Nach einem Jahr Corona-PauseItalien gewinnt ESC in Rotterdam – Deutschland Vorletzter

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Italien ESC Sieger 230521

Der Sänger Damiano David der Band Maneskin

Rotterdam – Nach einer Corona-Zwangspause im letzten Jahr feiert Europa wieder die Musik. Das große Finale des Eurovision Song Contest 2021 in Rotterdam brachte am Samstagabend Party-Stimmung zurück, und am Ende waren sich die Fans in Dutzenden Ländern einig: Viva Italia und Viva Rock'n'Roll. Die italienische Rockband Måneskin siegte dank der Stimmen der Zuschauer mit „Zitti e Buoni“ (auf Deutsch: still und brav). Fast konnten die Rocker das Ergebnis nicht glauben - doch dann stürmten sie auf die Bühne, um noch einmal mit Feuerwerk in der tosenden Halle den Sieger-Song zu präsentieren.

Vor der Presse ließ Lead-Sänger Damiano dann fast alle Hemmungen und auch Hüllen fallen und zeigte kokett Tattoos auf der nackten Brust, den Schampus in der Hand. Und wie war das mit dem Kokain? Auf TV-Bildern meinten viele zu sehen, wie Damiano noch im Green-Room sich die Zeit bei der Punktevergabe vertrieb und eine Line Coke schnupfte. Ein Skandal, wie es sich für einen Rocker gehört? Nein, nein, sagte Damiano. „Ich nehme keine Drogen.“

Es war eine Nacht, in der Corona auf einmal sehr weit weg schien, obwohl die Niederlande nach wie vor ein Hochinzidenzland sind. Zwei lange Jahre mussten Millionen ESC-Fans in Europa und Australien warten. Nach der Absage 2020 war es nun endlich soweit: Jubel, Applaus, Fähnchen auf den Tribünen in der Ahoy-Halle.

„O Boy, are we ready for a party?“, rief Moderatorin Nikkie de Jager, die Influencerin „NikkieTutorials“. Der Saal jubelte. Ja, endlich wieder Party. „Jeder hat so lange darauf gewartet“, sagte der ESC-Chef der Europäischen Rundfunk Union EBU, Martin Österdahl. „Die ganze Energie kommt jetzt raus.“

Und wie! Die Party-Laune war groß. War da noch was? Fast dachte man, dass die ganze Pandemie ein böser Traum war.

Duncan Laurence mit Corona infiziert

Doch natürlich überschattete Corona auch das TV-Musikspektakel. 3500 Zuschauer durften in der Halle zwar dabei sein, doch das sind nur etwa 20 Prozent der Kapazität. Es sollte wenig Risiken geben. Deshalb hieß es: Testen, Testen, Testen. Und doch: Ausgerechnet der Sänger Duncan Laurence infizierte sich und musste wegen Corona in Quarantäne bleiben. Der niederländische Sänger hatte 2019 in Tel Aviv gewonnen und den Wettbewerb überhaupt erst in seine Heimat geholt. Nun konnte er noch nicht einmal die Trophäe an seine Nachfolger übergeben.

Der 65. ESC brachte ungewöhnlich viele starke Nummern. Guter Pop, harter Rock, Disco, Balladen und Chansons mit Gänsehaut-Effekt. Die Jurys und die wohl 200 Millionen Zuschauer in Europa hatten die Qual der Wahl. Starke Auftritte etwa aus Malta, Israel, Zypern oder Griechenland. Island wurde mit „10 Years“ so etwas wie der Sieger der Herzen. Nach einem Corona-Fall konnte die Band nicht live, sondern nur mit einem Video teilnehmen.

Schweiz und Frankreich auf Platz zwei und drei

Beim witzigen Dance-Hit „Discoteque“ aus Litauen hielt es die Zuschauer in der Halle nicht mehr auf den Sitzen. Und spätestens beim atemberaubenden Techno-Folk aus der Ukraine wurde auf den Tribünen getanzt.

Es gab alles, was man von einem ESC erwarten kann – den totalen Zirkus mit Beats, Emotionen und Technik. Wahnsinnige Lichteffekte, ein Feuerwerk an Farben, schwebende Bühnen, hängende Monde, Feuer und Nebel. Und viel fürs Auge: Es war der Abend der silbernen Fummel – Frauen im Silber-Glitter-Look, viel Haar, viel Botox, viel Drama. Lady Gaga, Dua Lipa oder Beyoncé ließen grüßen.

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Am Ende war die Botschaft eindeutig: 0815-Liedchen kommen nicht gut an. Auch Englisch ist kein Muss. Auf Platz 2 und 3 landeten die beiden französischsprachigen Lieder. Gjon's Tears aus der Schweiz mit seiner Ballade „Tout l'Univers“ und die Französin Barbara Pravi. Sie erinnerte viele an Edith Piaf und ihr Chanson „Voilà“ haute die Jurys um. Doch das Votum der Zuschauer war am Ende deutlicher: für Rock.

Und Deutschland? Tja... „Hübsch“, sagte ein TV-Kommentator, „für Kinder“. Drei Minuten, die schnell vergessen waren. Die drei mageren Pünktchen von zwei Jurys gehören fast schon zur deutschen ESC-Normalität – so wie der letzte Platz für Großbritannien, eigentlich ja das Mutterland des Pop. (dpa)

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