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FinanzierungsproblemKall erhält Millionen aus der Gewerbesteuer und erhöht die Grundsteuer

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Drohnenaufnahme vom Kaller Gewerbegebiet mit den verschiedenen Unternehmen.

Die Betriebe in den Kaller Gewerbegebieten spülten mit ihrer Gewerbesteuer 2025 gut 15 Millionen Euro in die Gemeindekasse.

Um ein Abrutschen in ein Haushaltssicherungskonzept zu vermeiden, hebt die Gemeinde Kall die Sätze für die Grundsteuer A und B an.

Das hat man auch nicht oft: Obwohl der Kaller Haupt- und Finanzausschuss Erhöhungen bei der Grundsteuer A und B beschloss, waren die Politiker fast erleichtert. Der Grund: In der mittelfristigen Finanzplanung waren noch drastischere Anhebungen vorgesehen. Gerettet haben die Kaller exorbitante Steigerungen bei den Gewerbesteuereinnahmen.

„Schon bei der Aufstellung des Etats 2025 konnte ein Haushaltssicherungskonzept nur mit Mühe verhindert werden“, betonte Kämmerer Markus Stoff. Insbesondere durch das Einplanen eines zweiprozentigen „Globalen Minderaufwands“, das Bilden einer Rückstellung, die Einführung beziehungsweise Erhöhung sonstiger Steuern habe man in der Finanzplanung bis 2028 ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) abwenden können. Aktuell sei die Lage ähnlich dramatisch.

Gewerbesteuer bringt der Gemeinde Kall 15 Millionen Euro ein

„Wir haben viele kleine Schritte und einige große vorgesehen“, so Stoff. Im Sommer seien bereits die Hunde- und die Vergnügungssteuer angepasst worden. Für 2026 sei außerdem eine Anhebung der Grundsteuer „um satte 35 Prozent“ vorgesehen gewesen. Gleichzeitig sollte die Gewerbesteuer um drei Prozent angehoben werden. „Gerade bei der Grundsteuer B tut das richtig weh. Wir reden von einer Steigerung um mehr als 200 Punkte“, führte Stoff aus. Doch selbst das hätte bei der damaligen Lage nicht gereicht: „Deshalb hatten wir geplant, 2027 noch einmal nachzulegen, und zwar kräftig. Insgesamt also bittere Aussichten.“

Erfreulich sei aber der Blick auf die Gewerbesteuer: „Die ist ab 2022 regelrecht explodiert.“ Von 2015 bis 2021 lagen die Einnahmen im Schnitt pro Jahr bei 6,3 Millionen Euro. Danach seien sie von 8,2 Millionen (2022) auf gut 10,3 Millionen (2023) gestiegen. „In 2025 liegen wir jetzt bei unglaublichen 15 Millionen Euro“, so Stoff.

Ausgleichsrücklagen reichen nicht aus

Diese Steigerungsraten hängen aber nicht mit dem um 2020 neu hinzugekommenen Gewerbegebiet III zusammen. Die Einnahmen daraus machen laut Verwaltung 2025 nur rund zwei Prozent der gesamten Gewerbesteuer aus. Problematisch sei aber, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer wesentlich von der regionalen und überregionalen konjunkturellen Entwicklung abhängig und somit Schwankungen unterlegen seien. Im Vergleich dazu seien die Einnahmen aus der Grundsteuer deutlich sicherer zu kalkulieren.

„Trotz der sehr erfreulichen Entwicklung bei der Gewerbesteuer und der gleichzeitig nicht so negativ wie befürchteten Entwicklung der Kreisumlage schreiben wir hohe Defizite im Etat 2026 und in der mittelfristigen Finanzplanung“, sagte der Kämmerer. Die Defizite treten   auf, obwohl er im Vergleich zu früheren Jahren hohe Gewerbesteuereinnahmen eingeplant habe.

„Leider reichen die Ausgleichsrücklagen, die wir uns in den vergangenen Jahren mühselig erarbeitet haben, bei Weitem nicht aus“, warnte Stoff. Diese Rücklage darf in zwei aufeinander folgenden Jahren nicht um   mehr als jeweils fünf Prozent abgebaut werden: „Da sind wir im Moment noch meilenweit entfernt.“ Die Planung sieht Reduzierungen von 12,8 Prozent in 2027, 22,5 in 2028 und 31,3 in 2029 vor. „Wir werden also in der Verwaltung in den nächsten Wochen darüber sprechen, welche Ausgaben wir reduzieren können und müssen.“

Weniger Einnahmen bei der Grundsteuer A

Bei der Grundsteuerreform im Vorjahr hatte die Gemeinde gemäß einer Empfehlung des Landes NRW den Hebesatz für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft von 350 auf 243 Punkte gesenkt. Der Einnahmen sollten gleich bleiben. „Die Zahlen der Grundsteuer A zeigen aber, dass das Steueraufkommen von rund 45.000 auf 31.000 Euro gesunken ist.“ Deshalb schlug Stoff vor, zeitnah die Reduzierung rückgängig zu machen und den Hebesatz in zwei Schritten von jeweils 20 Prozent wieder auf 350 Punkte festzulegen.

Auf die geplante drastische Anhebung um 35 Prozent könne verzichtet werden. Eine Erhöhung zur Abfederung der Preissteigerungen der vergangenen Jahre um wenigstens zehn Prozent bei bewohnten Grundstücken von 590 auf 649 Punkte und bei unbewohnten von 1180 auf 1298 Punkte sei jedoch unvermeidlich. Durch die Erhöhungen bei den Grundsteuern gebe es Mehreinnahmen von 280.000 Euro. Bei der Gewerbesteuer könne man den gegenwärtigen Hebesatz beibehalten. Eins machte Stoff zum Schluss deutlich: In den nächsten Jahren werden weitere Erhöhungen in verschiedenen Bereichen nötig sein.

Bürgermeister Emmanuel Kunz: „Das wir nicht um 35 Prozent erhöhen müssen, liegt an starken Unternehmen und an den Sparmaßnahmen, die wir schon ergriffen haben.“ Kall sei ein gefragter Wirtschaftsstandort. Man müsse weitere Unternehmen für eine Ansiedlung gewinnen. Redner mehrerer Fraktionen betonten, dass man die Gewerbetreibenden in der gegenwärtigen Situation nicht noch mehr belasten könne.

Bert Spilles (CDU) schlug in dem Zusammenhang die Einführung der Grundsteuer C für unbebaute, aber baureife Grundstücke vor. Dadurch könne der Wohnungsbau angekurbelt werden. Darüber soll nun in der nächsten Sitzung der AG Finanzen gesprochen werden.