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HerbststurmIn den Euskirchener Kreisligen fielen an einem Spieltag 200 Tore

8 min
Ein Fußballspieler im blauen Triktot liegt am Boden und spielt einen Ball weg, den der Spieler im weißen Trikot so nicht mehr erreichen kann.

Duell der Kevins: Dom-Eschs Kevin Viltz grätscht den Ball fair vor Wißkirchens Kevin Kovalenko ins Aus. 

Ein turbulenter Spieltag liegt hinter den Kreisligisten. Mit im Schnitt 5,7 Treffern pro Spiel wurde den Zuschauern einiges geboten.

Es ist Herbst. Die Blätter fallen von den Bäumen – und reichlich Tore in der Kreisliga. 197 Treffer wurden in den Partien der Männer alleine am Wochenende erzielt. Rechnet man die vorgezogene Begegnung vom Donnerstag zwischen Ülpenich-Nemmenich-Elsig II und Satzvey hinzu, kommt man sogar auf runde 200 Tore, verteilt auf 35 Spiele. Macht 5,7 Treffer pro Partie.

Da passte das Spiel zwischen dem Euskirchener TSC und dem SSV Weilerswist II so wenig ins Bild wie ein Glühwein im Hochsommer. Beide Mannschaften trennten sich torlos. Doch Fußball stand bei der Partie eh nicht so im Vordergrund. Vor einigen Wochen war ein Spieler des ETSC gestorben. Die Euskirchener hatten daraufhin die Gegner gebeten, die Spiele zu verschieben. Diesem Wunsch waren alle Beteiligten nachgekommen. Und so begann die erste Partie nach der Unterbrechung mit einer Schweigeminute. Auf dem Platz entwickelte sich ein Duell, das intensiv geführt wurde, in dem aber keine Tore fielen.

Ein gelernter Torwart trifft zum späten Ausgleich

Eine bemerkenswerte Schlussphase legte der SC Roitzheim aufs Parkett, das in dem Fall der rutschige Rasenplatz in Metternich war. Die Gastgeber führten bis zur 92. Minute mit 3:1. Franziskus Spies von Büllesheim, Oleksandr Hranytskyi und Florian Corsten hatten die zwischenzeitliche 3:0-Führung herausgeschossen. Nils Helmsen verkürzte in der 69. Minute für den A-Liga-Absteiger.

Als sich der SVM schon geistig mit einem kalten Bier vor dem offenen Kamin sitzen sah, fegte der SCR wie ein Herbststurm über den Platz. Lukas Rieve traf in der 92. Minute zum 2:3, Marcel Krings vier Minuten später zum Ausgleich. Das Besondere: Krings ist gelernter Torwart, kickt in dieser Saison aber vermehrt im Feld.

Empfehlung von Trainer Dieter Höller: Augenarzt statt Fußballplatz

Sieben Treffer sahen die Zuschauer in Dom-Esch. Wenn es nach TuS-Trainer Dieter Höller gegangen wäre, hätten sie die Zeit auf dem Sportplatz besser nutzen sollen – obwohl seine Mannschaft deutlich gewann. Laut Höller hätten sich die Zuschauer zumindest in den ersten 45 Minuten einen Termin beim Augenarzt machen sollen.

Nach dem Seitenwechsel wurde es deutlich besser und ansehnlicher, was der TuS auf den Rasen brachte. Deutlich mit 6:1 schlugen die Dom-Escher schließlich die Reserve des SC Wißkirchen. „Nach dem Pausenpfiff sah es zumindest nach Fußball aus“, so Höller. Die Tore für den TuS markierten Jan Thelen (2), Kevin Viltz und Daniel Zolfaghari (2). Hinzu kam ein Eigentor von Nico Lehner. Der zwischenzeitliche Ausgleich, der am Ende jedoch nur zum Ehrentreffer wurde, gelang Max Sauer.

Der seltsame Nachmittag für Felix Röhl vom SV Bronsfeld

Einen durchaus seltsamen Nachmittag erlebte Felix Röhl. Der Akteur des SV Bronsfeld schoss alle Treffer seines Teams, also drei. Der Hattrick reichte aber nicht, weil die SpVg Nöthen-Pesch-Harzheim III mit Philippe Meurer, Kevin Weber, Gamito Manhembue und Felix Keischgens die One-Man-Show Röhls im Kollektiv kompensierte und die Bronsfelder mit einer 4:3-Niederlage im Gepäck nach Hause schickte.

