Erst vor wenigen Wochen feierte der Verein sein 100-jähriges Bestehen. Doch die Abgänge beim SC Wißkirchen waren nicht zu kompensieren.
Fußball-BezirksligaDer SC Wißkirchen zieht seine erste Mannschaft zurück

Jubeln künftig gemeinsam für Bessenich: Oliver Schäfer (v.l.), Kaloyan Petrov und Erjon Hoxhaj.
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Es ist erst wenige Wochen her, als beim SC Wißkirchen alles in bester Ordnung zu sein schien. Zunächst schafften sowohl die Herren- als auch die Damenmannschaft den hart erkämpften und entsprechend bejubelten Klassenerhalt in der Bezirksliga, ehe kurz darauf das 100-jährige Vereinsbestehen im großen Stil gefeiert wurde.
Nicht einmal einen Monat später hat sich das schöne Stimmungsbild grundlegend verändert: In einer Pressemitteilung gab der Vorstand des SCW jetzt bekannt, dass der Klub seine erste Herrenmannschaft aus der bereits laufenden Spielzeit zurückziehen und damit neben den Damen, die weiter in der Bezirksliga spielen, lediglich mit einem Team in der Kreisliga B antreten wird. Der simple Grund für den plötzlichen Rückzug: Es stand schlichtweg nicht mehr genügend qualifiziertes Personal zur Verfügung.
Abwanderungswelle der Stammkräfte nahm im Frühjahr ihren Anfang
„Aufgrund zahlreicher unerwarteter Abmeldungen und der Unmöglichkeit, diese Lücken mit Spielern auf gleichem Leistungsniveau zu füllen, hat sich der Vorstand zu diesem Schritt entschieden“, bedauerte Präsident Detlef Küpper und warb gleichzeitig um Verständnis bei Fans und Mitgliedern. Doch wie konnte es dazu kommen, dass dem in der Rückrunde unter Horst Bartz und Ralf Leyendecker so erfolgreichen Aufgebot, das sich nur dank großer Kraftanstrengungen für seine dritte Bezirksligasaison in Folge qualifiziert hatte, nahezu alle Stammkräfte abhandenkamen?

Auf die Unterstützung der Zuschauer konnte sich der SC Wißkirchen in seiner Bezirksliga-Zeit immer verlassen.
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Bleibt dem Verein als Trainer der Frauen erhalten: Horst Bartz.
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Ihren Anfang nahm die in letzter Konsequenz nicht mehr zu kontrollierende Abwanderungswelle bereits im Februar, als Stammkeeper Jan Beyers und Defensivspezialist Ben Reimann ihren Abschied Richtung TuS Zülpich bekanntgaben. Der ohnehin nicht üppig besetzte Kader schrumpfte in den folgenden Monaten weiter. So machte Torjäger Deniz Isitmen seinen geplanten Wechsel zum SV Kurdistan Düren publik. Die von Teammanager Frank Marwitz sowie dem designierten Übungsleiter Marcel Timm unternommenen Anstrengungen, den Goalgetter vom Bleiben zu überzeugen und parallel dazu (den Anforderungen genügende) Neuzugänge nach Wißkirchen zu locken, waren nicht oder nur teilweise von Erfolg gekrönt – die zu dieser Phase noch ungeklärte Frage nach der Ligazugehörigkeit machte es den handelnden Personen zusätzlich schwer.
Eigendynamik nach dem Rückzug von Ben Decker und Finn Modler
„Im Falle des Abstieges wären ohnehin alle Spieler weg gewesen. Aber auch nach dem Klassenerhalt bildete sich bei den verbliebenen Akteuren die Meinung, dass sie unter den aktuellen Bedingungen nicht weitermachen wollen“, berichtete Küpper. Als Ende Juni auch Ben Decker und Finn Modler ihren Rückzug verkündeten, habe sich eine Eigendynamik entwickelt, die nicht mehr aufzuhalten gewesen sei. „Von den 15 Abmeldungen waren etwa zehn bis zwölf Stammspieler. Es ist ein Wahnsinn, diesen Qualitätsverlust aufzufangen“, weiß Marcel Timm, der mit Frank Marwitz alle Hebel in Bewegung setzte, um das drohende Unheil doch noch abzuwenden – vergeblich.
Denn die allerletzte Hoffnung, vom Rückzug des SV Vorgebirge aus der Bezirksliga-Staffel 2 profitieren zu können und noch einige gute Kicker für den SCW zu gewinnen, zerschlug sich ebenfalls. Danach zog der Verein die Reißleine und teilte dem Coach und der Mannschaft, die bereits dreimal gemeinsam trainiert hatten, mit, dass es kein drittes Bezirksligajahr in Wißkirchen geben wird. „Wenn es mit den Neuzugängen von Vorgebirge geklappt hätte, wäre es einen Versuch wert gewesen. So aber fehlte dem Team die Wettbewerbsfähigkeit“, erklärte Küpper, der mit den Vorstandskollegen frühzeitig Beschlüsse gefasst hatte, unter welchen Umständen man das Projekt stoppt.
Wie es mit Trainer Marcel Timm weitergeht, wird noch besprochen
Wie geht es nun für die betroffenen Fußballer weiter? „Alle Spieler erhalten von uns die Freigabe, wenn sie höher spielen möchten“, kündigt der erste Vorsitzende an. Wie und ob die Zusammenarbeit mit Marcel Timm fortgesetzt wird, werde ein Gespräch in der kommenden Woche klären. Alles andere als ein Abschied des mit großen Erwartungen und enormer Vorfreude in die Vorbereitung gestarteten Trainers wäre jedoch eine Überraschung.
Ungeachtet dieser Entscheidung kündigt Küpper eine Neuausrichtung des SC Wißkirchen an: „Die demografischen Auswirkungen sind nicht zu übersehen, und der Verein muss sich diesen Gegebenheiten anpassen. Der Fokus soll künftig auf der langfristigen Jugendarbeit liegen, um die Substanz für einen erfolgreichen Verein zu schaffen.“ Als Vorbild nennt Küpper die JSG Erft 01, deren Ausrichtung eine dauerhafte Erfolgsaussicht biete.
Davon abgesehen stehe das funktionierende Miteinander beim SCW an oberster Stelle und der Verein mit seiner Bedeutung für den Ort und seinen zahlreichen Mitgliedern insgesamt gut da. „Im Jugendbereich haben wir mit Kevin Greuel und bei den Damen mit dem neuen Trainer Horst Bartz außerdem sehr kompetente Leute in führenden Positionen. Der SC Wißkirchen besteht ja nicht nur aus einer ersten Herrenmannschaft“, stellt Küpper klar.