Nach Nötigung17-Jähriger handelte vermutlich aus Notwehr – Ermittlungen um toten Euskirchener

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Die Aufschrift „Landgericht Düsseldorf“ steht am Gebäude des Landgerichts. (Symbolbild)

Die bisherigen Ermittlungen hätten ergeben, dass der Jugendliche vermutlich in Notwehr gehandelt habe, sagte jetzt der Düsseldorfer Staatsanwalt Markus Klein. (Symbolbild)

Euskirchener starb durch einen Messerstich in den Hals – der 17-Jähriger beruft sich nun auf Notwehr.

Der 17-Jährige, der kurz vor Weihnachten in Dormagen einen 33 Jahre alten Euskirchener erstochen hat, wird aller Voraussicht nach nicht vor Gericht angeklagt. Die bisherigen Ermittlungen hätten ergeben, dass der Jugendliche vermutlich in Notwehr gehandelt habe, sagte jetzt der Düsseldorfer Staatsanwalt Markus Klein auf Anfrage dieser Zeitung. Deshalb sei zum jetzigen Zeitpunkt der Ermittlungen davon auszugehen, dass das Verfahren eingestellt werde.

Der Mann aus Euskirchen, der der Polizei wegen Drogendelikten bekannt war, war am 21. Dezember 2022 gegen 23 Uhr schwer verletzt im Keller eines Mehrfamilienhauses in der Krefelder Straße in Dormagen (Rhein-Kreis Neuss) aufgefunden worden. Der herbeigerufene Notarzt konnte nichts mehr für ihn tun. Der 33-Jährige starb noch vor Ort, laut Obduktion an den Folgen eines Messerstichs in den Hals.

Ermittlungen der Behörden: Notwehr-Version des 17-Jährigen glaubwürdig

Am 27. Dezember – die Polizei hatte eine Mordkommission gebildet – meldete sich der 17-Jährige über seinen Rechtsanwalt bei den Ermittlern, um zu dem Geschehen auszusagen. Demnach hatte ihn der Euskirchener in den Keller des Hauses geführt und ihn dort bedroht. Im Zuge dessen habe er, so der Jugendliche weiter, ein Messer gezogen und seinem Gegenüber einmal in den Hals gestochen, „um sich zu verteidigen“, hieß es anschließend im Pressebericht der Kreispolizeibehörde des Rhein-Kreises Neuss. Der 17-Jährige blieb auf freiem Fuß.

Wie Staatsanwalt Klein jetzt erklärte, belegen die bisherigen Ermittlungen der Behörden, dass die Notwehr-Version des 17-Jährigen glaubwürdig ist. Nach Kleins Darstellung kannten sich das Todesopfer und der 17-Jährige, und zwar über einen Mann, dessen Lebensgefährtin in dem Mehrfamilienhaus in der Krefelder Straße wohnte.

Möglicherweise könnten Drogengeschäfte eine Rolle gespielt haben.
Markus Klein, Staatsanwaltschaft Düsseldorf

Während der gemeinsame Bekannte sich bei der Frau aufgehalten habe, seien die beiden auf Drängen des Euskircheners in den Keller gegangen. Zum Grund, so der Staatsanwalt weiter, habe der 17-Jährige sich in den Vernehmungen nicht eindeutig geäußert. „Möglicherweise könnten Drogengeschäfte eine Rolle gespielt haben“, sagte Klein. Für diese These spreche etwa, dass in dem Keller ein Pulver und eine Gasmaske zum Strecken von Kokain entdeckt worden seien.

Euskirchener habe 17-Jährigen vermutlich erniedrigen wollen

Der Staatsanwalt schilderte unter Berufung auf die Aussagen des 17-Jährigen Details des Geschehens im Keller. So habe der Euskirchener dem Jugendlichen gesagt, er solle seine Jacke ablegen, und ihn dann aufgefordert, sich vollständig auszuziehen. „Das sollte offenbar der Erniedrigung des Geschädigten dienen“, sagte Klein.

Der Euskirchener habe selbst Handschuhe angezogen – für den 17-Jährigen, der die Methoden des 33-Jährigen gekannt habe, das Zeichen dafür, dass er verprügelt werden sollte. Schließlich habe der Euskirchener sich so vor die Tür des Kellerraums gestellt, dass dem Jüngeren der Fluchtweg versperrt gewesen sei.

Rechtlich erfülle das Verhalten des Euskircheners den Tatbestand der Nötigung. In einem solchen Fall dürfe der Geschädigte ein Mittel wählen, das geeignet sei, einen zu erwartenden Angriff abzuwehren. Auch ein Messerstich zähle zu den Mitteln, die als Notwehr anerkannt würden, sagte Klein. Deshalb werde er das Verfahren einstellen, sofern die Notwehr-Version des 17-Jährigen „durch die noch nicht vollständig abgeschlossenen Ermittlungen nicht doch noch widerlegt wird“.

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