Da viele Spiele wegen der Winterzeit früher angepfiffen werden, ist man nun nah dran am High Noon. Vielleicht hatten deshalb einige Kreisliga-Spieler versucht, den eigenen Strafraum zur gesetzlosen Zone zu deklarieren. Brachte ihnen aber nicht so viel: Elf Treffer per Strafstoß wurden am Wochenende erzielt, zudem wurde in der Partie Sportfreunde Wüschheim-Büllesheim gegen die SG Bürvenich/Schwerfen ein Elfer verschossen. Allein in der Partie zwischen der SG Keldenich/Scheven und dem TSV Schönau III zeigte der Schiedsrichter dreimal auf den Punkt.

Pfeif doch selbst: Stefan Rempel hat auf dem Platz eine neue Perspektive

Vor rund drei Jahren verletzte sich Stefan Rempel bei einem Spiel schwer an der Schulter, eine Operation war erforderlich. Während der Genesungsphase reifte der Entschluss, den Schiedsrichterlehrgang zu absolvieren. Da der Beruf keine langen Ausfallzeiten zulässt, entstand die Idee, im Falle einer erneuten Verletzung zumindest als Schiedsrichter weiterhin auf dem Platz stehen zu können

Der frühere Stürmer Stefan Rempel ist nun Schiedsrichter.

Der frühere Stürmer Stefan Rempel ist nun Schiedsrichter.

Diese Entscheidung stellte sich später als richtig heraus: In der vorletzten Saison zog sich Rempel im Trikot des SSV Lommersum bei einem Foulspiel einen Fußbruch zu. Seitdem ist ein schmerzfreies Spielen nicht mehr möglich, so dass er nun hauptsächlich als Schiedsrichter aktiv ist. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm ein Satz eines Unparteiischen: „Wenn du meinst, du kannst es besser, dann mach den Lehrgang und pfeif selbst.“ Gesagt, getan. „Heute kann ich behaupten, dass ich es tatsächlich besser kann als der Schiedsrichter von damals“, so Rempel.

Aus der neuen Perspektive sei ihm mehrfach deutlich geworden, wie anspruchsvoll die Arbeit sei: „Entscheidungen müssen in Bruchteilen von Sekunden getroffen werden – ob es sich um ein Foul handelt oder ob der Ball mit vollem Umfang im Aus war. Die Regeln sind komplexer, als es einem reinen Spieler bewusst ist.“ Und etwas Entscheidendes musste Rempel auch schon erfahren: „Am Ende gilt immer noch: Der Schiedsrichter ist sowieso schuld.“

Acht Treffer im turbulenten Spitzenspiel

Die Reserve der TuS Mechernich hat eine beeindruckende Geschichte – auch wenn sie nun gegen den RSV Arloff-Kirspenich die erste Saisonniederlage kassiert hat und damit die Tabellenführung genau an jenen RSV abgeben musste.

Angefangen hat die Mannschaft von Trainer Frederik Will als Freizeitmannschaft, die sich auch mal im Liga-Alltag beweisen wollte. Einen Heimathafen fand das Team bei der TuS Mechernich. Und nun schickt sich die Reserve an, wieder in die Kreisliga B aufzusteigen. Übernommen hat Will die Mannschaft in der Corona-Saison. Es folgte ein Aufstieg und ein Abstieg. Nun soll es wieder eine Liga höher gehen – auch wenn intern das Saisonziel „oben mitspielen“ ausgerufen wurde. Wer aber von den ersten acht Spielen acht gewinnt, kann die Favoritenrolle wohl nicht mehr ablehnen – auch wenn der RSV nach dem 5:3-Erfolg nun ebenfalls als Favorit für den Aufstieg gilt.

Der Höhenflug von Mechernichs Fabrice Stallzus

Einen gehörigen Anteil am bisherigen Höhenflug hat Fabrice Stallzus, der bereits 25 Scorerpunkte gesammelt hat – zumindest vor dem Spitzenspiel gegen den RSV Arloff-Kirspenich. Auch nach der Partie hat sich an dieser Ausbeute nichts verändert, weil Stallzus im Spitzenspiel weitestgehend blass blieb.

