Homeschooling startet in EuskichenVieles läuft besser als, aber längst nicht alles

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So sieht es für Schülerinnen und Schüler in den kommenden drei Wochen aus. Nina Fischenich hat es sich gemütlich gemacht, um im Zimmer zu lernen und am Unterricht teilzunehmen.

So sieht es für Schülerinnen und Schüler in den kommenden drei Wochen aus. Nina Fischenich hat es sich gemütlich gemacht, um im Zimmer zu lernen und am Unterricht teilzunehmen.

Kreis Euskirchen – Laptop, Tablet, Smartphone – vieles gehört inzwischen zum Schulalltag. Im Lockdown wird der Präsenzunterricht in NRW bis zum 31. Januar ausgesetzt. In allen Schulen werde stattdessen ab Montag Distanzunterricht erteilt. Das gilt auch für Abschlussklassen. Schülern der Klassen eins bis sechs, die zu Hause nicht betreut werden können, werden die Schulen ab Montag ein Betreuungsangebot anbieten. Bis 31. Januar werden keine Klassenarbeiten geschrieben. Die Ausnahme: noch zwingend zu schreibende Klausuren in den Abschlussjahrgängen.

Die Ausstattung der Schüler und Lehrkräfte mit Endgeräten obliege den Kommunen. Bildung und Gesundheitsschutz, soziales Miteinander und Abstand halten – die Pandemie hat das Leben aller verändert – mit am meisten das von Schülern und Lehrern. Lernen zuhause am Bildschirm – wie klappt das? Diese Zeitung hat bei den Betroffenen nachgehört. Tenor der Beteiligten im Kreis Euskirchen: Es ist schon vieles besser geworden, aber da geht auch noch was.

Die Schüler

„Im März hat das mit dem Online-Unterricht nicht wirklich funktioniert“, sagt Nina Fischenich, die das Emil-Fischer-Gymnasium in Euskirchen besucht. Manche Lehrer hätten das Material dafür nicht gehabt oder sich nicht abgesprochen. Das Ergebnis: zwei virtuelle Meetings zur selben Zeit. Zu Beginn des Homeschoolings seien auch E-Mail-Adressen der Lehrer veraltet gewesen, sodass die Lösungen gar nicht angekommen seien, die auf der Lernplattform eingestellt worden waren, sagt Fischenich, die dem digitalen Lernen zu Beginn der Corona-Pandemie als Schulnote maximal ein 4- geben würde.

Jetzt finde in fast jedem Fach zur eigentlichen Unterrichtszeit ein Zoom-Meeting statt. „Mittlerweile geben manche Lehrer sogar mehr Aufgaben auf, als man eigentlich im normalen Unterrichtmachen würde“, sagt die Gymnasiastin schmunzelnd. Sie habe vom Homeschooling profitiert, so die 17-Jährige. Sie habe sich stark verbessert und arbeite wesentlich konzentrierter als in der Schule.

Eine Weilerswister Schülerin kann das nicht von sich behaupten. Ihr fehle das Lernen im Klassenverband, sagt die Gesamtschülerin. Sie könne sich zu Hause nicht so gut konzentrieren, zudem fehle es ihr an Unterstützung durch die Lehrer.

Die Eltern

Im Vergleich zum März läuft es ganz okay,  die Lernplattform ist aber  zu unstrukturiert“, stellt   eine Zülpicher Mutter fest. Ihre Kinder gehen  aufs Franken-Gymnasium. Zuweilen verschwinde schon mal eine Aufgabe, wenn während der Bearbeitung eine Pause einlegt werde oder die Abgabefrist überschritten sei. 

„Einige Lehrer haben sich zu Beginn der Corona-Krise ganz schön ausgeruht. Andere wiederum haben die Plattform auch während des regulären Schulbetriebes genutzt. So konnte man, wenn man krank war, die Hausaufgaben wunderbar machen, ohne wild herumtelefonieren zu müssen“, sagt die Mutter. Hauptproblem sei aber nicht die Lernplattform, sondern die Zeit. „Ich schaffe es einfach nicht, nach der Arbeit noch Lehrer zu spielen. Mein Jüngster versteht etwas nicht, dann macht er es halt nicht.“ Auf die Lehrer kommt es an

Wie gut es mit dem Unterricht zu Hause funktioniere,  sei an der Weilerswister Gesamtschule  lehrerabhängig, bilanziert eine Weilerswister Mutter. Unterricht als Video-Konferenz habe es   in der ersten Phase der Corona-Pandemie kaum gegeben.  Durch einen Lehrerwechsel nach den Sommerferien sei es nun besser, aber noch lange nicht gut. „Gerade in Mathe fehlt der Austausch. Sich das selbst beizubringen, ist echt anstrengend“, sagt sie: „Wir haben uns ganz lange auf die Hauptfächer konzentriert. Der Rest der Fächer ist hinten runtergefallen.“

Ein Mechernicher Familienvater, der nicht genannt werden möchte,  berichtet über die Tücken zu Beginn des Homeschoolings. „Mein Sohn wusste nicht, wie er die Ergebnisse an den Lehrer übermitteln soll. Also hat er ein Foto von seinem handgeschrieben Arbeitsblatt gemacht und das seiner Mutter auf die Arbeit geschickt.“ Sie habe das Dokument dann umgewandelt und in die Lernplattform eingestellt. 

Der Euskirchener Kenat Yilzan hat sich nun drei Wochen unbezahlten Urlaub genommen, um für seine Kinder da zu sein. „Wir sind an der Belastungsgrenze. Anders geht es nicht“, sagt er. Eine Blankenheimerin klagt darüber, dass das Internet in der Region nicht immer optimal fürs Homeschooling sei – vor allem dann nicht, wenn ihr Mann auch noch im Homeoffice tätig sei. „Da bin ich fast froh, wenn er aus dem Haus ist“, sagt die 28-Jährige augenzwinkernd.

Die Lehrer

Es gehe nichts über den persönlichen Kontakt, sagt Claudia Arens, Lehrerin an der Weilerswister Gesamtschule. Tatsächlich funktioniere vieles besser als im März, manches aber auch nicht. „In den höheren Klassen möchten die Schüler bei Videokonferenzen oft ihre Kameras nicht einschalten“, berichtet sie aus dem digitalen Schulalltag. Anordnen könne man es nicht – Datenschutz.

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„Da sitzt man dann, hat digitalen Unterricht vorbereitet und guckt auf 20 dunkle Flächen“, so die Lehrerin: „Da kannst du als Schüler genau so gut die Oma hinsetzen oder dir ein Spiegelei braten.“ Als „Dank“ stehe dann in den Sozialen Netzwerken: „Die Lehrer kriegen das nicht hin.“ Das frustriere dann schon.

Die Weilerswister Lehrerin hätte sich vom Land angeordnete, flächendeckende Fortbildungen gewünscht – nicht nur interne. „Zeit und Willen der Kollegen wären tatsächlich vorhanden gewesen“, so Arens.

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