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GeburtshilfeWegen neuer Regelung für Hebammen Kreißsaalschließungen in NRW befürchtet

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Ein Baby liegt in einer Windel auf einem Tuch, daneben ein Massband. (Symbolbild).

Die Lage bei der Geburtshilfe in NRW könnte sich weiter verschärfen, fürchten Hebammen (Symbolbild).

NRW vor Herausforderung: Neue Vergütungen könnten dazu führen, dass Schwangere längere Wege bis zum nächsten Kreißsaal haben. Was das bedeutet.

Neue Vergütungsregelungen könnten zu weiteren Kreißsaal-Schließungen in Nordrhein-Westfalen führen, warnt der Landesverband der Hebammen. „Die Geburtshilfe in Nordrhein-Westfalen ist ohnehin auf Kante genäht. Mit den ausstehenden deutlichen Verschlechterungen fürchten wir einen Rückzug insbesondere von Beleghebammen“, sagt Michelle Rump, Vorsitzende des Landesverbandes der Hebammen NRW der Deutschen Presse-Agentur.

Dadurch könne sich die Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen deutlich verschlechtern – bis hin zur Schließung ganzer Stationen, die bisher ausschließlich von Beleghebammen betreut werden. „Wege für Schwangere werden dann noch weiter. Das ist einfach nicht hinnehmbar“, so Rump.

Was ändert sich am 1. November?

Hintergrund ist ein neuer Vergütungsvertrag zwischen Krankenkassen und freiberuflichen Hebammen, der zum November in Kraft tritt. Anstatt der erhofften finanziellen Entlastung angesichts von Inflation und steigenden Kosten bringe dieser jedoch spürbare Einbußen, erläutert Rump. Besonders betroffen seien die sogenannten Beleghebammen, die laut Verband mit Einkommensverlusten von bis zu 25 bis 30 Prozent rechnen müssen.

Beleghebammen arbeiten freiberuflich und begleiten Geburten in Kliniken, ohne dort angestellt zu sein. Ihre Leistungen rechnen sie direkt mit den Krankenkassen der Mütter ab.

Der GKV-Spitzenverband verteidigt den neuen Vertrag hingegen als „faire Weiterentwicklung“, der von mehreren Hebammenverbänden mitgetragen werde. Ziel sei es, die 1:1-Betreuung während der Geburt zu stärken – solche Einsätze würden nun doppelt so hoch vergütet wie bisher. Entsprechend falle die Bezahlung bei parallel betreuten Geburten geringer aus.

Beleghebammen spielen wichtige Rolle in NRW

Zwar ist der Anteil von Beleghebammen in Nordrhein-Westfalen deutlich geringer als zum Beispiel in Bayern, wo sie einen Großteil der geburtshilflichen Arbeit leisten, rund 17 Prozent der Geburten finden aber auch in NRW laut Verband im Beleghebammensystem statt. 2024 seien rund 26.000 Geburten von einer Beleghebamme begleitet worden. Dabei sei die Tendenz in den vergangenen Jahren steigend. 

18 Kliniken in NRW betreiben ihre geburtshilfliche Station ausschließlich mit Beleghebammen, schildert Rump. Darunter seien auch große Maximalversorger wie etwa Bonn, Coesfeld, Datteln oder Paderborn. „Wenn sich ihre Arbeit nicht mehr rentiert, werden sich Kolleginnen aus dem Beruf zurückziehen, etwas anderes machen“, befürchtet Rump. Das sorge wiederum für eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und der Versorgung von Frauen: „Die übrigen Hebammen in diesem löchrigen Netz müssen das dann auffangen.“

Seit 2007 sind nach Angaben des NRW-Hebammenverbandes rund 60 Kreißsäle geschlossen worden. Schon jetzt gebe es insbesondere in einigen ländlichen Gebieten erhebliche Engpässe, warnen die Hebammen. (dpa)