Urlaubs-TippsSo gelingt nachhaltiges Reisen von Köln an die Ostsee oder nach Wien

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Kanu Plöner See

Sommeranblick im Norden Deutschlands: das Plöner Schloss über dem Großen Plöner See

Köln – Wer es noch nicht ausprobiert hat, dem sei gesagt: Busfahren kann eine überraschende Nähe und Gruppendynamik herstellen, auch wenn man nur zu zweit oder alleine reist. Wir sprechen jetzt nicht vom Rumpel im 136er Rudolfplatz Richtung Neumarkt. Reisebus natürlich. Viele Menschen mit Vorfreude in einem relativ kleinen Raum ohne Speisewagen und mal durch die Gänge spazieren wie im Zug kann Klassenfahrtcharakter annehmen, und wenn nicht, mindestens bleibende Erinnerungen schaffen.

Unvergessen bleibt mir die Fahrt von Buenos Aires nach Mar del Plata – damals sieben Stunden – im dortigen Hochsommer mit einer Freundin unter einer Mini-Daunenjacke Wärme suchend, weil die Klimaanlage aus nicht nachvollziehbaren Gründen einstellig kühlte. Erfahrenere Mitreisende hatten Thermoskannen mit Maté dabei und teilten freigiebig. Niemand beklagte sich. Oder 21 Stunden Karlsruhe-San Sebastian mit einem Trupp spanischer Werksarbeiter eines Waschmaschinenherstellers, von denen keiner etwas zu lesen dabei hatte. Damals durfte man noch rauchen im Bus.

An dieser Stelle haben wir vor allem die Nachhaltigkeit im Blick – und natürlich schöne Orte, an denen man naturnah urlauben kann. Im ersten Teil unserer Sommerserie geht es per Flixbus und Regionalbahn in den Norden nach Plön zum Großen Plöner See, und in den Süden ins Burgenland nach Illmitz im Seenwinkel, einer entzückenden Gemeinde im Naturschutzgebiet am Neusiedler See.

Alles zum Thema Flughafen Köln/Bonn

Klar, Reisebus nicht gleich Airbus - fliegen geht deutlich schneller, per Bus sind ferne Ziele mit einem deutlich intensiveren Reisezeiterleben verbunden. Auch die Abfahrtszeiten können fordernd sein, etwa um zwei Uhr nachts. Aber die Preise sind fair und die Destinationen vielfältig: Wir können von der Fernbushaltestelle am Flughafen Köln/Bonn bis Warschau, Florenz oder Guimaraes fahren - auch ziemlich spontan. Die Klima-Bilanz bleibt auf der grünen Seite: „Der CO2-Ausstoß mit dem Fernbus ist pro Kopf ähnlich hoch wie beim Bahnfahren“, kommentiert Greenpeace das Verkehrsmittel. Also auf zum See!

Wie komme ich hin?

Das Unternehmen Flixbus fährt zum Beispiel ab Flughafen Köln/Bonn direkt nach Wien zur Fernbusstation Wien Erdberg in rund 13,5 Stunden, da bietet sich auch noch eine Übernachtung in der fantastischen Stadt an. Oder direkt weiter mit Bus, Straßenbahn oder Taxi zum Hauptbahnhof, von dort fährt die Regionalbahn im Stundentakt in 40 Minuten nach Neusiedl am See, von dort weiter mit dem Bus in einer halben Stunde nach Illmitz.

Um von Köln nach Hamburg per Bus zu reisen benötigt man laut Fahrplan 7,5 Stunden; auch ein Flix-Train absolviert die Strecke. Vom Bus-Terminal zum Hauptbahnhof Hamburg geht man zu Fuß; von dort weiter über Kiel oder Lübeck nach Plön, das dauert weniger als zwei Stunden – und man hat schon einiges von Deutschland gesehen. Die Preise variieren stark, je nach Buchungszeitraum und Uhrzeit beginnen sie nach Hamburg bei 9,90 Euro, nach Wien bei rund 35 Euro pro Strecke. Eine Sitzplatzreservierung kostet 2,99 Euro, ein freier Nebensitz 8,75 Euro.

Auf was muss ich bei Busreisen achten?

Wer noch keine Erfahrung mit der Langstrecke hat, beherzigt die Tipps von Jens Bergmann. Bergmann stammt aus Bünde im Kreis Herford, ist Reisebusfahrer und Autor des Bandes „Busreisen machen glücklich. Die irdische Art, himmlisch zu verreisen“:

An die richtige Verpflegung denken: Nur selten gibt es kleine Snacks oder Getränke in Fernbussen. Für die Reise bietet sich leichte und kompakte Kost an. Obst, Rohkost oder belegte Brote sind auf einer langen Fahrt sinnvoll. An ausreichend Flüssigkeit denken.

Wenig Handgepäck mitnehmen: Sperriges Handgepäck oder große Rucksäcke sind im Fernbus ungünstig. In der Regel steht deutlich weniger Stauraum zur Verfügung als im Flugzeug. Nur das Wichtigste wie Verpflegung und Unterhaltung gehört ins Handgepäck. Alles andere wird im Gepäckfach des Busses verstaut.

Pausen nutzen: Natürlich ist es bequem, bei kurzen Zwischenstopps im Bus sitzen zu bleiben. Auf langen Fahrten setzt das aber nicht nur dem Rücken zu. Deshalb ist es sehr sinnvoll, sich in der Pause zu bewegen, ein paar Schritte zu gehen. Das beugt auch Thrombosen vor.

