Einkaufen, Essen, Mobilität11 Tipps, wie Familien günstig und nachhaltig leben

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Vater wäscht mit seiner kleinen Tochter die Hände.

Feste Seife im Badezimmer – auch kleine Veränderungen sind Teil eines nachhaltigen Familienlebens.

Nachhaltig leben – wie schafft man das auch als Familie, wenn Geld und Zeit knapp sind? Wir haben uns Tipps eingeholt.

Nachhaltig zu leben, ist heute wichtiger denn je. Als Familie aber scheinen damit einige Hürden verbunden zu sein. Schließlich haben größere Haushalte meist weder Geld übrig, um besondere Produkte zu kaufen, noch Zeit, um ausgesuchte Läden anzufahren oder Dinge selbst herzustellen. Zudem müssen Eltern auch noch die Kinder vom neuen nachhaltigen Lebensstil überzeugen. Kann es trotzdem klappen, Nachhaltigkeit im Familienalltag unterzubringen?

„Eigentlich ist es überhaupt nicht schwierig, auch als Familie nachhaltig zu leben“, sagt Nachhaltigkeits-Expertin und Bloggerin Anke Schmidt, „und es hat tatsächlich viele Vorteile: Familien können jede Menge Geld sparen und gesünder leben.“ Anders als vermutet, müsse man dafür nicht den ganzen Alltagsablauf komplett auf den Kopf stellen. „Wir sollten uns nicht für die Umwelt kasteien müssen, sondern schauen, was in unserem Leben möglich ist.“ Natürlich seien manche Dinge für einen größeren Haushalt kompliziert zu realisieren, doch es gebe auch vieles, was leicht in den Alltag zu integrieren sei.

Kinder für Nachhaltigkeit begeistern

„Auch wir leben nicht komplett plastik- oder müllfrei, reduzieren aber seit Jahren dort, wo wir können“, erzählt sie, „dabei überlegen wir uns immer wieder, was wir wirklich umsetzen können, ohne dass es Unmut gibt in der Familie.“ Kinder bei solchen Dingen mit ins Boot zu holen, sei oft gar nicht so schwierig. „Wir reden im Alltag darüber, wo das Essen herkommt und erklären, was hinter den Dingen steckt, die wir konsumieren.“ Je nach Alter der Kinder könne man sie wunderbar beim Einkaufen und Produkte testen mit einbinden. „Kinder lassen sich auch über Naturbücher oder Umwelt-Apps für das Thema begeistern.“

Hier kommen Anke Schmidts Tipps für ein nachhaltigeres Familienleben:

Tipp 1: Badezimmer abspecken

„Um in einen nachhaltigen Alltag zu starten, sollte man sinnvollerweise mit dem anfangen, was leicht zu ändern ist. Und da eignet sich das Bad besonders gut“, sagt Anke Schmidt, „hier kann man leicht etwas ausprobieren, zum Beispiel eine feste Seife, festes Shampoo oder Zahnbürsten aus nachhaltigem Material besorgen.“ Diese Produkte sparten nicht nur Verpackung, sondern brauchten auch nicht so viel Platz. „Oft sind Badezimmer ja voller Kram, der kaum benutzt wird – hat man weniger Produkte, fällt auch das Ordnung halten leichter.“

Tipp 2: Schminke checken

„Bei Schminkprodukten wird plastikfrei sehr herausfordernd“, sagt Schmidt, „da würde ich einfach auf gute Naturkosmetik setzen. Die gibt es in Drogeriemärkten und ist nicht viel teurer.“ Wer Teenie-Kinder habe, könne ihnen die App „Toxfox“ herunterladen, wo man Schminke auf Schadstoffe checken könne. „Jugendliche wollen natürlich das, was die anderen haben, aber vielleicht lassen sich trotzdem Alternativen finden.“

Nachhaltigkeitsexpertin Anke Schmidt, Foto: Simon Veith

Nachhaltigkeits-Expertin Anke Schmidt von „Wastelesshero“ startete vor etwa zehn Jahren damit, plastikfrei zu leben. Als Bloggerin gibt sie Tipps für ein nachhaltiges Leben.

Tipp 3: Putzmittel umstellen

Auch der Putzschrank quillt oft über mit verschiedenen Putzflaschen. „Dabei reichen eigentlich drei Reiniger: Badreiniger, Allzweckreiniger und bei Bedarf ein Fettlöser. Einiges kann man selbst machen, für anderes gibt es Pulver oder Tabs, die weniger Verpackung benötigen.“

Tipp 4: Weniger Essen wegwerfen

„Das Wichtigste beim Thema Essen finde ich, dass man aufhört, größere Mengen Lebensmittel wegzuwerfen“, sagt Schmidt, „wenn man das besser hinkriegt, ist schon viel erreicht.“ Das fange mit einer guten Einkaufs- und Kochplanung an, bei der fein überlegt sein sollte, was auch wirklich gegessen werde. „Eine einfache Methode ist es auch, übriges Essen an andere Familien weiterzugeben, nicht, nur wenn man in den Urlaub fährt.“

