Aus fürs NebenkostenprivilegDas ändert sich bald für Mieter, die Fernsehen über Kabel schauen

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Eine Fernbedienung zeigt in Richtung eines Fernsehers.

Noch immer ist das Fernsehen aus dem Haushalt der meisten Deutschen nicht wegzudenken. Zum Juli 2024 gibt es nun eine wichtige gesetzliche Änderung.

Ab Juli müssen Mieter, die Kabel-TV im Haus haben, dafür nicht mehr pauschal bezahlen. Was sollten Sie jetzt wissen?

Nebenkostenprivileg. So nennt sich das Recht von Vermietern, die Kosten eines Gruppenvertrags für Kabel-TV auf die Mieter umzulegen. Doch damit ist ab dem 1. Juli Schluss. Von da an können Mieter TV-Empfangsweg und Anbieter frei wählen. Oder auch ganz auf lineares Fernsehen verzichten. Und wer das Kabel-TV einfach nur loswerden will, muss nichts weiter tun.

Doch für Mieter bleiben einige Fragen bisher offen. Beantworten kann sie der Experte Michael Gundall. Er ist Fachberater für Digitales bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

Ein Porträt vom Michael Gundall

Michael Gundall arbeitet als Fachberater für Digitales bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

Was für Angebote gibt es überhaupt?

Grundsätzlich können bei Verträgen fürs Fernsehen drei Arten von Empfangstechnologien unterschieden werden. Aktuell am weitesten verbreitet dürfte das Kabelfernsehen sein. Je nach genauem Vertrag bietet das bereits eine große Auswahl unterschiedlicher Sender. 

Eine weitere Möglichkeit ist das Satellitenfernsehen. Dazu benötigt man eine Schüssel, die man zum Beispiel auf dem eigenen Balkon installieren kann. Nutzt man zum Aufhängen der Schüssel allerdings die Fassade des Hauses, so ist die Erlaubnis des Vermieters notwendig.

Die dritte Option ist das Streaming. Hierbei werden die Inhalte direkt aus dem Netz abgerufen.

Welche Empfangstechnologie ist die beste für mich?

Für jede der drei Empfangstechnologien gibt es viele verschiedene Anbieter, die wiederum verschiedene Verträge verkaufen. Diese sollte man sich genau anschauen und dann gut entscheiden, welcher den eigenen Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten am ehesten entspricht.

Gundall rät jedoch all denjenigen, die sich schwertun mit der Bedienung des Internets oder keine gute Internetverbindung haben, von den Streamingdiensten ab. Und Satellitenfernsehen sei vor allem für diejenigen geeignet, die besonders viele verschiedene Sender empfangen wollen und über eine Möglichkeit verfügen, eine Schüssel anzubringen. 

Habe ich vielleicht schon einen Vertrag?

„Das kann durchaus sein“, meint Gundall. Manchmal seien Internetverträge, die auch Fernsehen dabei haben, auf Vergleichsportalen günstiger als reine Internetverträge. Manche Mieter hätten daher bereits einen Vertrag, den sie nun einfach nutzen könnten. Hier lohne sich ein Blick in den bisherigen Vertrag.

Kann man bereits jetzt einen neuen Vertrag abschließen?

Tatsächlich werben bereits jetzt viele TV-Anbieter um neue Kunden. Auch Freimonate werden dabei in Aussicht gestellt, um die Angebote attraktiver zu machen. Das ist auch das gute Recht der Anbieter, meint Michael Gundall: „Es kommt Wettbewerb in Gang. Und letztendlich macht da jeder sein Angebot auf einem freien Markt.“

Gegen einen Vertragsabschluss vor dem 1. Juli spreche demnach nichts. Dennoch sollten Kunden natürlich genau hinschauen, was für einen Vertrag sie da eigentlich abschließen.

Wie lange ist man an einen neuen Vertrag gebunden?