Nachhaltige Freizeittipps vor Ort - Illmitz im Seewinke

Die beschauliche Gemeinde Illmitz bietet viele familiär geführte Unterkünfte, wie den netten „Rosenhof“ mit gutem Restaurant und großartigem Frühstück. Der Ort liegt direkt am Nationalpark Neusiedler See, der freilich mit einem intensiven Naturerlebnis aufwartet und sich Unesco-Welterbe nennen darf. Auch bei Birdern ist er besonders in der Zugvogelsaison hoch populär. Bei Kindern wegen der weißen Esel.

Die Salzlacken im Nationalpark sind einzigartige Lebensräume und auch einzigartig in Europa; in der Steppenlandschaft leben neben hunderten Vogelarten auch Wasserbüffel, Graurinder und noch einige echte Przewalski-Pferde. Unbedingt eine Führung buchen!

Wer sich z.B. beim Verleih Mürner ein Rad besorgt, kann herrliche Touren rund um den See und die teils idyllischen Weinberge des Westufers unternehmen, die an den östlichsten Zipfeln der Alpen liegen: dem Leithagebirge.

Eine große Attraktion sind die hervorragenden Weingüter der Region. Blaufränkisch ist hier die Top-Sorte, Furmint kommt wieder groß in Mode und Natural Wines sind allgegenwärtig. Ein tolles Portfolio zeigt etwa Bio-Winzer Markus Altenburger im hübschen Jois am Westufer des Sees: 

Es gibt auch qualitative Süßweine, vor Ort in Illmitz etwa bei Gerhard Kracher. Die Botrytis-Wein-Spezialität Ruster Ausbruch aus den Lagen rund um das entzückende Rust misst sich mit Sauternes und Tokaj. Der Zusammenschluss  von Winzern aus Rust hegt und pflegt den Prestige-Wein.

Endlich aufs Wasser

Spätestens in der Ruster Bucht ist dann auch eine Tour durch den Schilfgürtel des Neusiedler Sees fällig, einem spannenden Biotop mit reichem Vogelleben und -tönen. Ein Experte für Seakajaking ist Thomas Aigner, sin Hauptjob sind Kajak-Reisen in aller Welt. Hier am See veranstaltet er Kurse und führt Themen-Touren. 

Viele Informationen zu Unternehmungen, Veranstaltungen und Unterkünften finden sich zudem bei Burgenland Tourismus

Nachhaltige Freizeittipps vor Ort - Plön

Plön in der Holsteinischen Schweiz ist ein Wasser-Paradies. Nicht nur den Großen Plöner See gilt es zu umradeln, zu besegeln, mit dem Kanu oder Kajak zu befahren und darin zu baden. Die ganze Umgebung ist von Seen aller Größen in einer lieblichen Landschaft geprägt. Ein außergewöhnliches Erlebnis ist eine Kajak-Tour auf der Schwentine nach Preetz oder sogar bis nach Kiel durch bezaubernde, teils urwaldige Abschnitte mit Anblicken großer holsteinischer Güter und von vielen Seevögeln, manchmal sogar einem Seeadler beäugt. Wassergefährte vermietet und Abholung organisiert die Segelschule Plön.

Regionaler Genuss ist hier wichtig und einfach. Fisch kaufen bei der Fischerei Lasner in Ascheberg, der einzigen am See, ist ein besonderer Ab-Hof-Kauf.

Auf dem Plöner Wochenmarkt dienstags und freitags gibt es viele Bio-Stände, etwa den der exzellenten Metzgerei Muhs, seit Neuestem ist der Permakultur-Spezialist Jonas Kracht mit einem Garten-Angebot da, das „Passader Backhaus“ unterhält in der Region Verträge mit Korn-Bauern und ist auch auf dem Markt präsent.

Spitzenkoch Robert Stolz hat nach langen Restaurant-Jahren in Plön hier ein puristisches Genuss-Konzept verwirklicht. Er bekocht in seinem wunderschönen Haus am Markt mit Garten und Seeblick in offener Küche Gäste, die an nur zwei großen Tischen Platz nehmen mit einem Sechs-Gänge-Menü (99 Euro) mit Zutaten aus der Region oder ganz spezieller Erzeuger. Stolz ist ein Praktiker der Top-Regionalküche der ersten Stunde und ein wandelndes Produkt-Lexikon. 

Ein Must für Pflanzenliebhaber und Genießer ist ein Besuch in der bezaubernden „Alten Schlossgärtnerei“, einer naturnah bewirtschaften Nutzgarten-Anlage nahe des Plöner Schlosses. Dort hat nach einer Corona-Krise auch wieder das hübsche Café Gröönte eröffnet. Hier finden auch Kulturveranstaltungen statt. Aber allein durch das teils verwilderte Gelände zu streifen, ist ein Erlebnis. Gärtnerei-Besitzerin Dorit Dahmke stellt zudem Rosen-Sirup, Marmeladen und Säfte her, die auch im Café zum Einsatz kommen.

Viele Informationen zu Unternehmungen, Veranstaltungen und Unterkünften in Plön und der Umgebung finden über die Tourismuszentrale Holsteinische Schweiz.

Mitarbeit Marco Führer

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