Kinder und Eltern im Schlaf erschossenRussische Soldaten nach „Massaker“ an neunköpfiger Familie festgenommen

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Ein russischer Soldat in der ukrainischen Stadt Wolnowacha. Dort wurden nun zwei russische Militärangehörige festgenommen, sie werden verdächtigt, eine neunköpfige Familie ermordet zu haben. (Archivbild)

Ein russischer Soldat in der ukrainischen Stadt Wolnowacha. Dort wurden nun zwei russische Militärangehörige festgenommen, sie werden verdächtigt, eine neunköpfige Familie ermordet zu haben. (Archivbild)

Nach einem neunfachen Mord ukrainischen Stadt Wolnowacha sprechen US-Analysten von einem mutmaßlichen Kriegsverbrechen.

Russische Behörden haben in der von russischen Truppen besetzten Stadt Wolnowacha in der Ostukraine zwei russische Soldaten festgenommen. Den beiden Männern wird demnach vorgeworfen, am vergangenen Wochenende neun ukrainische Zivilisten bei einer Familienfeier erschossen zu haben. Zwei der Toten seien Kinder, teilte das staatliche Ermittlungskomitee Russlands offiziell mit. Die Toten seien mit Schusswunden in einem Privathaus gefunden worden. Bei den Opfern soll es sich um eine Familie gehandelt haben.

Fotos, die von der Staatsanwaltschaft der ukrainischen Region Donezk veröffentlicht wurden, ließen auf ein brutales Vorgehen der mutmaßlichen Täter schließen. Manche Familienmitglieder befanden sich zum Zeitpunkt ihres Todes offenbar im Bett. Manche Opfer liegen in enger Umarmung nebeneinander. 

Russische Soldaten festgenommen: Neunköpfige ukrainische Familie im Schlaf erschossen

Ukrainischen Angaben zufolge soll der Tat ein Streit mit russischen Besatzungstruppen vorausgegangen sein. Wolnowacha ist seit März 2022 von russischen Streitkräften besetzt. Den ukrainischen Behörden zufolge hatten die russischen Truppen die Familie zuvor aufgefordert, ihr Haus zu räumen. Auf die Weigerung der Eigentümer hätten die Soldaten zunächst mit einer Drohung reagiert. Weniger Tage später sei es dann zum Mord an „allen neun Familienmitgliedern“ gekommen. Den Angaben zufolge wurde die Familie im Schlaf erschossen. 

Diese Informationen griff am Sonntag auch der Ombudsmann des ukrainischen Parlaments für Menschenrechte, Dmytro Lubinez, auf: Die Besatzer hätten das Leben einer ganzen Familie ausgelöscht, die einen Geburtstag feierte und ihr Wohnhaus nicht an die Besatzer abtreten wollte, schrieb er auf Telegram.

Ukraine spricht von Tätern aus Tschetschenien

Seinen Angaben nach stammten die mutmaßlichen Schützen aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien. „Ich betone, dass Russland jeden Tag die Rechte der Ukrainer in den zeitweise besetzten Gebieten verletzt, auch durch Morde“, schrieb Lubinez.

Die ukrainsche Stadt Wolnowacha ist seit März 2022 von russischen Streitkräften besetzt. (Archivbild)

Die ukrainsche Stadt Wolnowacha ist seit März 2022 von russischen Streitkräften besetzt. (Archivbild)

Russische Militärblogger warfen Kiew daraufhin vor, mit der Behauptung, dass es sich um Soldaten aus Tschetschenien gehandelt habe, Russland im Kontext der antijüdischen Ausschreitungen in der wie Tschetschenien muslimisch geprägten Teilrepublik Dagestan innenpolitisch weiter „destabilisieren zu wollen“. Ähnlich äußerte sich am Montagabend auch Kremlchef Wladimir Putin, der Kiew und die USA beschuldigte, für den offenen Judenhass in Russland verantwortlich zu sein.

Russland nimmt zwei „Militärangehörige aus dem Fernen Osten“ fest

Am Montagabend teilten russische Behörden dann schließlich mit, zwei Verdächtige seien festgenommen worden. Es handele sich um „russische Militärangehörige aus dem Fernen Osten, die unter Vertrag dienen“, hieß es vom Untersuchungsausschuss der Russischen Föderation für die sogenannte Volksrepublik Donezk in einer Erklärung. Motiv für die Tat sei ein „Konflikt aus innerstaatlichen Gründen“.

Auch die Angaben mehrerer ukrainischer Quellen und eines populären russischer Militärbloggers, deuteten auf „gut vorbereitete und gut ausgerüstete Militärangehörige“ als mutmaßliche Täter hin, berichtete auch der US-Thinktank „Institute for the Study of War“ in seinem täglichen Lagebericht zum Ukraine-Krieg.

US-Analysten: Mord an ukrainischer Familie wahrscheinlich „Kriegsverbrechen“

Derartige Angriffe durch Militärangehörige auf Zivilisten stellten einen „klaren Verstoß gegen mehrere internationale Rechtsnormen“ dar und seien höchstwahrscheinlich sogar ein „Kriegsverbrechen“ oder ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, erklärten die US-Analysten.

Die neun Todesopfer seien nach dem „Massaker“ schließlich am Dienstag in Wolnowacha beigesetzt worden, berichtete Ria. Den Angaben der russischen staatlichen Nachrichtenagentur zufolge seien alle neun getöteten Personen miteinander verwandt gewesen. Rund 200 Menschen hätten sich für eine Trauerfeier zusammengefunden. (mit dpa)

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