Tipp 5: Große Mengen kaufen

„Familien brauchen viele Lebensmittel, deshalb macht es Sinn, große Mengen auf einmal zu kaufen“, sagt Anke Schmidt. „Das spart nicht nur Verpackungsmüll, sondern auch Geld.“ Auf einmal zehn Kilo Nudeln oder 25-Kilo Mehlsäcke zu besorgen, das sei deutlich günstiger, als wenn man kleine Mengen kaufe. Selbst in Bio-Supermärkten, die sonst für viele Familien nicht erschwinglich seien, könne man über das Internet große Mengen günstiger bestellen. „Man macht sich sozusagen seinen eigenen Unverpackt-Laden zu Hause auf.“ Es gebe auch Händler, die die Unverpackt-Läden belieferten, bei denen man auch als Privatperson bestellen könne. „Wir kaufen zum Beispiel bei „Crowdfarming“ oder „Gebana“ regelmäßig 18 Kilo Bananen und teilen die dann mit anderen Familien.“

Tipp 6: Direkt vom Feld

„Selbst Gemüse und Obst anbauen, spart Geld und kann Spaß machen“, sagt Anke Schmidt, „wir haben lange Zeit ein eigenes Feld bewirtschaftet, das fand mein Fünfjähriger total spannend. Inzwischen züchten wir nur noch auf dem Balkon. Aber er liebt es – und isst jetzt plötzlich Gemüse.“ Auf manchen Bauernhöfen der Region oder über bestimmte Plattformen wie „Mundraub“ ließen sich Bäume finden, die man selbst abernten könne. „Ansonsten ist es auch erschwinglich, regionale und saisonale Produkte auf dem Wochenmarkt zu kaufen.“

Tipp 7: Vegane Süßigkeiten

„Wenn es um Süßigkeiten geht, ist Nachhaltigkeit eine echte Herausforderung: Fast alles ist in Plastik verpackt“, sagt Schmidt. Und selbstgemachte Müsliriegel als Ersatz kämen bei Kindern nicht immer gut an. „Wir haben uns entschieden, vegane Süßigkeiten zu kaufen und damit unseren Beitrag zu leisten.“ Gerne besorgten sie auch Großpackungen im Schokoladen-Outlet. „Da kaufen wir manchmal vier Kilo Schoki auf einmal.“

Tipp 8: Foodsharing

Viele Lebensmittel, die in Supermärkten nicht verkauft werden, landen am Ende des Tages auf dem Müll. Über Vereine wie „Foodsharing“ werden diese Lebensmittel gerettet und weitergegeben. „Auch wir machen mit und gehen jede Woche zu zwei Bäckereien und retten Backwaren. Im Jahr sparen wir 600 Euro damit.“ Wer keine Zeit habe, unterwegs zu sein, könne gerettetes Essen auch über Verteiler vor Ort oder online bekommen, zum Beispiel bei „Veggie Specials“ oder „Motatos“.

Tipp 9: Gebrauchtes

Kinderfahrräder, Spielzeug und Kleidung könne auch gut gebraucht gekauft werden. „Das spart Geld und ist obendrein nachhaltig.“ Schließlich sei es zumindest jüngeren Kindern egal, woher die Sachen kämen, solange man gut mit ihnen spielen könne. „Ich erkläre meinen Kids immer, dass wir etwas kaufen, weil ein anderes Kind es nicht mehr braucht.“ Neben Flohmärkten gebe es auch online Plattformen wie Vinted oder Ebay-Kleinanzeigen, bei denen man Gebrauchtes kaufen könne. „Secondhand kann in vielen Fällen sogar gesünder sein, weil es wegen des vielfachen Waschens weniger Schadstoffe enthält.“ Auch die gute alte Bibliothek sei hier nicht zu vergessen. „Dort kann man sogar Tonie-Hörspiel-Figuren ausleihen, die neu sehr viel kosten.“

Tipp 10: Kreativer Kindergeburtstag

Ein Kindergeburtstag kann zur echten Müllschlacht werden. Auch hier gehe es um die richtige Mischung. „Ich verzichte zum Beispiel auf die Geschenktütchen am Ende“, sagt Anke Schmidt, „aber wir basteln dafür aus Karton eine eigene Piñata. Da kommen dann die gesammelten Kamelle vom letzten Karneval oder vegane Süßigkeiten rein.“ Was die Deko betreffe, könne man kreativ werden. „Wünscht sich das Kind Paw-Patrol-Deko, einfach das Spielzeug, das man sowieso besitzt, auf den Tisch stellen.“ Aber natürlich kaufe sie auch mal Paw-Patrol-Teller, wenn ihr Kind sich das sehr wünsche. Ansonsten sei unkaputtbares Edelstahl-Geschirr auch bei Geburtstagen praktisch.

Tipp 11: Mobil bleiben

Wer Kinder hat, ist häufig unterwegs und muss viel transportieren. „Wir machen vieles mit Lastenrad, Bus oder Bahn und nutzen nur selten das Auto“, sagt Schmidt, „aber natürlich ist das auf dem Dorf nicht so leicht.“ Hier empfehle sie, wann immer es möglich ist, Fahrgemeinschaften zu bilden. „Absprechen ist immer eine gute Idee. Nachhaltig leben bedeutet, öfter mit Menschen zu interagieren.“ Auch bei der Mobilität plädiere sie aber dafür, nicht dogmatisch ranzugehen. „Wir sind zuletzt auch mal in den Urlaub geflogen. Das muss jeder selbst entscheiden. Alles zu lassen, geht eben nicht.“ Wer Geld übrig habe, könne in so einem Fall an entsprechende Umweltprojekte spenden, um etwas auszugleichen.

Buchtipps

Anke Schmidt: „Schlauer putzen“, Verlag Eugen Ulmer, 128 Seiten, 16 Euro

Anke Schmidt: „111 Wege zu deinem nachhaltigen Leben“, Wastelesshero, 200 Seiten, 9,95 Euro

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