Automatisch installiert ab iOS 17.2So funktioniert Apples neue Tagebuch-App „Journal“

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Die neue Journal-App von Apple, zu sehen auf einem Smartphone.

Sieht nur der Nutzer selbst: die neue Tagebuch-App von Apple.

Apples neue App „Journal“ fühlt sich ungewohnt an, könnte aber einen neuen Trend setzen. Unser Technik-Experte erklärt, wie sie funktioniert.

Der Multimilliardär Elon Musk hat Twitter, das nun bekanntlich „X“ heißt, zugrunde gerichtet. Auf Facebook werden immer mehr Werbung und dümmliche Filmchen statt Beiträge von persönlichen Kontakten angezeigt. Alternativen wie BlueSky oder Mastodon sind vorerst allenfalls Nischenprodukte. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die große Zeit der sozialen Medien vorbei ist. Insofern erscheint es kaum zufällig, dass Apple, wo man schon immer einen guten Riecher für Zukunftstrends hatte, mit einer neuen App um die Ecke kommt. Sie soll das wohl privateste Medium wieder aufleben lassen, das es gibt: das Tagebuch.

Steffen Haubner

Steffen Haubner

schreibt als Journalist über Technik- und Medienthemen

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„Journal“ wird auf iPhones ab der iOS-Version 17.2 automatisch installiert. Tatsächlich fühlt sich das zugrundeliegende Prinzip in Zeiten der allgemeinen Vernetzung und fast zwanghaften Selbstdarstellung merkwürdig archaisch an: Alle Einträge, die man in das digitale Tagebuch macht, werden nirgendwo geteilt, sondern bleiben auf dem iPhone und sind auch nur dort gespeichert. Und die App lässt auch noch zusätzlich sperren, sodass man sie beispielsweise nur mittels der iPhone-Gesichtserkennung öffnen kann.

Die Journal-App merkt sich das Nutzer-Verhalten

Als Eintrag kann man nahezu alles verwenden, was auf dem iPhone an Informationen anfällt. Und das ist eine ganze Menge: Fotos, Videos, Orte, die man besucht und Trainings, die man absolviert hat und einiges mehr. „Journal“ ist eine „lernende“ App, das heißt, sie merkt sich, wie man sie verwendet und macht automatisch Vorschläge, zu welchen Ereignissen man einen Eintrag verfassen könnte. In den Einstellungen des iPhone findet sich nun der Eintrag „Journal“, wo man festlegen kann, welche Informationen die App verwenden darf und welche nicht. Unter dem seltsamen Begriff „Journalingvorschläge“ lässt sich im Sinne des Datenschutzes bestimmen, auf welche Ereignisse „Journal“ reagieren und vorschlagen kann, etwas dazuzuschreiben. Unter dem Stichwort „Reflektieren“ gibt die App regelmäßig Anregungen wie „Nimm ein Foto eines für dich wichtigen Andenkens auf und schreibe über dessen Bedeutung für dich.“ Auch hier merkt sich die App, welche Ideen man zurückweist und auf welche man eingeht.

Verschiedene Ansichten der neuen Journal-App von Apple.

„Journal“ liefert Schreibanstöße anhand von Fotos, die man am Tag gemacht oder Musik, die man aktuell gehört hat.

Auch aus anderen Apps heraus lassen sich „Journal“-Einträge erstellen, und zwar über die „Teilen“-Funktion. Dann kann man etwa einen Artikel verlinken oder einen Song, den man auf Spotify gehört hat. Hier gibt es durchaus noch Luft nach oben. Vom Spotify-Song etwa wird nur ein kleiner Ausschnitt abgespielt, was vermutlich urheberrechtliche Gründe hat. Und der Link zu einem Rezept in der New York Times führt nur zurück in die „Cooking“-Sektion, nicht direkt zum passenden Rezept.

Apple scheint mit dieser Tagebuch-App wieder ein Vorreiter zu sein

Ich gebe zu, der Sinn und Zweck der Übung war mir anfangs nicht ganz klar. Nachdem ich die App einige Tage intensiv ausprobiert habe, stelle ich aber fest, dass die täglichen Einträge bereits zu einer lieben Gewohnheit geworden sind. Apple scheint hier einmal mehr eine Vorreiterrolle einzunehmen. Vergleichbares habe ich jedenfalls nicht bei Android gefunden, mit Ausnahme vielleicht des von mir seit vielen Jahren sehr geschätzten „Evernote“. Doch während „Evernote“ den Fokus auf das Sammeln von Informationen und Planen von Aufgaben legt, trägt „Journal“ tatsächlich zur Selbstreflexion bei: „Was habe ich an diesem oder jenen Tag gemacht?“ „Was habe ich gedacht, als ich dieses Foto gerade wieder angeschaut habe?“

Dass man bei alldem für sich bleibt, ist für mich als Angehörigen der Generation Facebook ziemlich ungewohnt. „Warum bekomme ich gar keine Likes für diesen Eintrag? Ach so, sieht ja außer mir niemand!“ Vielleicht ist dieses Beisichselbstsein eine Übung, die wir alle im Moment ganz gut gebrauchen können.

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