Karneval und FußballFrauenbergs Prinz ist ein kickender Kaiser

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Das Frauenberger Dreigestirn posiert im Ornat vor dem Heim des Sportvereins.

Sebastian Kaiser (Spielertrainer, M.), Michael Schorn (Spieler, l.) und Oliver Rogge (Physiotherapeut) bilden in dieser Session das Frauenberger Dreigestirn.

In den Dörfern gehören Sport und Brauchtum oft zusammen. In Euskirchen-Frauenberg stellt der Sportverein das Dreigestirn.

Jeck, jecker, SV Frauenberg. Der gerne benutzte Schmähgesang „Ihr seid nur ein Karnevalsverein“ passt zum A-Kreisligisten derzeit wohl besser als zum 1. FC Köln – zumal Prinz Sebastian I. eigentlich sogar ein Kaiser ist. Und zudem noch Fan von Borussia Mönchengladbach.

„Meine Lieblingsfarbe war mal Rot. Mein Vater hat mich dann zum Spiel Leverkusen gegen Gladbach mitgenommen. Für ihn kam ein rotes Trikot aber nicht infrage. Stell dir mal vor, ich wäre jetzt Leverkusen-Fan“, sagt der Spielertrainer des SV Frauenberg und zeigt auf seine neongrünen Hosenträger mit der schwarz-weißen Raute. Ein bisschen Bökelberg, ein bisschen Gladbach ist also bei jedem Auftritt des Frauenberger Dreigestirns dabei. Der Grund: Die Hosenträger halten die Prinzenhose genau da, wo sie hingehört und befinden sich unter dem Ornat.

Spielertrainer, Trainer und Physiotherapeut

Kaiser ist aber nicht der einzige Kicker des SVF, der aktuell zwischen Fußballtrikot, Stollenschuhen und Ornat hin und her wechselt. Auch Michael Schorn alias Bauer Charly steht im Kader des A-Ligisten. Und Jungfrau Olivia (Oliver Rogge) ist Physiotherapeut beim SVF und kümmert sich um die Wehwehchen der Kicker. Also ist der SV Frauenberg gerade tatsächlich ein Karnevalsverein.

Frauenbergs Prinz Sebastian I. trägt noch seinen Fußballdress unter dem Ornat.

Fußball und Karneval: Beim SV Frauenberg verschwimmen derzeit die Grenzen. Auch für Spielertrainer Sebastian Kaiser, der als Prinz Sebastian I. die Frauenberger Jecken anführt.

Karneval und Fußball sei mitunter aber nicht leicht unter eine Narrenkappe zu bringen. So steht vor der eigenen Karnevalsparty im Festzelt ein Freundschaftsspiel auf dem Programm. 3:4 heißt es am Ende gegen den B-Ligisten SC Roitzheim. Ein Ausrufezeichen für die Rückrunde ist die Partie nicht gerade.

„Wir haben viele Verletzte, trainieren oft mit nur acht, neun Spielen“, sagt Prinz Kaiser, der ganz schnell in den Spielertrainer-Modus wechselt. Neuzugänge im Winter gebe es keine. Mit Toni Pacarada und Nico Lehner aber immerhin ein paar Jungs, die in der Rückrunde von Verletzungen zurückkehren dürften und so zwangsläufig wieder für mehr Konkurrenzkampf sorgen werden.

Frisch verheilter Kreuzbandriss

Und wie gut, dass es einen Physiotherapeut im Team und im Trifolium gibt. So kann sich Jungfrau Olivia um den frisch verheilten Kreuzbandriss des Prinzen. Und auch Schorn war schon mal schwer verletzt. Er hatte einen Achillessehnenriss. Doch die Verletzung war nicht die schlimmste Entzugserscheinung. „Ich habe mal wegen der Musik auf ein Jahr Fußball verzichtet. Das war ein grausames Jahr“, sagt Schorn, der unter anderem mit der Band Boney & the Shakers auf der Bühne steht.

Prinz Sebastian liegt in Fußballschuhen auf der Liege, Jungfrau Olivia hat eine seiner Waden in der Hand. Bauer Charly schaut zu.

Jungfrau Olivia (Oliver Rogge) ist beim SV Frauenberg für lockere Waden zuständig. Auf der Liege des Physiotherapeuten liegt Prinz Sebastian. Bauer Charly hofft, dass Olivia alles richtig macht.

