In Sachen LiebeBraucht es mit Kind den Trauschein zum Glücklichsein?

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Heiraten: Ja oder nein? Braucht es ein „offizielles Papier“ zum Glücklichsein?

  • Im wöchentlichen Wechsel beantworten vier Experten in der Kolumne „In Sachen Liebe” Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und alles, was Paaren begegnet.
  • Heute befasst sich Psychologin Damaris Sander mit der Frage, wie Paare sich verhalten sollen, wenn einer als Bestätigung der Liebe einen Trauschein haben will, der andere aber nicht.
  • Dann ist es auf jeden Fall Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Seit 10 Jahren bin ich mit meiner Freundin liiert, wir wohnen zusammen und haben ein gemeinsames Kind. Nun möchte meine Freundin heiraten, obwohl wir uns anfangs immer einig waren, dass wir kein „offizielles Papier“ als Liebesbeweis brauchen. Ich fühle mich davon unter Druck gesetzt. Meine Haltung zum Heiraten hat sich nicht verändert, aber ich habe auch Sorge, dass unsere Beziehung dauerhaft schief hängt, wenn ich „nein“ sage. Wie kann ich ihr den Wunsch abschlagen, ohne zu viel Porzellan zu zerbrechen?

Fast hätte ich gesagt: Entspannen Sie sich erst einmal, denn unter Druck kann man nicht gut nachdenken. Aber weil dieser Ratschlag in der Regel überhaupt nicht funktioniert, schauen wir doch gemeinsam, was es mit dem Druck auf sich hat, den Sie da empfinden. Sie hatten als Paar in der Anfangszeit ein gemeinsames Verständnis Ihrer Beziehung entwickelt, mit dem Sie sich beide identifizieren konnten. „Wir lieben uns. Was uns zusammenhält, sind nicht Konventionen und Gesetze, sondern tiefe Gefühle, viele Gemeinsamkeiten und dieses gewisse Etwas, das sich nicht in Worte fassen lässt.“ So oder ähnlich mag es gelautet haben.

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Damaris Sander ist Psychologin.

Nun kommt Ihre Freundin mit dem Heiratswunsch. Sie signalisiert also, dass Ihr gemeinsames Verständnis für sie nicht mehr stimmig ist. Ihr ungeschriebener Vertrag von damals soll gekündigt, und ein neuer soll aufgesetzt werden. Der ist aber noch nicht verhandelt, und Sie haben nicht das Gefühl, dass Sie ihn überhaupt brauchen. Dass das bei Ihnen Druck auslöst, kann ich nachvollziehen. Schließlich sind Neuverhandlungen eine sensible Sache. Sie können auch schiefgehen – siehe Ihre Befürchtung, Porzellan zu zerschlagen. Aber jetzt sage ich es doch: Entspannen Sie sich! Damit Sie sich mit klarem Kopf auf diese Verhandlung vorbereiten können.

Worum geht es der Partnerin wirklich?

Völlig im Dunkeln liegt nämlich bisher noch, was die Beweggründe Ihrer Partnerin sind: Geht es ihr um eine soziale Absicherung, weil sie wegen des Kindes vielleicht mehr als Sie beruflich zurückgesteckt hat und dadurch Nachteile bei ihren Rentenansprüchen hat? Möchte sie, dass Sie drei als Familie den gleichen Namen tragen? Oder ist sie dahintergekommen, dass Sie eine reiche Erbtante haben? Es wäre schon wichtig, die Motive Ihrer Freundin zu kennen. Den klaren Kopf brauchen Sie außerdem, um sich über Ihre eigene Position Rechenschaft ablegen zu können . Vielleicht befürchten Sie, das „offizielle Papier“ könnte die Gefühle töten; Sie haben möglicherweise die Ehe Ihrer Eltern als stabil, aber wenig liebevoll erlebt. Oder Sie sehen das Risiko, dass Ihre Freundin irgendwann nicht mehr aus Liebe mit Ihnen zusammen ist, sondern aus finanziellen Interessen.

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Manchmal ist es noch schwieriger, in den eigenen Kopf – und das eigene Herz – zu schauen als in das der anderen. Vielleicht hilft es Ihnen, sich mit einem Freund, einer Freundin auszutauschen, um Ihre Ablehnung des Heiratswunsches besser zu verstehen. Und dann sollten Sie mit Ihrer Partnerin sprechen. Vielleicht werden Sie dabei Porzellan zerschlagen, ja. Vielleicht stellen Sie aber auch beide fest, dass von Ihrem Porzellan der Anfangszeit ohnehin einiges kaputt gegangen ist; dass es aber inzwischen auch schönes anderes Geschirr gibt, und dass es Zeit ist für eine neue gemeinsame Anschaffung.

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