Im BlutWissenschaftler entdecken Warnsignal für schwere Covid-19-Verläufe

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Viele Patienten müssen auf Intensivstationen behandelt werden. Forscher haben nun ein Warnsignal für schwere Verläufe identifiziert.

Köln – Zwei unreife Zelltypen im Blut sind ein Hinweis auf schwere Covid-19-Verläufe. Das hat ein internationales Team aus Wissenschaftlern herausgefunden. Denn bisher ist noch wenig darüber bekannt, warum einige Menschen gar keine oder nur wenige Symptome haben, andere Sars-CoV-2-Patienten hingegen schwer erkranken oder sogar auf Intensivstationen um ihr Leben ringen.

Bei solchen schweren Verläufen laufen im Körper häufig fehlgeleitete Entzündungsreaktionen ab. Es kommt zu einer Lungenentzündung, oft sind noch weitere Organe wie Herz oder Niere betroffen. Oftmals ist die Blutgerinnung zu stark und es kommt zu Schäden an den kleinen Blutgefäßen. Dadurch können sich Blutgerinnsel bilden. Blutgerinnsel in der Lunge zählen zu den häufigsten Todesursachen bei Sars-CoV-2-Patienten.

Vorläuferzellen für Gerinnungsprobleme verantwortlich

„Trotz zahlreicher Studien wissen wir immer noch relativ wenig darüber, was den Krankheitsverlauf und die Schwere der Erkrankung beeinflusst. Welche Zelltypen spielen hier wann eine wichtige Rolle? Und können wir auf diese Weise bestimmte molekulare Fingerabdrücke im Blut identifizieren, die schon früh auf einen schweren Verlauf hinweisen? Das waren Fragen, die wir uns am Anfang gestellt haben“, erklärt einer der Autoren, Philip Rosenstiel, Direktor des Instituts für klinische Molekularbiologie der Universität Kiel.

Den Forschenden ist es nun gelungen einen entscheidenden Hinweis im Blut von Covid-19-Patienten zu finden, der frühzeitig vor möglichen schweren Covid-19-Verläufen warnen kann: Vorläuferzellen von Blutplättchen (Megakaryozyten) und roten Blutkörperchen (Erythrozyten) im Blut. Diese Vorläuferzellen reifen normalerweise im Knochenmark heran. Bei Covid-19-Patienten mit schweren Verläufen haben die Wissenschaftler sie allerdings im Blut nachgewiesen. „Wir kennen solche Ausschwemmungen von Vorläuferzellen ins Blut von schwerkranken Patientinnen und Patienten, etwa bei einer bakteriellen Sepsis (Blutvergiftung). Für Covid-19 ist dies bisher so nicht beschrieben worden“, sagt Florian Tran vom Institut für klinische Molekularbiologie der Universität Kiel. Die Forschenden haben Sars-Cov-2-Erkrankte untersucht, die in Universitätskliniken in Kiel, Bonn, Köln und Nijmegen behandelt wurden.

Schwere Covid-19-Verläufe frühzeitig erkennbar

„Die Megakaryozyten spiegeln ein bekanntes Covid-19-Problem wieder: Blutplättchen sind zuständig für die Blutgerinnung. Die aktivierten Megakaryozyten im Blut bringen möglicherweise Blutplättchen hervor, die leichter aggregieren und damit zu den Gerinnungsproblemen führen“, erklärt Rosenstiel. Die roten Blutkörperchen sind im Körper für den Sauerstofftransport zuständig. Treten vermehrt ihre Vorläuferzellen auf, ist das ein Hinweis auf einen Sauerstoffmangel, was als Notfallreaktion bei schweren Lungenerkrankungen bekannt ist.

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Bei 39 Patienten, die in Nijmegen auf der Intensivstation behandelt wurden, entdeckten die Wissenschaftler, dass bei Patienten, die an der Covid-19-Infektion starben, die Signatur der Vorläuferzellen von Blutplättchen und roten Blutkörpern deutlich stärker ausfiel, als bei Patienten, die wieder genesen sind. Neha Mischra, Erstautorin der Studie, erklärt: „Zusammen mit anderen Daten wie klinischen Laborwerten und Messungen von Entzündungsbotenstoffen konnten wir eine Art Fingerabdruck, eine Signatur, der veränderten Funktionsweise dieser Zellen, erstellen und über die Zeit verfolgen.“ Durch die Erkenntnisse könnten schwere Verläufe durch Blutproben womöglich künftig frühzeitig erkannt werden.

An der Forschung waren Wissenschaftler des Exzellensclusters Precision Medicine in Chronic Inflammation (PMI) beteiligt. Die Studie wurde im Fachmagazin „Immunity“ veröffentlicht. (rha)

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