Das Musiker-Dasein ruht derzeit, Instrumente werden erst nach der Session wieder rausgeholt. So ganz ohne Musik geht es bei „Schorni“ aber nicht. Die Frauenberger Tollitäten haben einen Song einstudiert, in dem sie die Corona-Pandemie beerdigen und den sie immer und immer wieder zum Besten geben.

50 Jahre Freddy-Quinn-Club

So auch in Wollersheim – ein Auftritt, den die drei Tollitäten immer wieder erwähnen. „Wir kannten dort keinen. Da fragt man sich schon, wie man ankommt, wie die Jecken auf einen reagieren“, gibt Prinz Sebastian I. einen Einblick ins Seelenleben. Doch alle Sorgen waren unbegründet. Das Dreigestirn eroberte nicht nur in Wollersheim die Herzen im Sturm.

Und sie lassen die Jecken mitunter auch mit dem Kopf schütteln. So fand Bauer Charly ausgerechnet bei der Standquartiereröffnung sein Ornat nicht mehr und sorgte somit schon für reichlich Gesprächsstoff, bevor die Session überhaupt Fahrt aufgenommen hatte. Das Ornat ist zwischenzeitlich wieder aufgetaucht. Wo es war? „Das bleibt ein Geheimnis“, sagt Bauer Charly augenzwinkernd.

Sebastian Kaiser zeigt seine Borussia-Mönchengladbach-Hosenträger.

Borussia Mönchengladbach ist beim Prinzen immer dabei.

Kein Geheimnis ist, dass die drei Tollitäten jede Sekunde ihrer Regentschaft genießen. „Das macht schon ein bisschen süchtig. Aber es ist auch anstrengend“, sagt Schorn alias Charly. Den Namen hat der Offensivspieler des SVF bewusst gewählt. „Mein Vater Karl hat den Freddy-Quinn-Club mitbegründet, der im Corona-Jahr sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. Einen besseren Zeitpunkt, in Frauenberg im Dreigestirn zu sein, gibt es für mich nicht“, so Schorn.

18 Paletten voll mit Wanduhren

Auch Jungfrau Olivia ist der Spaß an der Freude anzumerken. „Es ist ein tolles Gefühl, Teil eines so großartigen Teams zu sein. Mit den beiden Chaoten an meiner Seite konnte es nur gut werden. Und es ist gut geworden.“ Noch mal eine Session warten wäre für die Jungfrau aber nicht drin gewesen. Der Grund: Während der Corona-Pandemie brachte seine Freundin Nachwuchs zur Welt.

Marcel Kaiser (im Trikot) hilft seinem Bruder Sebastian ins Ornat.

Anziehen in der Kabine: Marcel Kaiser (l.) hilft seinem Bruder Sebastian ins Ornat.

Dass der Karneval in Frauenberg mitunter aber auch ein bisschen aus dem Ruder laufen kann, weiß Schorn nur zu gut. Vor wenigen Wochen rief sein Trainer und Prinz nämlich an und fragte, ob er noch ein bisschen Wurfmaterial unterstellen könne. Was Bauer Charly nicht wusste: Prinz Sebastian I. hatte einen Sattelschlepper mit Wanduhren auf einer Internetplattform gekauft. Und 18 Paletten müssen erst mal untergebracht werden.

Ein Teil der Wanduhren sei mittlerweile an andere Tollitäten weiterverkauft worden. Aber es würden auch noch zahlreiche unters närrische Volk gebracht werden – schließlich geht das Trifolium samt Gefolge auf je einem eigenen Wagen in Frauenberg und zwei Tage später auch beim Rosenmontagszug in Euskirchen mit – wenn schon, denn schon.

Günstig sei der Spaß an der Freude aber nicht. Allein die Gema-Gebühr für den Zug in Frauenberg betrage 800 Euro, sagt Prinz Sebastian I. Der Preis für einen Wagen habe sich in der Corona-Pandemie verdreifacht. Letztlich habe man aber einen Wagen von den Eueme Trööte zur Verfügung gestellt bekommen. So konnte ein bisschen Geld gespart werden. Woran nicht gespart wird: am Karneval, denn der ist nur einmal im Jahr.

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