Nicht nur für NeubauWärmepumpen eigenen sich laut Studie auch für unsanierte Gebäude

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Laut einer neuen Studie ist das Potenzial von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden möglicherweise größer als gedacht.

Köln – Angesichts der hohen Gaspreise erlebt die Wärmepumpe seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine einen regelrechten Nachfrageboom. Neben Lieferengpässen und Fachkräftemangel erwartet viele interessierte Hauseigentümer allerdings häufig die Auskunft: Das Gebäude ist zu schlecht gedämmt, die Installation der Wärmepumpe sei daher nicht möglich oder nicht empfehlenswert. Eine neue Studie der Denkfabrik und Lobby-Organisation Agora Energiewende legt nun das Gegenteil nahe: Demnach heizen Wärmepumpen auch in Bestandsgebäuden effizient – häufig sogar, ohne dass Sanierungsmaßnahmen nötig seien. „In sehr vielen Fällen arbeiten Wärmepumpen auch mit vorhandenen Heizkörpern erfolgreich und liefern kostengünstiger Wärme als Gaskessel“, schreiben die Autoren der Studie, die am Mittwoch erschienen ist.

Damit die Anlagen möglichst effizient arbeiten können, gilt grundsätzlich: je besser die Dämmung, desto höher die Effizienz. Denn dann muss die Wärmepumpe das Temperaturniveau der aus der Umwelt aufgenommenen Wärme nur um wenige Grad anheben. Daher galten bislang vor allem gut gedämmte Neubauten, sanierte Gebäude oder Häuser mit großflächiger Fußbodenheizung als geeignet für die Technologie.

Zwei Drittel aller verkauften Wärmepumpen in Bestandsgebäuden installiert

Bei einer Umfrage der Deutschen Energie-Agentur (dena) unter Energieeffizienz-Experten hatten noch im Sommer mehr als 70 Prozent der Befragten angegeben, dass bei ihren Beratungen regelmäßig, oft oder sogar sehr oft der Einbau einer Wärmepumpe aufgrund des baulichen Gebäudezustands nicht infrage komme.

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Die Studie mit dem Titel „Durchbruch für die Wärmepumpe“ kommt nun aber zu dem Ergebnis, dass die Anlagen mittlerweile technisch so weit seien, dass die Sanierung älterer Gebäude nicht mehr unbedingt Voraussetzung für die Installation sei. Stattdessen könne sie auch nach Einbau der Anlage noch erfolgen. Wichtig sei jedoch, dass die Wärmepumpe sorgfältig geplant, installiert und eingestellt werde. In vielen Fällen lässt sich der Studie zufolge das Temperaturniveau auch durch einfache Maßnahmen, wie der Einbau neuer Fenster oder den Austausch einzelner „kritischer“ Heizkörper, auf das notwendige Niveau reduzieren. Zudem gebe es mittlerweile Pumpen, die auch höhere Temperaturen bereitstellen können.

Laut dem Statistischen Bundesamt wird inzwischen bei rund der Hälfte aller Neubauten eine Wärmepumpe eingebaut. Bis 2019 machte das demnach stets mehr als die Hälfte des Marktabsatzes aus. Das habe sich mittlerweile geändert, denn 2021 wurden fast zwei Drittel aller verkauften Wärmepumpen in bestehenden Gebäuden installiert.

Der großflächige Umstieg von alten Öl- und Gasheizungen auf strombetriebene Wärmepumpen ist auch nötig, um die Klimaziele im Gebäudesektor erreichen zu können. Diese wurden vergangenes Jahr bereits zum zweiten Mal in Folge gerissen. Die Wärmewende müsse also massiv beschleunigt werden, betonen die Studienautoren und fordern: „Deutschland hat bereits viel Zeit verspielt, nun steht die Bundesregierung vor der Aufgabe, den Zubau an Wärmepumpen bis 2024 zu verdreifachen.“

Wärmepumpen entscheidend für die Energiewende

Denn das erklärte Ziel der Bundesregierung lautet, dass neue Heizungsanlagen ab 2024 mit mindestens 65 Prozent Erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Reine Öl- oder Gasheizungen sind damit ausgeschlossen. Von der sogenannten 65-Prozent-Anforderung sind sowohl Neu- als auch Bestandsbauten betroffen. „Diese neue Anforderung kann dem Wärmepumpen-Rollout den notwendigen Rückenwind verleihen“, heißt es in der Agora-Studie. Es gelte jedoch, sie gesetzlich zu verankern, um für Planungssicherheit zu sorgen.