Die TuS-Reserve ist aber weit mehr als nur Stallzus. Bereits 15 verschiedene Spieler haben sich in die Torschützenliste eingetragen. „Das kommt nach sieben Spielen wohl auch nicht allzu häufig vor“, sagt der Übungsleiter, der sein Engagement an der Seitenlinie so erklärt: „Damals wurde ein Vortänzer gesucht. Dann habe ich mich gemeldet.“ Mittlerweile ist aus dem Vortänzer die Prima Ballerina des schwarz-roten Reserve-Balletts geworden.

Fußballer Fabrice Stallzus aus Mechernich schaut einem Ball hinterher. Der Torwart im gelben Trikot ist von hinten zu sehen.

Blieb diesmal blass: Mechernichs Fabrice Stallzus.

„Die Mannschaft macht die Mischung aus. Sie ist noch recht jung, hat mit Sven Lepartz oder Kai Langer auch Akteure, die sich schon mehrfach in der Bezirksliga bewiesen haben“, so der Coach, der den großen Trainingseifer seiner Schützlinge lobt. Zweimal pro Woche seien mindestens 15 Akteure auf dem Platz. Das fördere nicht nur den Konkurrenzkampf, sondern mache auch die Trainingsgestaltung einfacher. „Die Jungs sind wissbegierig, und es mag abgedroschen klingen, aber jeden Sonntag stehen da elf Freunde auf dem Platz“, so der Coach, der mit dem Team den gestrigen Gegner vor einer Woche noch beobachtet hatte.

„Die Idee kam aus der Mannschaft. Danach waren wir noch gemeinsam ein Schnitzel essen. Dabei wurde wieder über Fußball geredet. Die Jungs leben das Hobby einfach“, sagt Will. Nicht nur bei dieser Beobachtung dürfte aufgefallen sein, dass der RSV im Vergleich zur Vorsaison aufgerüstet hat und verbessert daherkommt. Neben der TuS ist die Mannschaft von Spielertrainer Sven Gräbe, der auch eine TuS-Vergangenheit hat, der andere große Aufstiegsfavorit – zumal die ersten beiden Teams am Ende der Saison aufsteigen werden.

Die Arloffer Fans feierten ihre Mannschaft

Ein wichtiger Faktor: Tim Busch. Der Stürmer kommt nach dem Spitzenspiel auf 16 Treffer und liegt damit an zweiter Stelle der Torjägerliste. Busch drückte der Partie bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung auf dem Kunstrasen am Mechernicher Schulzentrum den Stempel auf. Bereits nach zehn Sekunden erzielte der RSV-Stürmer das 1:0. Die Antwort der TuS ließ nicht lange auf sich warten: Nach der dritten Ecke in Folge markierte Mahmoud Yassine den Ausgleich.

Nach Vorarbeit von Busch ging der RSV durch Julian Oetz vor der beachtlichen Kulisse von mehr als 100 Zuschauern erneut in Führung. Busch selbst markierte anschließend per Freistoß aus 25 Metern das 3:1. Noch vor dem Seitenwechsel war es Niklas Eßer, der nach einem Standard aus kurzer Distanz verkürzte, doch Niklas Dahlem stellte noch vor dem Pausenpfiff auf 4:2.

Nach der Pause gelang der TuS ein Traumstart: In der 48. Minute war es Amon Krämer, der die Partie wieder spannend machte. Mehr war an diesem Tag aber nicht drin. Die TuS leistete sich zu viele Ungenauigkeiten und war vor dem Tor zu wenig zwingend. Als dann Niklas Dahmen einen Konter traumhaft sicher zum 5:3 abschloss, war die Partie in der 88. Minute entschieden.

Entsprechend hallten anschließend die „Spitzenreiter, Spitzenreiter!“-Sprechchöre der Arloffer Fans durch die ansonsten stille Runde des Mechernicher Sportplatzes. Spannend dürfte nun werden, wie der RSV die Verletzungen von Busch und Spielertrainer Sven Gräbe in naher Zukunft kompensieren will. Gräbe hat sich nach eigenen Angaben vor einer Woche einen Kreuzbandriss zugezogen, verspürt derzeit aber keine Schmerzen.