Gebäudeenergiegesetz„Klimaboni“ – Was die Pläne zum Heizungstausch für Verbraucher bedeuten

Lesezeit 6 Minuten
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) nimmt an der Pressekonferenz zum Gebäudeenergiegesetz teil.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) nimmt an der Pressekonferenz zum Gebäudeenergiegesetz teil.

Mit dem Heizungstausch-Gesetz soll Deutschland wegkommen von Gas- und Öl. Doch wie sollen Eigentümer das bezahlen? Die wichtigsten Antworten.

Im Sinne des Klimaschutzes will die Bundesregierung den Abschied von Gas- und Ölheizungen einläuten. Das Bundeskabinett brachte am Mittwoch seine Pläne zum Heizungstausch auf den Weg. Geplant ist auch eine neue Förderung mit „Klimaboni“, um Hauseigentümerinnen und Eigentümer finanziell nicht zu überfordern.

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) sprachen von einem großen Schritt. Sie stellten das Förderprogramm am Mittwoch vor. Kanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf Twitter: „Der Einstieg in die Zukunft des Heizens ist geschafft.“ Der Koalitionspartner FDP allerdings fordert Nachbesserungen. Was bisher geplant ist.

Warum soll der Heizungstausch kommen?

Laut Gesetzentwurf soll der Heizungstausch ein „zentraler Schritt“ auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität in Deutschland im Jahr 2045 sein – dann sollen nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden als auch wieder gebunden werden können. 

Derzeit decke Deutschland 80 Prozent seines Wärmebedarfs aus fossilen und nur 20 Prozent aus erneuerbaren Energien. In Dänemark sei es umgekehrt, so Habeck. Von den rund 41 Millionen Haushalten in Deutschland heize nahezu jeder zweite mit Erdgas, gefolgt von Heizöl mit knapp 25 Prozent und Fernwärme mit gut 14 Prozent. Stromdirektheizungen und Wärmepumpen machten jeweils nicht einmal 3 Prozent aus.

Bauministerin Geywitz sagte, das Gesetz werde nicht dazu führen, dass Menschen gezwungen seien, ihr Haus zu verkaufen, weil sie sich nicht an die Anforderungen halten könnten. Es gebe großzügige Übergangsfristen und Ausnahmen. Beide Minister machten deutlich, trotz aktuell höherer Investitionskosten für klimafreundlichere Heizungen werde sich ein Umstieg auf lange Sicht lohnen.

Welche Regeln wird es geben?

Ab dem Jahr 2024 soll jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Das soll „technologieneutral“ passieren. Habeck setzt vor allem auf den Einbau von Wärmepumpen. Im Gesetzentwurf genannt werden aber auch ein Anschluss an ein Wärmenetz oder eine Stromdirektheizung und unter Voraussetzungen etwa eine Heizung auf der Basis von Solarthermie, eine Biomasseheizung, eine Wasserstoffheizung oder eine Gasheizung, die nachweislich erneuerbare Gase nutzt.

Was passiert mit bestehenden Heizungen?

Eine sofortige Austauschpflicht bei Bestandsgebäuden gibt es nicht. Bestehende Heizungen können also weiter betrieben werden. Falls die Heizung kaputtgeht und nicht mehr repariert werden kann, soll es Übergangsfristen geben.

Spätestens bis zum Jahr 2045 soll aber die Nutzung von fossilen Energieträgern beendet sein, danach müssen alle Heizungen vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Schon bisher sieht das Gebäudeenergiegesetz vor, dass Hauseigentümer ihre Heizkessel, die mit einem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff beschickt werden und ab dem 1. Januar 1991 eingebaut oder aufgestellt worden sind, nach Ablauf von 30 Jahren nicht mehr betreiben dürfen.

Gibt es Ausnahmen?

Sonderregeln gibt es etwa in Fällen, in denen die Heizung kaputtgeht. Das betrifft zum Beispiel Eigentümer von Häusern mit nicht mehr als sechs Wohnungen, die selber im Gebäude wohnen und älter als 80 Jahre sind – dann muss die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien nicht eingehalten werden.

Generell soll es bei einer sogenannten Heizungshavarie Übergangsfristen geben – das sind Fälle, in denen der Betrieb der Heizungen nicht mehr möglich ist, die Anlage nicht mehr repariert werden kann und schnell ausgetauscht werden muss. Dann soll die Pflicht zur Erfüllung der Erneuerbare-Vorgabe innerhalb von drei Jahren nach dem Heizungsaustausch erfüllt werden. In der Übergangszeit kann vorübergehend eine Gas- oder Ölheizung eingebaut und betrieben werden.

