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Ehrung für Bad MünstereifelerinDie Stadt Bochum benennt einen Platz nach Inge Baecker

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3 min
Inge Baecker neben einem Werk von Wolf Vostell, einem der wichtigesten Künstler der Galeristin.

Pionierin der Fluxus-Szene: die Künstlerin und Galeristin Inge Baecker. Sie starb in der Flutnacht in Bad Münstereifel.

Die Galeristin, die eine Pionierin der Fluxusbewegung war, ist in der Flutnacht in Bad Münstereifel gestorben. Ihre Heimatstadt ehrte sie nun.

Die Stadt Bochum hat die international bekannte Galeristin Inge Baecker in besonderer Weise geehrt. Im Stadtteil Hamme ist ein Platz nach der aus Bochum stammenden Künstlerin benannt worden, die unweit des Platzes von 1970 bis 1975 ihre erste Galerie hatte – in der Tiefgarage des Anwesens ihrer Mutter. Vorausgegangen war eine Initiative des Bürgervereins Expedition Hamme. Inge Baecker lebte seit 2007 auf der Burg in Bad Münstereifel und starb in der Flutnacht des 15. Juli 2021.

Die Galeristin wurde am 1. Oktober 1943 in Bochum geboren und studierte nach dem Abitur Philosophie, Kunstgeschichte bei Max Imdahl und Germanistik. Ihr Studium führte sie auch nach Konstanz, wo sie die Kunstsammlerin und Galeristin Ingvild Goetz kennenlernte, in deren Galerie und Grafikverlag sie kurz arbeitete. Ab 1968 verkaufte Inge Baecker erste Kunstwerke. Ab 1970 folgte die erste Ausstellung in der bereits erwähnten Galerie – mit Werken von Wolf Vostell.

Bei Inge Baecker stellten fast alle bekannten Fluxus-Künstler aus

Nach dem Besuch einer Ausstellung von Happening- und Fluxus-Künstlern in Köln zeigte sie Werke der Künstler aus dieser Bewegung in ihrer Galerie in Hamme, die dadurch zu einer der ersten Adresse der Happening- und Fluxus-Bewegung sowie des Neo-Dadaismus wurde. „Fluxus war eine Anti-Haltung gegenüber dem ganzen Betrieb. Es waren Künstler, die in kleinen Aktionen die Menschen aufriefen, Dinge zu hinterfragen“, sagte Baecker, die zur Pionierin wurde. Sie vertrat fast alle Künstler, die in der Fluxus-Szene Rang und Namen hatten.

Ein Schild mit der Aufschrift Inge-Baecker-Platz hängt an einem Mast.

Ein Platz in Bochum trägt den Namen Baeckers.

Beim Fluxus kommt es nicht auf das Werk an, sondern die schöpferische Idee. Die Kunstrichtung integriert Video, Musik, Licht, Geräusche, Bewegungen, Handlungen und unterschiedlichste Materialien. Wolf Vostell schleuderte beispielsweise 200 Glühlampen gegen eine Plexiglaswand, die als Barriere zwischen Bühne und Publikum diente, zerschlug mit einem Hammer Kriegsspielzeug und steckte Nadeln in rohes Fleisch – all das erzeugte individuelle Klangkombinationen.

Seit 2007 hatte Inge Baecker ihre Galerie in der Burg Bad Münstereifel

1975 zog sie mit der Galerie innerhalb von Bochum um, ihre 100. Ausstellung war auch gleichzeitig die letzte in ihrer Heimatstadt. 1983 wurde Köln ihr neuer beruflicher Mittelpunkt, unter anderem setzte sie sich für die Darstellung zeitgenössischer brasilianischer Kunst in Deutschland ein. Dort stellte sie unter anderem auch Werke des Musikers Wolfgang Niedecken aus.

Der letzte Umzug erfolgte 2007, die Galerie Inge Baecker eröffnete in der Bad Münstereifeler Burg. Dort feierte sie mit der Ausstellung „Visionen zum Weltall“ 50 Jahre Galeristinnentätigkeit. Diese 450. Ausstellung sollte auch die letzte von Inge Baecker werden. Keine Woche vor der Flut endete sie. Baecker wollte sie persönlich beschließen und nicht in ein Krankenhaus.

Beatmungsgerät bekam in der Flutnacht keinen Strom mehr

Die Burg Bad Münstereifel thronte zwar über Kernstadt, durch die am Abend des 14. Juli das Wasser schoss und für eine große Zerstörung sorgte. Doch Inge Baecker war aus gesundheitlichen Gründen auf eine durchgehende Stromversorgung für ihr Beatmungsgerät angewiesen, die in der Unwetternacht allerdings komplett zum Erliegen kam. Einen Notruf konnte die 77-Jährige deshalb nicht mehr absetzen, der Akku für das Beatmungsgerät war irgendwann erschöpft.

„Rund 600 Kunstwerke befanden sich zum Zeitpunkt ihres Todes in den Räumen der Burg“, schreibt der Bad Münstereifeler Günter Kirchner, der sich um den Nachlass Baeckers kümmerte. Alle Kunstwerke ihrer Galerie hat die Künstlerin dem Kunstmuseum Bochum vermacht, das ab dem 7. November zu Ehren Inge Baeckers eine Auswahl der Werke im Rahmen einer großen Sonderausstellung zeigt.