journalisten. „Sie versuchen, unsere Linien mit ständigen Angriffswellen zu erschöpfen“, fügte der Ukrainer an.

Ukrainischer Soldat über Putins Armee: „Es ist wie in einem Zombiefilm“

Ein ukrainischer Drohnenpilot schilderte der Nachrichtenagentur die „Fleischwolf“-Taktik. Russland sei zunächst mit „Panzerkolonnen“ vorgerückt, diese seien aber durch Minen und Panzerabwehr schnell zerstört worden. Seitdem setze Moskau eine Infanterie-Taktik, „die ausschließlich auf Kosten der menschlichen Ressourcen“ gehe, erklärte der ukrainische Soldat.

Die Russen würden dabei in der Nacht vorrücken und im Morgengrauen ihren Angriff beginnen, auf diesen reagiere die ukrainische Armee mit  „Sperrfeuer schwerer Waffen“. Der Ablauf der Attacken sei stets ähnlich. Manche der russischen Soldaten würden sterben, „andere kommen immer wieder“, sagte der Ukraine. „Es ist wie in einem Zombiefilm.“

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