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WahlkampfVon Buchhändler zu Buchhändler: Martin Schulz fachsimpelt in Bad Münstereifel

4 min
Martin Schulz blättert im Bildband "Münstereifel im Jahr 1900". Neben ihm Bürgermeisterkandidat Sebastian Glatzel. Im Hintergrund lacht Landrat Markus Ramers.

Ein Bildband über Bad Münstereifel im Jahr 1900 stieß auf Martin Schulz' Interesse.

Der frühere Präsident des Europaparlaments und Ex-Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, war als Wahlkampfunterstützer in Bad Münstereifel.

Als Martin Schulz die Buchhandlung Mütter betrat, war er in seinem Element. Da wurde aus dem früheren Politiker, der 2017 Kanzlerkandidat der SPD und in den fünf Jahren davor Präsident des Europaparlaments gewesen war, wieder der Buchhändler, der er in seinem ersten Leben war. Von 1982 bis 1994 leitete er eine Buchhandlung in Würselen, die er mit seinem Einstieg in die Politik an eine frühere Mitarbeiterin übergab.

Doch die Liebe zum gedruckten Wort ist geblieben. Und das wurde auch schnell deutlich. Der frühere Buchhändler und der aktuelle Buchhändler fachsimpelten darüber, was gerade gut läuft und darüber, was man zuletzt gelesen hat. Bei Schulz war es Isabel Allendes „Mein Name ist Emilie del Valle“. Beinahe habe er es schon weglegen wollen, weil es ihn zu Beginn kaltgelassen habe. Aber er sei drangeblieben und wurde am Ende nicht enttäuscht.

Martin Schulz' Lieblingsbuch ist Lampedusas „Der Leopard“

Der Bad Münstereifeler Buchhändler Josef Mütter revanchierte sich dafür mit einem seiner derzeitigen Favoriten, zu erkennen auch am Sticker „Mütters Liebling“: Jakob Heins „Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste“. Und da Schulz immer auf der Suche nach Lesestoff ist, nahm er das Buch auch gleich mit und entschied sich auch noch für den Bildband „Münstereifel um 1900“ von Wolfram Erber. Witzig: Plötzlich tauchte auch noch ein dritter Buchhändler auf. Ein Bielefelder, der zu Gast in der Stadt war, outete sich dementsprechend.

Doch eigentlich war Schulz gar nicht zum Büchererwerb nach Bad Münstereifel gekommen. Im Gegensatz zu anderen Parteien, die kurz vor der Kommunalwahl plötzlich Staatssekretäre mit Förderbescheiden entsenden und wo – natürlich von langer Hand geplant und ohne Bezug zur anstehenden Wahl – auch der Ministerpräsident kommt, gibt Schulz unumwunden zu: „Ich bin hier, um den Bürgermeisterkandidaten Sebastian Glatzel zu unterstützen.“

Mit dem Iversheimer schaute er sich nicht nur den Bildband an, ihm verriet er auch sein Lieblingsbuch: „Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi di Lampedusa, dessen Verfilmung wegen des Todes von Claudia Cardinale gerade erst wieder in aller Munde ist. Einen Satz aus dem Buch habe er auch immer wieder in abgewandelter Form in der Politik verwendet. Im Buch heißt es „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann muss sich alles ändern.“ Schulz macht daraus „Alles muss sich ändern, damit alles so bleibt, wie es war.“

Der fünfte Besuch in Bad Münstereifel nach der Flutkatastrophe

Ja, er lese noch sehr viel. Und das ist nicht untertrieben. Auf 100 bis 150 Bücher pro Jahr komme er – alles nur auf Papier. Natürlich bekomme er auch schon mal Exemplare geschenkt. In die schreibe er hinein, wer sie ihm geschenkt habe. Und nicht nur das: Er notiert auch im Buch, wann er es gelesen hat und wie er es fand. Dass da über die Jahre einiges zusammengekommen ist, ist auch klar. Als er dem Drängen seiner Frau, einmal Bücher auszusortieren, nachgekommen sei, sei das wie ein Gang durchs eigene Leben gewesen. Tatsächlich habe er dann 30 Bücher weggeben wollen – doch ausgerechnet bei denen habe seine Frau dann ihr Veto eingelegt, berichtet der 69-Jährige lachend.

Doch er war auch ernst. Zweimal sei er nach der Flutkatastrophe zu offiziellen Terminen nach Bad Münstereifel gekommen, zweimal auch rein privat. Der Wahlkampftermin am Donnerstag war demnach der fünfte Besuch der Kurstadt seit dem 14. Juli 2021. Und er zeigt sich beeindruckt von dem, was in Bad Münstereifel passiert sei. „Ich war nach der Flut schockiert“, gibt er zu. Das Umgesetzte sei außergewöhnlich. Landrat Markus Ramers erinnerte aber daran, dass es trotzdem noch viele Baustellen gebe. Der Fokus lag auf der Kernstadt und das hat funktioniert. Aber in den Außenorten fehlten teilweise einzelne Brücken, die vor Ort sehr wichtig seien, mahnte Sebastian Glatzel auch, dass besonders außerhalb der Stadt noch einiges zu tun sei.

Bei der zweiten Anlaufstelle ließ Ramers seine früheren Kontakte spielen. Der einstige Lehrer am St.-Michael-Gymnasium hatte mit seiner früheren Schule einen Besuch der Jesuitenbibliothek vereinbart, wo dem prominenten Gast aus Würselen historische Bücher präsentiert wurden.