Leverkusener ClanWie die Al Zeins Lösegeld in Millionenhöhe verdienen wollten

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Libanesische Clans agieren vom Rheinland aus.

Leverkusen – Die Summen sind gigantisch. Da ist von 150 Millionen US-Dollar die Rede, die „der Bastard“ abgezockt haben soll. Der Geschädigte: Ein syrischer Geschäftsmann namens Jimmy. Außerdem sollen Bandenmitglieder aus Rumänien, der Ukraine und im Libanon dem Unternehmer seine Fabriken und Firmen abgenommen haben. Die Abgesandten des Leverkusener Al Zein-Clans sollen sich laut belauschten Telefonaten am 11. Oktober 2019 der Sache angenommen haben.

Jimmy müsse doch wissen, wer der Al Zein-Clan sei, tönt einer aus der Gruppe. Der geneppte Geschäftsmann beteuert, dass er natürlich von dem weitverzweigten Familiennetzwerk gehört habe. Ok, erwidert ein Clanmitglied, man werde diesen „einen“, den „Bastard“, finden und als Gast zu sich ins Hotel holen, um die Angelegenheiten zu regeln.

XXL Geschichte eines Clans (1)

Nach Informationen des Kölner Stadt-Anzeiger wurde die Ermittlungskommission (EK) Panda in Düsseldorf hier Zeuge einer geplanten Entführung im Libanon. Sollte der Leverkusener Al Zein-Clan durch das Kidnapping sein Geld wiederbeschaffen, so Jimmy, werde er ihnen ihren Anteil in Istanbul übergeben.

Leverkusener Arm reiche bis in Geheimdienstkreise in Beirut

Für die Ermittler steht fest, dass von Leverkusen aus ein Familiensyndikat international operierte. Vermutlich jahrzehntelang. Und zwar ohne, dass die Strafverfolger die mutmaßlichen Hauptakteure stoppen konnten. Jene Großfamilie, die seit Jahren offiziell von Hartz-IV-Bezügen in einer Villa im Stadtteil Rheindorf lebte, soll laut einem Vermerk der Polizei „global“ agieren, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Der Arm der Familie scheint bis in Geheimdienstkreise in Beirut zu reichen.

Alzeinneu

Badia al Zein (rechts) posiert mit Mahmoud al Zein, genannt Präsident, auf seiner Facebook-Seite.

Erst als sich die EK Panda im Jahr 2019 daran macht, die Finanzströme des rheinischen Clans zu durchforsten, wird die Justiz fündig. Im vergangenen Juni wandert unter anderem das Familienoberhaupt Badia Al Zein im Zuge einer großangelegten Razzia in Untersuchungshaft.

Rückabwicklung des Millionenklaus im Blick

Bei dem 46 Jahre alten Staatenlosen soll es sich nach Erkenntnissen der Polizei um einen der Strippenzieher der Kidnapping-Aktion im Libanon handeln. Die mutmaßliche Nummer Zwei in dem bundesweit auf 3000 Mitglieder geschätzten Al Zein-Clan hält sich im Herbst 2019 ständig durch seinen ausgesandten Sohn Sehmus und weitere Clanangehörige auf dem Laufenden über die Rückabwicklung des Millionenklaus im Libanon. Schließlich geht es um eine veritable Provision durch den Auftraggeber Jimmy, sollten seine Abgesandten die Beute wiederbeschaffen.

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Anfangs kennen die Ermittler die Identität des Entführten nicht. Erst Monate später sehen sie dank eines Zeitungsartikels und weiterer angezapfter Handys klarer. Der Name des mutmaßlichen Opfers: Bashour S.. Für ihn steht demnach ein Lösegeld von 145 Millionen Euro im Raum. Weitere Telefonate legen aus Sicht der Ermittler nahe, dass der Leverkusener Chef mit anderen Clan-Größen daran beteiligt war, den Geschäftsmann in Beirut festzusetzen. Mit der Entführung soll ein ehemaliger libanesischer Geheimdienstoffizier namens Kamel beauftragt worden sein.

Riesige Gewinne mit Tabakschmuggel 

Die Gespräche klingen wie die Märchen aus 1000 und einer Nacht. Die Mithörer der EK Panda notieren, dass die Gruppe um den Entführten riesige Gewinne mit Tabakschmuggel einfährt. Ganze Flugzeuge voller illegaler Rauchwaren sollen über die Ukraine verschoben worden sein.

Razzia LEV1

Polizisten bewachen ein Haus in Rheindorf, das im Juni 2021 durchsucht wurde und einem Clan gehören soll.

Damit der gekidnappte Unternehmer freikommt, soll dessen Bruder das nötige Lösegeld in der Ukraine locker machen und nach Beirut bringen. Alles scheint zunächst zu klappen. Sehmus Al Zein kabelt am 2. Dezember 2019 nach Leverkusen, dass der Bruder bereits in der libanesischen Hauptstadt eingetroffen sei. Dies habe ihm eine Quelle beim Geheimdienst gesteckt. Aus Sicht der Familie schien es, dass der Millionendeal bald aufgehen könnte.

Al Zeins fürchten, leer auszugehen

Dann aber ändert sich die Lage. Bereits vor der Zahlung des Lösegeldes kommt der gefangene syrische Millionär plötzlich wieder frei. Sein Entführer Kamel taucht überraschend ab. In Leverkusen erfährt der Clan, dass „der Hund“ von seinem Opfer 30 Millionen Dollar kassiert habe. Die Al Zeins fürchten, dass sie bei dem Coup leer ausgehen. Der Leverkusener Boss gibt die Losung aus, nach Kamel zu suchen. Seinen Leuten verspricht er am Telefon, dass es sich lohnen würde, den Ex-Geheimdienstoffizier zu finden.

Badia Al-Zein Haus Clan Großfamilie

Am 8. Juni 2021 stürmten Ermittler das Haus von Badia Al-Zein in Leverkusen-Rheindorf.

Bis heute ist unklar, ob das Leverkusener Familiensyndikat den Gesuchten aufstöberte, um doch noch seinen Anteil aus dem 30-Millionen-Topf einzustreichen. Fakt ist einzig, dass die Telefonate über den Entführungsfall im Juni 2020 abrupt aufhörten. Offenbar wandte man sich anderen Geschäften zu.

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