VerkehrswendeFällt Zuschlag für Taxi-Bus-Plus im Kreis Euskirchen weg?

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173 311 Fahrgäste nutzten vor drei Jahren den Taxi-Bus-Plus. In den Folgejahren ging die Zahl zurück.

173 311 Fahrgäste nutzten vor drei Jahren den Taxi-Bus-Plus. In den Folgejahren ging die Zahl zurück.

Kreis Euskirchen – 26 Mal um die Welt. Mehr als eine Million Kilometer mit genau 173.311 Fahrgästen legte der Taxi-Bus-Plus nach Angaben der Kreisverwaltung vor drei Jahren zurück. Dann kamen die Corona-Pandemie und die Flut. Die Folge: Die Nachfrage nach dem Bedarfsverkehr, wie der Kreis das Angebot nennt, ging auf 110.566 Fahrgäste im vergangenen Jahr zurück. In diesem Jahr nutzten laut Verwaltung bereits mehr als 85.000 Menschen den Taxi-Bus-Plus, der modern als „On-Demand-Angebot“ bezeichnet werden kann.

Auf Nachfrage – also on demand – verkehrt der Taxi-Bus-Plus auf einem festen Linienweg von Haltestelle zu Haltestelle. Der Taxi-Bus-Plus kommt flächendeckend im Kreis Euskirchen – ausgenommen ist die Kreisstadt Euskirchen – zum Einsatz. Er verkehrt dort, wo eine stete Nachfrage nach dem Angebot besteht, sich ein reguläres Busangebot jedoch wirtschaftlich nicht lohnen würde. Daher erschließt der Taxi-Bus-Plus auch die kleineren Ortschaften und bindet diese an den überregionalen Bus- und Bahnverkehr an.

Finanzierung über mehrere Schienen

Die Finanzierung erfolgt über Fahrgeldeinnahmen sowie Zuschüsse und liegt im Verantwortungsbereich des Kreises Euskirchen. Für die Fahrt mit dem Taxi-Bus-Plus wird ein gültiges Bus- oder ÖPNV-Ticket für die Strecke benötigt. Zusätzlich wird ein Zuschlag von 1,20 Euro für Erwachsene und 50 Cent für Kinder für eine Fahrt erhoben.

Die Zuschläge will die SPD nun kippen. Einen entsprechenden Antrag werden die Sozialdemokraten im nächsten Ausschuss für Planung, Nachhaltigkeit und Mobilität einbringen. „Wenn wir wollen, dass Menschen öfter mal auf das Auto verzichten und dafür den Bus nehmen, dann müssen wir auch die Hürden dafür senken. Andernfalls wird das nichts mit der Mobilitätswende“, sagt Thilo Waasem, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion.

Geschichte

Die erste Fahrt des Taxi-Busses gab es im Jahr 2002. Seit 2006 müssen nach Angaben der Kreisverwaltung Nutzer einen Zuschlag von einem Euro zahlen – ein gültiges ÖPNV-Ticket war auch damals schon notwendig.

Zwischen 2014 und 2018 wurden nach und nach das Anrufsammeltaxi (AST) und der Taxi-Bus zum Taxi-Bus-Plus. Seitdem beträgt der Zuschlag pro Fahrt 1,20 Euro für Erwachsene. 

Der Zuschlag für das AST betrug im Jahr 2018 laut Kreis 2,80 Euro pro Fahrt. Seit 2017 gibt es ein Zuschlagsmonatsticket für 19,60 Euro. (tom)

Nach Angaben der Kreisverwaltung betrugen die Einnahmen über den Zuschlag für den Taxi-Bus-Plus vor zwei Jahren 87 000 Euro. 2019 waren es laut Kreis 140 000 Euro. Sollte der mögliche Wegfall des Zuschlags zu einer Steigerung der Nachfrage von zehn Prozent führen, wären das der Verwaltung zufolge Mehrkosten von 350 000 Euro pro Jahr.

Sollte die Nachfrage sogar um 20 Prozent steigen, bedeutet das nach Angaben der Kreisverwaltung Mehrkosten in Höhe von 570 000 Euro im Jahr. „Dass sich die Bürgermeister um die Einnahmeausfälle sorgen, kann ich verstehen, aber die Verkehrswende gibt es nicht für lau“, sagt der Bad Münstereifeler Waasem.

Waasem ärgert sich über Totschlagargumente

Die Verwaltung empfiehlt in der entsprechenden Vorlage, eine Haushaltsbefragung, die im September durchgeführt werden soll, abzuwarten. Auch die Entwicklung rund um das Neun-Euro-Ticket sollte aus Sicht der Verwaltung abgewartet werden, um dann erneut zu beraten.

„Mit solchen Argumenten lässt sich alles bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag schieben“, so Waasem, der sich wünscht, dass die Buchung des Taxi-Bus-Plus moderner wird – beispielsweise mithilfe einer App.

Taxi-Bus für Touristen attraktiv

Die Verwaltung sagt aber auch, dass ein Wegfall des Zuschlags den Taxi-Bus-Plus für Touristen attraktiver machen würde, da diese den zu zahlendenden Zuschlag oftmals nicht kennen würden. Im Rhein-Sieg-Kreis sowie im Rheinisch-Bergischen Kreis gibt es keinen Zuschlag für den Taxi-Bus. Da bildet der Kreis eine Ausnahme.

Die Bürgermeister hingegen setzen zunächst vor allem auf eine bessere Vermarktung des Taxi-Bus-Plus. Zudem wolle man auch in den Kommunen die Haushaltsbefragung abwarten, heißt es in der Vorlage, die aus der Bürgermeisterkonferenz vom 10. Juni zitiert.

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Ute Stolz, Fraktionsvorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, steht der Idee aufgeschlossen gegenüber. „Die Idee ist auch bei den anderen Fraktionen vorhanden, aber unter dem Finanzierungsvorbehalt“, sagt Stolz stellvertretend für UWV und FDP, die mit der CDU eine Liste im Kreistag haben. Einen entsprechenden Prüfantrag an die Verwaltung habe der Arbeitskreis ÖPNV erteilt.

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