Neue Chronik verrätDarum war Freddy Quinn 1971 in Euskirchen-Frauenberg

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Mit einem Ochsengespann sind Bauer Loosen und ein Landarbeiter (vorne) 1940 in Frauenberg unterwegs.

Mit einem Ochsengespann sind Bauer Loosen und ein Landarbeiter (vorne) 1940 in Frauenberg unterwegs.

Euskirchen-Frauenberg – Es regnete in Strömen, doch das tat nichts zur Sache. Freddy Quinn war ja nach Frauenberg gekommen. Der Schlagersänger („Junge, komm bald wieder“) gab jedoch nicht etwa ein Konzert. Nein, er spielte Fußball. Eingeladen hatte ihn der ortsansässige Freddy-Quinn-Club, der an jenem Tag, dem 5. Juni 1971, gegen den Frauenberger Kegelklub Jassemänn antrat. „Der Star spielte selber eine Halbzeit mit und erzielte zwei Tore.“

So kann man es in einer Chronik nachlesen, die die Geschichte des Dorfes Frauenberg und seiner Nebenorte Oberwichterich und Irresheim nachzeichnet. Verfasst hat sie Josef Kau. Er ist seit Jahrzehnten unermüdlich und ehrenamtlich für seinen Heimatort Frauenberg im Einsatz. Seit 50 Jahren leitet er die drei Orte umfassende Dorfgemeinschaft, 56 Jahre arbeitete er im Vorstand des Sportvereins Frauenberg mit, fast die Hälfte dieser Zeit als Vorsitzender.

Ursprung liegt in der Vergangenheit

Der Ursprung des Buches liegt weit mehr als ein Jahrzehnt zurück. Kau hatte von der Irresheimer Familie Decker Unterlagen für eine Chronik erhalten, verbunden mit der Bitte, die Arbeit fortzuführen. Später kam Material hinzu, das der Frauenberger Bäckermeister Heinrich Hoffmann gesammelt hatte.

„Je mehr ich von der Ortsgeschichte erfahren habe, desto mehr begeisterte mich die Aufgabe, sie niederzuschreiben“, erklärt Kau, der für seine Arbeit ungezählte Stunden in den Archiven der Stadt und des Kreises Euskirchen verbrachte und Fotos und Informationen aus Privatbeständen zusammentrug.

Wichtige Quellen waren für den heute 82-Jährigen auch Darstellungen der Ortsgeschichte von Pfarrer Hermann Koch (1900) sowie von Theodor Zingsheim und Peter Simons (1932) und die Schulchronik des Lehrers Anton Henseler für die Jahre 1910 bis 1968. Kau wertete zudem etliche Sitzungsprotokolle des Gemeinderates, der Frauenberger Amtsvertretung und anderer Gremien aus, die für das Dörfertrio maßgeblich waren.

Eine lange Liste von Namen

Die Zahl der Grundherren, Regierungen, Verwaltungen und Politiker, die in Frauenberg das Sagen hatten, ist lang. Die Chronologie reicht vom Mittelalter und den Prümer Äbten bis ins Jahr 1969, als sich die Bevölkerung der drei Ortschaften, die zuletzt zur Großgemeinde Zülpich gehört hatten, in einem Volksentscheid zur Gemeinde-Neuordnung mehrheitlich für den Anschluss an die Stadt Euskirchen aussprach.

Am 1. Juli 1969 wurde das Amt Frauenberg aufgelöst. Während Elsig und Euenheim ebenfalls Euskirchen zugeschlagen wurden, kam die Gemeinde Dürscheven zur Stadt Zülpich. Derlei politischen Entwicklungen widmet sich Josef Kau ebenso wie dem Verkehrswesen mit Straßen und Wegen, der Geschichte der Schule, der Pfarrgemeinde und der prächtigen Kirche St. Georg, der Feuerwehr, den Auswirkungen der Kriege und den Vereinen, womit längst nicht alle Kapitel des Buches aufgezählt sind.

Polizei- und Gerichtsakten

Interessant ist auch der Blick in Polizei- und Gerichtsakten, an denen sich der frühere Umgang mit Straftätern ablesen lässt. So wurden Diebe im 18. Jahrhundert mit Rutenschlägen bestraft, manche Delinquenten kamen auch an den Pranger, „an dem die armen Sünder des Sonntags nach beendigtem Gottesdienst, an Händen und Füßen gebunden, stehen mussten und so dem Hohn der Volksmenge preisgegeben waren“.

In der Rubrik „Frauenberger Dorforiginale“ erinnert der Autor unter anderem an Josef Balduin, der in den 1930er-Jahren im Volksmund „Dä Dudejräver“ genannt wurde. Er war aber nicht nur Totengräber, sondern auch Wegewart, also verantwortlich für den Zustand der Straßen und die Pflege der Nebenanlagen. Da er gerne Korn trank, hatte Balduin immer einen „Flachmann“ dabei, eine kleine Schnapsflasche. Wenn er zu viel intus hatte, kam es vor, dass er Kritikern, die seine Arbeitsleistung bemängelten, eine Schaufel Sand ins Genick schleuderte.

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Derartige Episoden stehen beispielhaft für die Fülle an unterhaltsamem wie informativem Lesestoff, mit der Josef Kau in dem facettenreichen und großzügig bebilderten Rückblick aufwartet. Zurück zu Freddy Quinn, der mit seinen Toren zu einem 7:7-Remis in der Partie gegen die Jassemänn beitrug. Nach dem Schlusspfiff gab er Autogramme, anschließend war er bei Mitgliedern des Fanclubs zu Gast. Die Akteure der beiden Mannschaften, die sich auf dem Platz gegenüber gestanden hatten, gründeten im Jahr darauf eine Karnevalsgemeinschaft, aus der später wiederum die Karnevalsgesellschaft Bleibach hervorging.

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