GenerationenkonfliktWarum wir Unter-30-Jährigen so ungern telefonieren

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Viele Unter-30-Jährige texten lieber statt zu telefonieren.

Köln – Im Gemeinschaftsbüro klingelt das Telefon. „Aaaah, bitte nicht meins!“ Die beiden jüngeren Kolleginnen schrecken hoch und schauen mit einem Anflug von Panik auf das Gerät, die anderen bleiben gelassen. Ist die Abneigung gegen unerwartete Anrufe etwa so ein Generationen-Ding – ein gemeinsames Telefon-Trauma?

Die „Digital Natives“ sind schließlich schon mit Handys und Computern großgeworden. Und seit ihrer frühen Jugend gewohnt, schnell eine Nachricht schicken zu können – ob nun per SMS und „ICQ“ oder später auf Whatsapp und anderen Messengern.

Zwei Kolleginnen unter 30 erzählen, warum sie lieber texten statt zu telefonieren:

Britta, 28: „Wehe, du rufst mich an!“

Die Menschen, mit denen ich ab und zu – und dann auch gerne – telefoniere, kann ich an einer Hand abzählen. Es sind meist Freunde, die ich nicht mehr so häufig sehe, weil sie für die Arbeit oder das Studium weggezogen sind. Wenn ich mit ihnen telefonieren möchte, bekommt das schnell einen absurden Event-Charakter: Da wird erst per Whatsapp ein Termin ausgemacht, an dem beide zuhause sind und viel Zeit haben, um ausführlich zu quatschen.

Einfach so Freunde anrufen ohne einen dringenden Anlass? Das habe ich lange nicht mehr gemacht. Wenn wir richtig quatschen wollen, treffen wir uns. Gibt es nur kurz etwas zu organisieren, schreiben wir Nachrichten. Wirklich regelmäßig rufe ich nur meine Eltern an. Dafür kenne ich aber bis heute die Festnetz-Nummern meiner besten Freunde aus der Grundschulzeit auswendig. Damals hatten wir noch ein Telefon mit Wählscheibe. Aber auch damals haben wir nur telefoniert, um uns zu verabreden. Vieles können wir heute halt einfacher regeln.

Wie mir geht es vielen in meinem Freundeskreis. Zumindest musste ich mich noch nie dafür rechtfertigen, nicht anzurufen oder telefonieren zu wollen. Vielleicht sind das auch die Nachwirkungen unserer Teenie-Zeit, als „Jamba“-Klingeltöne aus unseren Nokia-Handys plärrten – wie das nervige „Ruf mich an! Ruf mich auf meinem Handy an!“ Bloß das nicht!

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Ein Anruf kommt in der Regel ohne jede Vorwarnung. Wer ist der Anrufer? Was möchte er von mir? Und habe ich überhaupt Lust mit ihm zu sprechen? Gedanken, die ich mir mache, schon bevor ich den Hörer abgenommen habe. Die Unsicherheit steigt – die Lust zu telefonieren sinkt.

Telefonieren? Ist mit dem Smartphone tatsächlich zur Nebensache geworden. Viel lieber schreibe ich mit Freunden und der Familie bei Whatsapp – hat mittlerweile selbst meine Oma. Wichtige Sachen für die Uni oder Arbeit kläre ich per Mail. Ich kann mich auf Geschriebenes berufen und habe alle Informationen immer sofort im Blick.

E-Mails und Nachrichten sind für mich das neue Telefonieren. Viel zu aufwendig ist es, einen Zeitpunkt zu finden, zu dem beide zum Hörer greifen können. Heutzutage macht man besser einen Telefon-Termin aus – und wie macht man den? Per Nachricht. Da kann man doch gleich alles in Textform klären.

Die einzige Person, die ich ab und zu noch anrufe? Meine Mutter! Die schaut nämlich viel zu selten auf ihr Handy. Außerdem greife ich zum Telefon, wenn ich an einem bestimmten Treffpunkt mit Freunden verabredet bin und diese entweder noch nicht da sind, oder ich sie einfach nicht finden kann. Dann wird jedoch auch schnell wieder auf Whatsapp zurückgegriffen – um den aktuellen Standort zu teilen.

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