Diskussion in NRWSo verlief das Abitur in Nachbarländern trotz Corona

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Jean Dilg hat sein Abitur in Rheinland-Pfalz gemacht. 

  • In manchen Bundesländern haben Schülerinnen und Schüler die Abiturprüfungen schon hinter sich – trotz Corona-Krise.
  • In NRW fordern Schülerinnen und Schüler hingegen das Durchschnittsabitur.
  • Die Landesschülerinnenvertretung NRW will zudem eine Wahlmöglichkeit durchsetzen.

Köln – Jean Matthias Dilg hat es schon hinter sich. Vor wenigen Wochen hat der 18-Jährige an der Integrierten Gesamtschule (IGS) im rheinland-pfälzischen Rülzheim seine mündlichen Abiturprüfungen in Französisch und Informatik abgelegt. Die Voraussetzungen waren speziell. Herkömmlichen Unterricht gab es zu diesem Zeitpunkt wegen des Coronavirus nämlich schon seit knapp zwei Wochen nicht mehr.

Dass zwischen Schulschließung und Prüfungen nur zehn Tage lagen, sieht er positiv. Schließlich hatte der Großteil der Vorbereitungen schon stattgefunden. Die meisten seiner Mitschüler hätten die Phase als zusätzliche Vorbereitungszeit gesehen. „So kurz vor dem mündlichen Abitur wäre uns kein prüfungsrelevanter Unterricht mehr verloren gegangen. Ich denke, deswegen gab es da auch ein bisschen Entspannung.“

Unsichere Zukunft

Und dennoch: Das Virus war bei den Prüfungen immer dabei. Vor allem in Form von Unsicherheit und der Frage: Was wird passieren in den kommenden Monaten? Nach dem Abitur hatten viele geplant zu reisen, zu arbeiten, „um ein bisschen Geld zu verdienen“. Inzwischen ist klar, dass daraus wohl nichts werden wird. Sogar der Abiball und die Zeugnisvergabe konnten nicht stattfinden. Nun müssen sich Jeans Klassenkameraden überlegen, was mit dem erwirtschafteten Geld passiert. Wird es aufgeteilt? Gibt es ein großes erstes Stufentreffen?

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Am Tag der Prüfungen sei die Corona-Krise in der IGS Rülzheim deutlich zu spüren gewesen, erzählt Jean. Die Tests wurden um eine Woche verschoben, um der Schule die Gelegenheit zu geben, Hygienemaßnahmen umzusetzen. Vorerkrankte und ältere Lehrer waren nicht zugelassen.

Im Prüfungsraum waren immer nur ein Prüfling sowie die drei Personen der Prüfungskommission. „Die saßen weit verteilt im Klassenraum. Da waren 1,50 Meter Abstand locker drin und darauf wurde auch während der gesamten Prüfung geachtet.“ Auch die Tische seien regelmäßig desinfiziert worden. Abgelenkt fühlte sich Jean durch die Maßnahmen „nicht wirklich“. Einziger Wermutstropfen: „An einigen Schulen ist es Tradition, dass die Zwölftklässler Snacks bereitstellen. Sowas ist weggefallen.“

Lehrer in Handschuhen

Piet Henrik Pohlmann ist 16 Jahre alt und macht in diesem Jahr sein Abitur an der Hohe Landesschule im hessischen Hanau. Seine schriftlichen Prüfungen in Englisch, Politik und Wirtschaft sowie Mathematik hat er hinter sich. „Alle haben in Doppelräumen geschrieben, das heißt, wir hatten alle mehr Abstand zueinander“, berichtet Piet. Zudem seien die Schüler angewiesen gewesen, nach den Prüfungen direkt nach Hause zu gehen. Gespräche mit Freunden seien nicht möglich gewesen. Die Lehrer hätten Handschuhe getragen.

Piet hat das wenig beeindruckt. Er sei „gewissermaßen im Tunnel“ gewesen und habe einfach geschrieben. Aber es gebe Personen, die der Angst vor Corona gegenüber anfälliger seien, manche davon schon aus Sorge, weil sie selbst Teil der Risikogruppe sind. Deren Noten könnten sich dadurch verschlechtert haben.

Landesschülerinnenvertretung NRW will Wahlmöglichkeit 

Schülerinnen und Schüler aus NRW fordern deshalb das Durchschnittsabitur. Dabei soll die Abschlussnote basierend auf den bisherigen Noten in der Oberstufe berechnet werden. Die Landesschülerinnenvertretung NRW will zudem eine Wahlmöglichkeit durchsetzen. „Die Wahlmöglichkeit – Durchschnittsabi oder Prüfungen wie üblich – ist aus mehreren Gründen sinnvoll“, sagte Johanna Börgermann aus dem Vorstand zuletzt. Zum einen sinke die Infektionsgefahr, wenn nicht alle an den Klausuren teilnähmen. „Und die Schülerinnen und Schüler, die durch die Corona-Krise psychisch belastet sind – zum Beispiel aufgrund von Erkrankungen naher Verwandter –, laufen nicht Gefahr, in den Prüfungen unter ihren Möglichkeiten zu bleiben.“

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