US-Geheimdokumente im InternetPentagon sieht „sehr hohes“ Sicherheitsrisiko – weitere Leaks befürchtet

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Die durchgesickerten Dokumente sollen auch Pläne für eine ukrainische Frühjahrsoffensive gegen Russland beinhaltet haben.

Das Durchsickern von geheimen US-Dokumenten im Internet stellt nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums „ein sehr hohes Risiko für die nationale Sicherheit“ dar. Die Regierung sei besorgt, dass noch weitere Dokumente auftauchen könnten, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Montag (Ortszeit) in Washington.

Nach Angaben der „New York Times“ enthalten die Unterlagen unter anderem Informationen zu Plänen der USA und der Nato zur Unterstützung einer ukrainischen Militäroffensive im Frühjahr gegen Russland.

Pentagon-Sprecher: „Hat das Potenzial, Falschinformationen zu verbreiten“

Der Vorgang habe „das Potenzial, Falschinformationen zu verbreiten“, sagte Pentagon-Sprecher Chris Meagher. „Wir untersuchen immer noch, wie das passiert ist und wie groß das Problem ist.“ Es müsse unter anderem geprüft werden, „wie diese Art von Informationen verteilt werden und an wen“. Meagher machte keine Angaben zur Echtheit der aufgetauchten Unterlagen.

Die geheimen US-Regierungsdokumente waren zuvor nach und nach auf Online-Plattformen wie Twitter, Telegram, Discord und weiteren Plattformen aufgetaucht. Nach Angaben der „New York Times“ wurden sie über pro-russische Kanäle verbreitet. Sie enthielten der Zeitung zufolge unter anderem Details über Waffenlieferungen, Bataillonsstärken und andere sensible Informationen. Ein Dokument fasse zudem die Ausbildungspläne von zwölf ukrainischen Kampfbrigaden zusammen.

Der Sekretär des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrats, Oleksij Danilow, widersprach im Interview mit der ARD Medienberichten, dass die Ukraine militärische Pläne wegen der Leaks geändert habe. Über den Beginn der geplanten Gegenoffensive werde im allerletzten Moment entschieden. „Wenn jemand glaubt, dass wir nur eine Option haben, dann entspricht das nicht der Realität. Sogar drei Optionen wären nicht viel“, sagte Danilow.

Sicherheitsrats-Sprecher John Kirby besorgt nach US-Datenleck im Internet

Kirby gab an, US-Präsident Biden sei Ende vergangener Woche über das Dokumenten-Leak informiert worden. „Wir wissen nicht, wer dafür verantwortlich ist. Und wir wissen nicht, ob sie noch mehr haben, dass sie veröffentlichen wollen“, erklärte er. „Ist das ein Anlass zur Sorge für uns? Ja, das ist es allerdings.“

Nach Einschätzung von US-Medien könnten sich die Unterlagen als äußerst wertvoll für Moskau erweisen. Sie zeigten auch, wie weit US-Geheimdienste bereits in Teile des russischen Militärapparats vorgedrungen seien.

Andere Dokumente weisen auf die Beobachtung US-Verbündeter hin. Aus einem der Papiere geht etwa hervor, dass führende Mitarbeiter des israelischen Geheimdienst Mossad für Proteste im Inland gegen die umstrittene Justizreform der israelischen Regierung plädierten.

US-Datenleck: Wurden Dokumente manipuliert?

US-Vertreter hätten wegen der Dokumente Kontakt zu verbündeten Staaten aufgenommen, sagte Außenamtssprecher Vedant Patel, auch „um ihnen zu versichern, dass wir uns für den Schutz von Geheimdienstinformationen einsetzen und in der Lage sind, unsere Partnerschaften abzusichern“. Das Pentagon gab derweil an, die entsprechenden Kongressausschüsse informiert zu haben.

US-Regierungsmitarbeiter sagten der „Washington Post“, einige der Unterlagen seien offenbar manipuliert worden. Allerdings stünden viele andere Dokumente im Einklang mit den Berichten des US-Auslandsgeheimdienstes CIA zur internationalen Lage, die für Führungsebenen des Weißen Hauses, des Pentagons sowie des Außenministeriums bestimmt seien.

Der Vorfall weckt Erinnerungen an die Enthüllung von rund 700.000 vertraulichen Dokumenten zu Aktivitäten des US-Militärs im Irak und in Afghanistan durch die Online-Plattform Wikileaks im Jahr 2010. Darunter befanden sich auch brisante Informationen zur Tötung von Zivilisten und Misshandlung von Gefangenen.

Die USA fordern wegen der Enthüllungen die Auslieferung des 51-jährigen australischen Wikileaks-Gründers Julian Assange, der in London in einem Hochsicherheitsgefängnis sitzt. (afp)

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