Das komme immer auf den einzelnen Vertrag an, sagt der Experte. Gewöhnliche Kabel-TV-Verträge hätten meist eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren. Streaming-Anbieter dagegen böten teilweise auch monatlich kündbare Verträge an. Auch das sollte man in die eigenen Überlegungen mit einbeziehen, wenn man einen neuen Vertrag abschließen möchte.

Welche Kosten kommen auf mich bei einem Einzelvertrag zu?

Wenn man als einzelner Haushalt einen gewöhnlichen Kabelfernsehen-Vertrag abschließt, zahlt man in etwa 10 Euro pro Monat. In einem wirklich großen Haus mit sehr vielen Mietparteien seien es möglicherweise einige Euro weniger. Das werde jedoch immer individuell vereinbart. Streaming-Abos fingen bei 6,50 Euro an.

Allerdings müsse man noch weiter differenzieren: „Wenn ich jetzt mit Einzelnutzervertrag beim Kabel-TV bleibe, erhalte ich für die rund 10 Euro nur die öffentlich-rechtlichen Sender in HD-Qualität und die privaten in SD-Qualität.“ Wer die Privatsender in HD-Qualität empfangen will, brauche meist ein teureres Abo. Für rund 7 Euro seien bei Streaming-Anbietern auch schon die privaten Sender in HD mit dabei.

Was bringen die kostenlosen Angebote der Streaming-Anbieter?

Manche Streaming-Anbieter locken laut Gundall aktuell mit kostenfreien Tarifen. Diese vermeintlichen Glückstreffer hätten jedoch einen ordentlichen Haken: „Die kostenfreien Tarife der Streaming-Anbieter umfassen oft nur öffentlich-rechtliche Sender und vielleicht ein paar relativ unbekannte Privatsender.“

Zudem bekomme man bei jedem Umschalten einen Werbespot ausgespielt. Den meisten TV-Nutzern dürfte das wohl kaum genügen.

Gibt es Fernsehen bei Providern nur zusammen mit einem Internetvertrag?

„Früher war es tatsächlich so, dass es das nur in Kombination gab“, sagt Gundall. Inzwischen seien die Verträge aber flexibler. Dennoch machten die Anbieter noch immer gerne Kombiangebote. Und meistens gebe es dann einen Rabatt für das Paket aus Internet- und Fernsehvertrag.

Kann ich fürs Internet das Kabel behalten, wenn ich TV nicht mehr möchte?

Weil es für Kabeldosen auch Teilsperrungen gebe, sei das in der Regel kein Problem. Ausnahmen könne es bei kleinen Kabelanbietern geben, die das nur in Kombination anbieten: „Das ist aber eine rein unternehmerische Entscheidung. Rein technisch gesehen ist das nicht notwendig.“

Was passiert, wenn ich bis zum 1. Juli keinen neuen Vertrag habe?

Bis zu dem Punkt, wo das Kabel abgeklemmt wird, werde man als Mieter in der Regel mehrmals informiert. Eine anstehende Abklemmung zu verpassen, sei also kaum möglich und so könne man noch rechtzeitig einen neuen Vertrag abschließen. Dass tatsächlich die Kabel abgeklemmt werden, sei daher eher selten.

Kann ich mich noch umentscheiden, nachdem das Kabel abgeklemmt wurde?

Auch das ist normalerweise kein Problem, sagt Gundall. Man könne dann noch immer sagen: „Ich hätte gerne einen Vertrag und bitte klemmt mich wieder an!“ Überhaupt werde Ende Juni, mitten in der Fußball-EM wohl kaum ein Anbieter tatsächlich zum 1. Juli Techniker vorbeischicken. Das werde wohl erst ein paar Wochen später passieren.

Bei neueren Verkabelungen könne auch bequem vom Keller aus das Kabel wieder angeschaltet werden. Nur bei alten Verkabelungen müsse der Techniker einmalig die eigene Wohnung betreten. (mit dpa)

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