VereinsjubiläumDer SV Houverath fuhr früher im besonderen Gefährt zu Auswärtsspielen

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Die Houverather Elf des Jahres 1948 steht in blau-weißen Trikots im Tor des Fußballplatzes.

Diese Aufnahme aus dem Jahr 1948 zeigt eine der ersten Houverather Mannschaften.

Der SV Houverath hat sein 75-jähriges Bestehen gefeiert. Für die Zukunft hat der Sportverein einen ganz besonderen Wunsch.

Ein Prachttempel in Blau-Weiß: Simon Lanzerath, Vorsitzender des SV Houverath, und sein Stellvertreter Stefan Schmitt hatten mit ihrem Team ganze Arbeit geleistet und die Mehrzweckhalle zum 75-jährigen Bestehen des Vereins in dessen Farben getaucht. Zahlreiche Gäste waren zum Festkommers erschienen und erlebten mit, wie zwei Vorstandsmitglieder für ihre ehrenamtliche Arbeit belohnt wurden – und zwar von höchster fußballerischer Stelle.

Doris Mager, Fußballkreis-Vorsitzende in Euskirchen, überreichte stellvertretend für DFB-Präsident Bernd Neuendorf Dankesurkunden für jahrzehntelanges und beispielhaftes ehrenamtliches Engagement sowie eine Uhr des DFB an Stefan Schmitt sowie Geschäftsführer, Jugendleiter und Trainer Frank Müller. Beide hätten in vielfältiger Form dazu beigetragen, den Verein zu stärken und am Leben zu erhalten. Die Ehrenurkunde zum 75-jährigen Vereinsbestehen nahm Simon Lanzerath entgegen.

Flutkatastrophe zerstörte Datenträger und Fotos

Die Ehrung langjähriger Mitglieder gestaltet sich derzeit schwierig. Denn Lanzerath lebt in Rheinbach, Müller in Altenahr. Die Flutkatastrophe vor zwei Jahren hat bei ihnen Datenträger und Fotos vernichtet, weshalb es mühsam ist, eine Liste aller Mitglieder zu erstellen.

Das Bild zeigt die Aufstiegsmannschaft in die Kreisliga A des SV Houverath.

Wiederaufstieg in die Kreisliga A gelungen: 1984 war der SV Houverath mit Trainer Ernst Westhäuser (hinten links) erfolgreich.

Ein wiederkehrendes Thema während der Feier war der Wunsch nach einem Kunstrasenplatz. Houverath besitzt den kleinsten Fußballplatz im Kreis Euskirchen, einen Aschenplatz. Ein Kunstrasenplatz soll nicht nur das Aus für so manch schmerzhaften „Reibekuchen“ bedeuten, sondern auch das Abwandern junger Sportler zu Vereinen mit besseren Voraussetzungen verhindern.

Hoffnung auf den Kunstrasenplatz bleibt bestehen

Riesenapplaus erhielt deshalb der ehemalige Vorsitzende Hermann-Josef Frings, der sich zwar mittlerweile dem Sportgeschehen in Rheinbach widmet, aber betonte:„In meinem Herzen ist der SV Houverath immer mein Verein seit meinem siebten Lebensjahr.“ Frings verkündete, dass er mit Vorstandsmitglied und Kassierer Oli Lanzerath schon mehrere Quadratmeter Kunstrasenplatz in finanzieller Hinsicht ausgehandelt habe. Die Hoffnung stirbt also zuletzt.

Beim Kommers standen Ansprachen, ein informativer fotografischer Rückblick und ein geselliges Beisammensein auf dem Programm. Man hielt Rückschau und schaute in die Zukunft. Am späten Abend trat die Band Fiasko auf, die besonders die Jugend in die Halle strömen ließ.

Rund 70 Interessierte gründeten in Houverath einen Fußballverein

Nachdem in der Umgebung der ehemaligen Gemeinde Houverath schon in früheren Jahren Fußballvereine gegründet worden waren, etwa 1933 in Effelsberg und 1947 in Mutscheid, meinten einige Männer um Josef Paffenholz 1948, es sei an der Zeit, auch in Houverath einen Fußballklub aus der Taufe zu heben. Rund 70 Interessierte fand man sofort.

Stefan Schmitt und Frank Müller halten Urkunden und Uhren in ihren Händen. Außen stehen Peter Dierichsweiler und Doris Mager vom Fußballkreis Euskirchen.

Geehrt wurden Stefan Schmitt (2.v.l.) und Frank Müller (2.v.r.) von Peter Dierichsweiler und Doris Mager vom Fußballkreis Euskirchen.

Den ersten Vorstand bildeten Matthias Lanzerath aus Lanzerath, Johann Fussel aus Houverath und Hermann Zimmer aus Lanzerath. Nach kurzer Amtszeit übernahmen Josef Krämer aus Unterdickt und Josef Paffenholz das Ruder. Wenig später wurde Josef Paffenholz von den Brüdern Bartholomäus und Peter Holzem unterstützt. Das erste Spiel in Lanzerath gegen eine Mannschaft aus Merzbach verlor Houverath mit 1:14 Toren.

Gründer des SV Houverath leisteten Pionierarbeit

Geprägt war die Anfangszeit des Vereins durch den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Gründer leisteten Pionierarbeit. Es mangelte damals an den einfachsten Dingen, um einen reibungslosen Spielbetrieb durchführen zu können: an Bällen, Netzen, Trikots und Fußballschuhen. Teilweise reisten die Spieler zu Fuß oder mit dem Fahrrad zum Gegner, später häufig auch mit dem Milchwagen, dessen Besitzer aus Wald kam. Kurzerhand wurden ein paar Dielen über die Milchkannen gelegt, und fertig war der Mannschaftsbus.

Das Spielfeld hatte damals kaum diesen Namen verdient, die ersten Begegnungen wurden auf einer Wiese unterhalb des Berges Hochthürmer ausgetragen. Wenig später konnte man im Dorf dann auf einen Platz an der Eichener Straße ausweichen.

Zwei deutsche Juniorenmeister mit Bayer Leverkusen

Auch einige fußballerische Talente brachte der SV Houverath hervor. Spieler wechselten zum Euskirchener TSC, zum 1. FC Köln oder, wie Jochen Fussel und Sebastian Bungart, zu Bayer Leverkusen. Beide wurden mit Jugendmannschaften der Werkself deutscher Meister. Bungart wurde sogar von Trainer Uli Stielike in die deutsche U18-Nationalmannschaft berufen.

Und auch wenn die Infrastruktur es dem heutigen Vorstand leichter macht als denen, die den Verein aus der Taufe gehoben haben, so muss man sich derzeit mit einigen Problemen auseinandersetzen. Das konkurrierende Freizeitangebot ist wesentlich größer geworden, geburtenschwache Jahrgänge müssen überbrückt werden. Es ist nicht zu verkennen, dass der Trend immer mehr in Richtung der Individualsportarten geht. Aber Simon Lanzerath und der Vorstand wollen sich dieser Problematik stellen. Lanzerath versteht den SV Houverath als Freizeit- und als gesellschaftlichen Faktor.

So biete ein Sportverein die Möglichkeit zur Integration von Neubürgern und besonders von Jugendlichen. Ein „Wir-Gefühl“ wie im sportlichen Erfolg sei nahezu unvergleichlich. Aber auch Misserfolge könnten eine Gemeinschaft festigen, meinte Hermann-Josef Frings.

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