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Demokratischer WahlsiegerDiese radikalen Veränderungen plant Mamdani in New York

4 min
Zohran Mamdani (r.) feiert mit seiner Frau Rama Duwaji am 4. November den Sieg in New York.

Zohran Mamdani (r.) feiert mit seiner Frau Rama Duwaji am 4. November den Sieg in New York.

Zohran Mamdani steht vor der Herkulesaufgabe, seine Umverteilungsversprechen einzulösen. Er wählte dafür nicht gerade einen versöhnlichen Ton.

Es dauert gerade einmal fünf Minuten, bis in New York City am Dienstag die Sensation feststeht. Danach benötigt der Mann, der sie ausgelöst hat, aber noch einmal zwei Stunden, um sie unter dem Jubel von Hunderten Anhängern zu erklären.

Mit Zohran Mamdani wird künftig ein erst 34 Jahre alter bekennender Sozialist die Weltmetropole führen. Erstmals in mehr als vier Jahrhunderten Stadtgeschichte bekommt die Metropole von 1. Januar 2026 an einen muslimischen Bürgermeister.

„New York, diese Macht? Sie gehört euch. Diese Stadt gehört euch“, sagt der Polit-Aufsteiger zum Abschluss einer kämpferischen Siegesrede, die er dafür nutzt, noch einmal seine ambitionierte Umverteilungsagenda zu erklären – Mamdani hatte im Wahlkampf klar auf das Thema Lebenshaltungskosten gesetzt.

Mamdani mit zwanzigminütiger Ansprache und Blick auf Trump

„In diesem Moment der politischen Dunkelheit wird New York zum Licht“, versprach Mamdani in seiner rund zwanzigminütigen Ansprache mit Blick auf Präsident Donald Trump. „New York wird eine Stadt der Einwanderer bleiben, eine Stadt gebaut von Immigranten, angetrieben von Immigranten – und von heute Abend an geführt von einem Immigranten.“

Nur fünf Minuten nach Schließung der Wahllokale hatten die Wahl-Profis der Webseite Decision Desk Mamdani als Sieger ausgerufen, US-Fernsehsender und die Nachrichtenagentur AP folgten eine halbe Stunde später. Bis um Mitternacht hatte es vom unterlegenen Andrew Cuomo noch keine offizielle Erklärung gegeben. Zu diesem Zeitpunkt waren rund 90 Prozent der Stimmen ausgezählt. Mamdani kam auf einen Anteil von 50,4 Prozent. Der als parteiloser Kandidat angetretene Cuomo erhielt 41,6 Prozent. Republikaner Curtis Sliwa bekam 7,1 Prozent der Stimmen. Mehr als zwei Millionen New Yorker waren zur Wahl gegangen. Mehr waren es zuletzt im Jahr 1969.

Mit wenig Erfahrung eine Weltstadt führen

Als erster muslimischer Bürgermeister in der mehr als 400 Jahre langen Stadtgeschichte steht Mamdani von Januar an vor riesigen Aufgaben. Der in Uganda geborene Sohn von Filmemacherin Mira Nair und Politikwissenschaftler Mahmood Mandani ist bisher Abgeordneter im Repräsentantenhaus des Bundesstaats New York. Nun muss er mit wenig politischer Erfahrung eine Stadt führen, die in vielen Aspekten eher einem kleinen Land gleicht: New York Citys Etat liegt bei 112 Milliarden Dollar, rund 325.000 städtische Angestellte organisieren das Leben von 8,5 Millionen Menschen. Mit ihrer Hilfe will Mamdani für US-Verhältnisse radikale Ziele umsetzen.

Der Politikaufsteiger hatte im Wahlkampf klare Versprechen zu niedrigeren Lebenshaltungskosten gegeben und so viele Menschen neu zur Stimmabgabe bewegt. Mamdani setzte sich für kostenlose Busse und Kitas sowie eine Mietpreisbremse ein, alles finanziert durch höhere Steuern für besonders Vermögende. In seiner Ansprache am Dienstag versprach er zudem „Tausende neue Lehrer“ und ein „Zusammenspiel von Sicherheit und Gerechtigkeit“ bei Polizei und Sozialarbeit.

Mamdani von jüdischen Organisationen kritisiert

In der Stadt hatten solche Ideen für Unruhe gesorgt. Kritiker sagten, dass es Mamdani kaum gelingen dürfte, für diese Vorschläge Mehrheiten zu finden und dass eine Reichensteuer ohnehin nur durch den deutlich weniger linken Kongress des Bundesstaats beschlossen werden kann. Mamdani muss nach einem zuletzt aggressiven Wahlkampf auch die Wogen glätten. Er hatte einige anti-muslimische Angriffe hinnehmen müssen, stand aber auch in der Kritik, weil er sich in den Augen mancher jüdischer New Yorker nicht klar genug gegen die Terrormiliz Hamas und andere radikale Palästinenser ausgesprochen hat.

Sein Sieg fiel überraschend klar aus – in der Vergangenheit hatten sich die New Yorker trotz ihres Images als liberale Großstädter überraschend oft für konservative Kandidaten entschieden. Auf den Republikaner Rudy Giuliani, der die Stadt zum Zeitpunkt der Terrorattacken am 11. September 2001 führte, folgte Unternehmer Michael Bloomberg. Er gewann 2002 als Republikaner die erste von drei Amtszeiten, später trat er als parteiloser Kandidat an. Der amtierende Bürgermeister Eric Adams wurde zwar von den Demokraten aufgestellt, hatte aber 2021 als ehemaliger Polizist auch im Wahlkampf klar auf das Thema Kriminalität gesetzt.

Demokraten droht Richtungsdebatte durch Mamdanis Sieg

In der demokratischen Partei dürfte durch den klaren Sieg nun eine Richtungsdebatte beginnen. Mamdanis große Wette ist aufgegangen, dass sich mit einem offensiven Umverteilungs-Programm mehr enttäuschte Wähler zurückgewinnen lassen als in der ideologischen Mitte verloren gehen. Das dürfte die Debatten rund um die Kandidaten bei den US-weiten Zwischenwahlen im kommenden Jahr und zum Kampf ums Weiße Haus 2028 beeinflussen.

Auch wenn die Partei spätestens seit dem Präsidentschaftsvorwahlkampf zwischen Bernie Sanders und Hillary Clinton im Jahr 2016 immer wieder darüber streitet, ob ein progressiver oder ein eher zentristischer Kurs zum Sieg führt.

Mamdani hat die Partei bei seiner Siegesrede in Brooklyn in dieser Frage zu mehr Mut aufgerufen. „Wenn uns heute Abend etwas gelehrt hat, dann dass uns Vorsicht zurückgehalten hat“, sagte er. Zu viele Arbeiter würden sich nicht mehr in der Partei wiedererkennen und das müsse ein Ende haben, forderte Mamdani – er selbst wolle ein Beispiel für eine breitere Ansprache sein. „Wir werden nicht mehr länger die Geschichtsbücher aufschlagen müssen, um Beweise dafür zu finden, dass Demokraten davon träumen dürfen, Großes zu leisten“, versprach er.