Wird es ab 2024 gar keine Öl- und Gasheizungen mehr geben?

Auch nach dem 1. Januar 2024 sollen zwar noch Öl- und Gasheizungen eingebaut werden dürfen – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Sie müssen künftig grundsätzlich mindestens 65 Prozent grüne Gase wie Biomethan oder Öle aus erneuerbaren Rohstoffen beziehen.

Auch Gasheizungen, die heute noch Erdgas verbrennen und künftig auch reinen Wasserstoff nutzen können, sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Das aber nur, wenn der Gasnetzbetreiber einen Investitions- und Transformationsplan für Wasserstoffnetze hat und die Heizungen ab 2030 mindestens 50 Prozent Biomethan, Wasserstoff oder andere grüne Gase und ab 2035 mindestens 65 Prozent grünen oder blauen Wasserstoff aus einem Wasserstoffnetz nutzen.

Was bedeutet das für Mieterinnen und Mieter?

Mieterinnen und Mieter sollen vor einem starken Anstieg der Heizkosten geschützt werden. So sollen Vermieter bei der Betriebskostenabrechnung bei Gasheizungen auf Basis von Biomethan nur den Betrag weitergeben dürfen, der zur Erzeugung derselben Menge an Heizwärme mit einer hinreichend effizienten Wärmepumpe anfiele.

Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Vermieterinnen und Vermieter weiter eine in der Anschaffung günstige Gasheizung einbauen und Mieter in der Folge mit hohen Betriebskosten belastet wären, so die Bundesregierung. Regelungen sind auch geplant, um Mieter in energetisch schlechteren Gebäuden vor zu hohen Betriebskosten bei dem Einbau einer weniger effizienten Wärmepumpe zu schützen.

Wie soll die Förderung aussehen?

Die Bundesregierung plant ein neues Fördersystem. 30 Prozent der förderfähigen Kosten für eine klimaschonende Heizung will der Bund künftig pauschal ersetzen – unabhängig vom Einkommen und den Lebensumständen der Antragstellerinnen und Antragsteller. Habeck wollte eigentlich eine starke soziale Staffelung.

Es habe in der Koalition aber keine Verständigung auf eine Einkommensprüfung gegeben, sagte er. „Zwischen Normalverdienern und Villenbesitzern wird kein Unterschied gemacht“, räumte er nun ein. Für Menschen, die Sozialtransfers bekommen, soll aber die Pflicht entfallen, dass von 2024 an jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren betrieben werden soll.

Zusätzlich soll es unter bestimmten Voraussetzungen Zuschläge in Form von „Klimaboni“ von zusätzlich 10 bis 20 Prozent geben. Wer etwa eine neue Heizung installiert, obwohl er dazu nicht verpflichtet wäre, kann sich zusätzlich 20 Prozent Förderung sichern. Einen gleich hohen Bonus erhalten auch Empfängerinnen und Empfänger von Transferleistungen, wie zum Beispiel Wohngeld. Wer Heizungen einbaut, die die gesetzlichen Anforderungen übererfüllen, darf mit einem Bonus von 10 Prozent rechnen. 

Darüber hinaus stellt der Bund Förderkredite für den Heizungstausch sowie die Möglichkeiten der steuerlichen Abschreibung als alternatives Instrument zur Verfügung. Auch sollen die bisher bestehenden staatlichen Förderprogramme für Gebäudedämmung oder Fenstertausch weiterlaufen.

Wie viel kostet das Ganze?

Zu den konkreten Kosten des Förderpakets wollte sich Habeck auch auf Nachfrage nicht äußern. Diese seien „überschaubar“ und „darstellbar“, betonte er. „Das Geld ist vorhanden.“ Finanziert werden soll das neue Förderprogramm nicht aus dem laufenden Bundeshaushalt, sondern aus dem Klima- und Transformationsfonds des Bundes, in den auch die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung einfließen.

Wie einig ist sich die Ampel über den Gesetzentwurf?

Trotz des Kabinettsbeschlusses bestehen die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Ampelkoalition fort. So machte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in einer Protokollerklärung seine Bedenken deutlich. Das Finanzministerium stimme dem Gesetzentwurf in dem Bewusstsein zu, dass die Fraktionen des Bundestages diesen im parlamentarischen Verfahren „intensiv beraten und notwendige Änderungen vornehmen werden“, teilte Lindner mit. (mit dpa)

KStA abonnieren