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Wie stark das Ausbautempo anziehen muss, verdeutlicht diese Zahl: Damit Deutschland seine Klimaziele einhalten kann, müssen bis 2030 rund sechs Millionen Wärmepumpen installiert werden. Bundesweit sind aktuell allerdings insgesamt erst rund eine Million Anlagen in Betrieb. Daher sollen ab dem Stichjahr 2024 jährlich 500.000 Anlagen neu installiert werden. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden rund 154.000 Wärmepumpen neu eingebaut.

Energieversorgung Kölns soll bis 2035 klimaneutral werden

In Köln ist die Wärmewende bereits im Gange, „obwohl die kommunale Wärmeplanung noch nicht verpflichtend vom Land NRW vorgegeben ist“, lobt Tim Petzoldt, Sprecher der Bürgerinitiative Klimawende Köln. Um das 1,5-Grad-Ziel erreichen zu können, müsse die Stadt Köln spätestens 2035 klimaneutral sein, erklärt Petzoldt. Dafür setzt sich seine Initiative mit Bürgerbegehren und im Dialog mit der Stadtverwaltung, dem Stadtrat und dem größten regionalen Energieversorger, der Rhein-Energie, ein und konnte bereits Erfolge verbuchen, denn: In Köln ist es beschlossene Sache, dass die Energieversorgung bis 2035 klimaneutral sein soll.

Podiumsdiskussion zur Kölner Wärmewende

Um auch die Kölner und Kölnerinnen in den Dialog einzubeziehen, wie die Wärmewende in Köln gelingen kann, plant die Bürgerinitiative Klimawende Köln eine Veranstaltungsreihe rund um das Thema.

Den Auftakt macht am Montag, den 24.10.2022, die Diskussion rund um die Frage: „Wie die Wärmeversorgung in Köln klimaneutral werden kann“. Darüber sprechen Alice Bauer, Leiterin der Koordinationsstelle Klimaschutz der Stadt Köln, Dr. Matthias Dienhart von der RheinEnergie, Jan Walter vom Deutschen Institut für Urbanistik und Raphael Gruseck von der Energieagentur Kreis Ludwigsburg.

Wann? Montag, 24.10.2022 – Einlass 18:45 Uhr – Beginn 19:00 Uhr Wo? Bürgerzentrum Deutz, Tempelstr. 41-43, 50679 Köln Eintritt frei, um Anmeldung an info@klimawende.koeln wird gebeten

Dabei kommt vor allem in Ein- und Zweifamilienhäusern der Wärmepumpe eine entscheidende Bedeutung zu. Als Hemmschuh gelten vielen Hauseigentümern derzeit jedoch noch die hohen Investitionskosten für eine Wärmepumpe. Laut der Agora-Studie liegen diese ohne Förderung noch deutlich über denen eines Gaskessels. Die Studienautoren sind aber optimistisch, dass sich dies künftig ändern wird: Durch Faktoren wie neuen Produktionsverfahren und einer Verkürzung der Installationszeiten könnten sich die Kosten demnach um bis zu 40 Prozent zu reduzieren. Bis es so weit ist, spricht sich Tim Petzoldt für attraktive Förderprogramme aus. Das sei allerdings nicht nur in finanzieller Hinsicht wichtig, sondern vor allem auch, was den Fachkräftemangel im Handwerk betrifft.

Wärmewende durch Co2-freie Wärmenetze und Wärmepumpe als Standard

Fachkräfte sind die entscheidenden Akteure der Wärmewende, schließlich müssen sie die Wärmepumpen installieren und die Häuser energetisch sanieren. Gleichzeitig ist der Mangel an Heizungsinstallateuren derzeit der größte Engpass, betont auch die Agora-Studie.

In einer Großstadt wie Köln kommt eine weitere Herausforderung hinzu, erklärt Petzoldt: „In den großen Mietshäusern können nicht überall ausreichend Wärmepumpen installiert werden. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir die kommunale Wärmeplanung haben, wo wir uns Gedanken machen, wie die einzelnen Häuserblocks künftig mit Wärme versorgt werden können. Dabei schauen wir zunächst: Wo wird wie viel Wärme gebraucht? Wo gibt es Abwärme, die wir nutzen können? Und wo können wir zukünftig erneuerbare Energieanlagen aufbauen, wie zum Beispiel Solarthermie, Geothermie oder große Wärmepumpen, die Wärme für unser Fernwärmenetz erzeugen. Denn dafür braucht man natürlich Flächen und eben auch Anschlüsse.“

Die Dekarbonisierung der Wärmenetze und die Wärmepumpe als Standardtechnologie – so lautet auch das Fazit der Agora-Studie. Wasserstoff- und Pelletheizungen dagegen schreiben die Autoren ab, da grüner Wasserstoff und Biomasse knappe Ressourcen und damit ungeeignet seien.  

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