FlüchtlingshilfeEuskirchen ist nun „Sicherer Hafen“

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Mitglieder der Euskirchener Seebrücke demonstrierten anlässlich des europaweiten Aktionstags ihrer Initiative auf dem Alten Markt für ihr Anliegen.

Mitglieder der Euskirchener Seebrücke demonstrierten anlässlich des europaweiten Aktionstags ihrer Initiative auf dem Alten Markt für ihr Anliegen.

Euskirchen – Mehr als 220 Städte und Gemeinden in Deutschland haben sich mittlerweile zu „Sicheren Häfen“ für geflüchtete Menschen erklärt. Neuerdings gehört auch Euskirchen dazu. So hat es mehrheitlich der Haupt- und Finanzausschuss beschlossen, der wegen der Pandemie mit den Kompetenzen des Rates tagte.

Hinter der Idee, sich als Sicherer Hafen zu deklarieren, steht die Bewegung Seebrücke, die sich für die Rettung Geflüchteter und gegen die Kriminalisierung von Seenotretterinnen und -rettern einsetzt. Den Antrag, dass Euskirchen die Initiative unterstützen solle, hatte die Linksfraktion gestellt. Er war in acht Punkte unterteilt, von denen eine Mehrheit im Ausschuss einige ablehnte.

„Gnadenlose Haltung“ beklagt

Die Euskirchener Seebrücke demonstrierte kürzlich auf dem Alten Markt, um auf die Zustände an den Außengrenzen Europas – in Griechenland und auf dem Balkan – aufmerksam zu machen. „Die Politik Europas begründet ihre gnadenlose Haltung Geflüchteten gegenüber mit Abschreckung gegen weitere Flüchtlingsströme“, erklärte Anne Bergmann, Sprecherin der Gruppe.

Es müsse aber verhindert werden, „Menschen im Meer sterben und in Lagern erfrieren zu lassen oder in die Länder zurückzuschicken, in denen die Geflüchteten Folter, Hunger, Vergewaltigungen und andere Demütigungen erwarten“.

Wenn Euskirchen sich zum Sicheren Hafen erkläre, so Anne Bergmann weiter, dürfe die Stadt „nach eigenem Wissen und Gewissen handeln“, was eine legale Aufnahme und Behandlung von Geflüchteten angehe, und müsse nicht die Vorgaben von Land und Bund mit den entsprechenden Verteilungsquoten übernehmen. (ejb)

CDU und AfD stimmten in allen acht Punkten mit Nein. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Klaus Voussem, sagte, die Stadt Euskirchen habe in den vergangenen Jahren bei der Aufnahme von Flüchtlingen Beachtliches geleistet. Über den allgemeinen Verteilungsschlüssel hinaus geflüchtete Menschen aufzunehmen, so Voussem weiter, berge die Gefahr einer sinkenden Akzeptanz.

„Mehr als genug“

Josef Burkart, Fraktionschef der AfD, erklärte, Deutschland habe sich bisher „übermäßig engagiert, was die Aufnahme angeht“, und tue schon „mehr als genug“.

Die übrigen Fraktionen im Ausschuss jedoch unterstützten in fünf von acht Einzelabstimmungen das Anliegen der Linken. Demnach ist die Stadt Euskirchen nun ein Sicherer Hafen. Das heißt: Sie „bekräftigt ihre Solidarität mit Menschen auf der Flucht“, wie es unter Punkt eins hieß. Und weiter: „Sie setzt sich für sichere Fluchtwege, staatliche Seenotrettungsmissionen und eine menschenwürdige Aufnahme von Schutzsuchenden ein.“

Die Kreisstadt soll künftig die schnelle und unkomplizierte Unterbringung von auf dem Mittelmeer aufgegriffenen Menschen sicherstellen. Die Aufnahme „erfolgt zusätzlich“ zur üblichen Verteilungsquote in der Bundesrepublik, und zwar nach einer Verständigung der Stadt mit Bund und Land.

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Auf die Zustimmung der Ausschussmehrheit stieß die Linke auch mit ihrer Forderung, Euskirchen solle dem Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ beitreten und sich an der „Gestaltung einer menschenrechtskonformen europäischen Asyl- und Migrationspolitik“ beteiligen.

Welche konkreten Folgen die Beschlüsse haben werden, blieb unklar. „Die finanziellen, organisatorischen und auch personellen Auswirkungen“ seien von der Stadtverwaltung kurzfristig nicht zu ermitteln „und stehen in Abhängigkeit zu nicht kalkulierbaren globalen Entwicklungen“, erklärte der Erste Beigeordnete Alfred Jaax.

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