Propaganda-Auftritt des KremlchefsRussland verlegt Atomwaffen – Putin sorgt mit Behauptung für Aufsehen

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Ein Foto der russischen staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti zeigt Wladimir Putin bei seiner Rede beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg.

Ein Foto der russischen staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti zeigt Wladimir Putin bei seiner Rede beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg.

Wladimir Putin gibt die Verlegung von Atomwaffen nach Belarus bekannt, beschimpft Selenskyj und will Patriot-Systeme zerstört haben.

Man habe auch „jüdische Freunde“ vorzuschieben, ist seit jeher ein beliebter rhetorischer Kniff von Antisemiten. Allermeist folgt auf diese Worte ein „Aber …“, so nun auch bei Russlands Präsident Wladimir Putin. Beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg nutzte der Kremlchef seinen Auftritt am Freitag, um den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj zu beschimpfen.

Wladimir Putin beschimpft Wolodymyr Selenskyj bei Auftritt in St. Petersburg

„Ich habe viele jüdische Freunde, seit meiner Kindheit“, erklärte Putin – um sich prompt anzumaßen zu bestimmen, wer Jude sei und wer nicht. „Sie sagen: ‚Selenskyj ist kein Jude. Das ist eine Schande für das jüdische Volk‘“, schob Putin hinterher. Aus dem Publikum erntete der Kremlchef dafür Beifall.

Moskau rechtfertigt seinen Angriffskrieg gegen das Nachbarland immer wieder mit der Propaganda-Behauptung, man müsse die Ukraine von angeblichen „Neonazis“ befreien. Solche Aussagen sorgen international auch deshalb für großes Entsetzen, weil Selenskyj jüdischer Abstammung ist.

Moskau behauptet unermüdlich zu Unrecht, die Führung in Kiew stehe in der Tradition des ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera. Diesem werfen Historiker Kollaboration mit den Nazis und eine Mitverantwortung für die Ermordung von Polen und Juden im Zweiten Weltkrieg vor. Putin ließ beim Wirtschaftsforum nun sogar einen mehrminütigen Propaganda-Film zum Weltkriegsgeschehen zeigen, der sich ausschließlich auf Gräueltaten von Bandera-Anhängern beschränkte.

Wladimir Putin: „Die ersten Atomsprengköpfe sind auf das Gebiet von Belarus geschickt worden“

Der russische Präsident nutzte seinen Auftritt jedoch nicht nur für anti-ukrainische Propaganda, sondern gab auch bekannt, dass Russland die ersten Nuklearwaffen nach Belarus geschickt habe. „Die ersten Atomsprengköpfe sind auf das Gebiet von Belarus geschickt worden“, sagte Putin und konkretisierte damit die von Moskau im März angekündigte Stationierung von Atomwaffen in dem Nachbarland.

Der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko gehört zu Putins wenigen Unterstützern. „Das sind nur die ersten, bis zum Ende des Sommers, bis zum Ende des Jahres werden wir den Prozess vollständig abgeschlossen haben“, kündigte Putin an.

Taktische Nuklearwaffen, um die es bei der Stationierung geht, können im Falle eines Einsatzes verheerende Schäden verursachen. Sie haben jedoch eine geringere Reichweite als sogenannte strategische Langstreckenwaffen. Diktator Lukaschenko hatte Russland erlaubt, sein Land als Ausgangspunkt für die Offensive gegen die Ukraine zu nutzen.

Wladimir Putin leugnet ukrainische Erfolge: „An keinem Abschnitt haben sie ihre Ziele erreicht“

Putin hatte zuvor bereits erklärt, die Atomwaffen sollten diejenigen abschrecken, die glaubten, Russland eine strategische Niederlage zufügen zu können. Die belarussischen Streitkräfte hatten im April mit der Ausbildung an atomwaffenfähigen russischen Raketensystemen begonnen.

Ein Foto der russischen staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti zeigt Wladimir Putin beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Der russische Präsident sprach bei der Veranstaltung vor zahlreichen Unterstützern im Publikum.

Ein Foto der russischen staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti zeigt Wladimir Putin beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Der russische Präsident sprach bei der Veranstaltung vor zahlreichen Unterstützern im Publikum.

In St. Petersburg dementierte Putin zudem Berichte über ukrainische Erfolge an der Front. „An keinem Abschnitt haben sie ihre Ziele erreicht“, behauptete Putin ohne Belege vorzulegen.

Die Ukraine meldet hingegen seit einigen Tagen kleinere Geländegewinne bei ihrer laufenden Gegenoffensive. Auch internationale Beobachter bescheinigen dem angegriffenen Land erste Erfolge. Laut Angaben aus London wurde zu Wochenbeginn ein russischer Armeechef bei einem ukrainischen Angriff getötet.

Russland hat laut Wladimir Putin fünf Patriot-Systeme zerstört, die Ukraine besitzt aber nur zwei

Für Aufsehen in kritischen russischen Medien sorgte unterdessen vor allem die Aussage Putins zu Patriot-Flugabwehrsystemen, die Russlands Armee angeblich zerstört habe. Insgesamt seien fünf Patriots im Gebiet Kiew außer Gefecht gesetzt worden, behauptete Putin. Nur: Die Ukraine hat gerade mal zwei solcher Systeme von westlichen Partnern geliefert bekommen, eines davon aus Deutschland. (mit dpa)

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