"Mer sin widder do"Euskirchens Innenstadt feiert Wiedereröffnung

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Stadtfest Euskirchen

Das Motto des Wiedereröffnungstages auf den Asphalt gemalt: „Mer sin widder do“.

Euskirchen – „Mer sin widder do!“ lautete das Motto der Wiedereröffnungsfeier am Samstag in Euskirchens Innenstadt. In der Fußgängerzone zwischen Bahnhofstraße, Neustraße, Klosterplatz und Altem Markt präsentierten sich Vereine, Initiativen und die Feuerwehr, Einzelhändler und Filialisten hatten den „roten Teppich“ für ihre Kunden ausgerollt.

Das Motto des Tages wurde gegen Mittag „von oben“ bestätigt: Erst leichter, dann beständiger und stärker werdender Nieselregen fiel aus diesig grauem Himmel auf Euskirchens Fußgängerzone. Regen – auch er war „widder do“. Andererseits vermochte das Nass von oben nicht so recht Feierstimmung aufkommen lassen. Erst zögerlich füllten sich Neustraße und Nebenstraßen, anders der Eindruck in vielen Straßencafés: Die Tische waren unter schützenden Sonnen- oder Regenschirmen schnell gut besetzt.

Feuerwehr mit Geräten und Fahrzeugen vor Ort

Am Klosterplatz wiederum war Wasser ohnehin das Thema: Die Feuerwehr Euskirchen hatte Geräte und Fahrzeuge aufgebaut, „die allesamt einen Flutbezug haben“, so Markus Neuburg, stellvertretender Wehrleiter. Allein sieben Fahrzeuge haben die Retter und Löscher in der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli und am Tag danach verloren.

Stadtfest Euskirchen-Omas gegen Rechts

„Omas gegen Rechts“ und Euskirchener Drehorgelspieler empfingen die Besucher in der Euskirchener Fußgängerzone.

Für rund drei Millionen Euro musste komplett oder in Bauteilen neu beschafft werden, was jetzt auf dem Klosterplatz zum Teil ausgestellt wurde: die – natürlich voll ausgefahrene – 30-Meter-Drehleiter, eines von drei Hilfeleistungsfahrzeugen, ein Mannschaftstransportfahrzeug oder auch ein Kommandowagen. Anderes kam vor allem an der Staumauer der Steinbachtalsperre, danach an der abgesackten Kiesgrube in Erftstadt-Blessem zum Einsatz: ein Hochdruck-Wasserförderzug des Katastrophenschutzes des Landes Nordrhein-Westfalen.

Eine Ecke weiter war die Steinbachtalsperre ebenfalls Thema, jetzt unter dem Aspekt ihrer Wiedernutzbarmachung. Am Stand der Bürgerinitiative (BI) Pro Steinbachtalsperre informierten Klaus Roitzheim und Axel Wattermann aus Kirchheim mehr oder weniger pausenlos über die Ziele ihrer BI: Die derzeitige Scharte im Damm der Staumauer, als Präventionsmaßnahme zum Staumauerschutz eingebaut, soll möglichst schnell mit einem regulierbaren Abflussbauwerk geschlossen werden. „Wir brauchen die Talsperre so, wie sie vorher war. Als Brauchwasserspeicher für die Landwirtschaft, als Löschwasserreservoir und als Retentionsfläche bei Hochwasser“, appellierte Axel Wattermann.

Wiedereröffnungs-Shoppen auf Neustraße in Euskirchen

Nach so viel Information zum Thema Flutbekämpfung und Hochwasserschutz ging es auf der Neustraße dann um das eigentliche Wiedereröffnungs-Shoppen in den Geschäften der Fußgängerzone. Dabei ist noch einiges zu tun, Handwerker waren selbst an diesem besonderen Verkaufstag noch in dem einen oder anderen Geschäftshaus bei der Arbeit.

Stadtfest Euskirchen-Radmacher und Klinkenberg

Spielten in der Neustraße Coverversionen bekannter Musikstücke wie von den Rolling Stones: Franz Radmacher (l.) und Bert Klinkenberg.

„Jedenfalls können die Euskirchener stolz darauf sein, dass sie schon so weit gekommen sind.“ Charlie Breuer aus Kuchenheim fand auf dem Alten Markt die Idee des Wiedereröffnungsfestes, das eher eine Art Zwischenbilanz des Wiederaufbaus nach der Flut ist, einfach „gut“. Er und Ehefrau Lisa gingen gerne an der Mittelahr wandern, „und was sie da etwa in Ahrweiler oder Sinzig sehen – da sind die von dem in Euskirchen noch weit entfernt“. Die Kirchheimer hatten ein befreundetes Ehepaar aus Spanien mitgebracht, Tomás und Pilar Vazques, das Quartett hörte sich gerade Livemusik auf dem Alten Markt an. Tomás stimmte zu: Man habe die Flutbilder im Fernsehen gesehen. Ein solches Fest mache den Menschen Mut, so Tomás. Wie bestellt gab da auch Jürgen Bönsch, der mit Kumpel Jan-Philipp Röser ein in Euskirchen bekanntes Singer-Songwriter-Duo bildet, von der Bühne seinen Kommentar ab: „Mer sin widder do – wer hätte denn gedacht, dass wir nach einem Jahr schon wieder so weit sind?“

Euskirchens Fußgängerzone erhält neues Gesicht

Das konnten am frühen Nachmittag einige hundert Meter weiter die Neustraße hinauf Richtung Wilhelmstraße Franz Radmacher und Bert Klinkenberg, wie Röser und Bönsch gebürtige Euskirchener, nicht hören. Sie sorgten aber ebenfalls für Musik. Das Gitarrenduo nennt sich als Wortspiel „„Two old“, aber nicht für gute Musik, so die 60- und 59 Jahre alten Musiker. Sie haben sich dem Covern der „schönen, vergessenen Lieder“ aus den 1960er- bis 1980er-Jahren verschrieben. „Sympathy for the devil“ von den Rolling Stones, „Mrs. Robinson“ von Simon & Garfunkel, „Carpet Crawlers“ von Genesis zum Beispiel. Auch sie spielten angesichts des Nieselregens vor eher vorbeihastenden Passanten.

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Mehr Aufmerksamkeit bekam Bodenständiges auf dem Notasphalt im oberen Bereich der Neustraße: Die Verfüllung eines größeren Flutschadens im Pflaster der Fußgängerzone ist hier mit einem bunten „Mer sin wider do“ und Blumen bemalt. Das Motto des Tages als temporäre Straßenmalerei. Denn bald wird es wie auch der alte Straßenbelag entfernt und ein neues Pflaster verlegt. Euskirchens Fußgängerzone erhält dann ein neues Gesicht.

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