„Nicht sauer, aber enttäuscht“Kaller SPD verliert Daniela Züll an die CDU

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Das Bild zeigt eine Außenansicht des Kaller Rathauses.

Nach dem Wechsel von Daniela Züll von der SPD zur CDU hätten die Christdemokraten mit der Bürgermeisterstimme von Hermann-Josef Esser eine Stimme mehr als die SPD.

Nach der Weihnachtsfeier der Kaller SPD kam es zum Bruch mit Daniela Züll. Die will ihr Mandat behalten und sich der CDU anschließen.

Daniela Züll ist aus der SPD ausgetreten – und das hat Auswirkungen auf die politischen Verhältnisse in Kall. Die spiegeln nach Meinung von Karl Vermöhlen, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten in Kall, nun ganz und gar nicht mehr das Wahlergebnis 2020 wider. Der Grund: Daniela Züll will sich der CDU anschließen.

Ihre Entscheidung, die politischen Lager zu wechseln, hat zur Folge, dass die SPD, bisher neun Sitze, einen verliert, die CDU (bisher sieben) einen gewinnt. Die Pattsituation könnte in Ratssitzungen durch das Stimmrecht von Bürgermeister Hermann-Josef Esser (CDU) zugunsten der Christdemokraten kippen. Allerdings gibt es bei all den Überlegungen ein „Aber“.

Ampel-Koalition hat in Kall die Mehrheit – wie lange noch?

In Kall gibt es eine Ampel-Koalition, die auch bei einem Wechsel Zülls noch die Mehrheit hat. Dennoch ist die SPD verärgert. Oder wie Vermöhlen es ausdrückt: „Ich bin nicht sauer. Ich bin enttäuscht.“

Wer einen Blick auf das Endergebnis der Wahl wirft, kann die Verärgerung der Sozialdemokraten durchaus nachvollziehen. „Wir hatten bei der Wahl 32 Prozent der Stimmen, die CDU 24 Prozent und wir haben dennoch jetzt praktisch eine Stimme weniger als die CDU. Das fühlt sich nicht richtig an“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende: „Moralisch ist es nicht in Ordnung, dass Frau Züll ihr Mandat mitnimmt.“

Das Foto zeigt Daniela Züll.

Daniela Züll wechselt von der SPD zur CDU

Faktisch ist ihr Wechsel zu CDU noch nicht fix, aber der dürfte nur noch Formsache sein. „Noch ist nichts unterschrieben, wird aber es wohl sehr bald“, sagt Michael Kehren, Fraktionsvorsitzen der Christdemokraten in Kall. Und auch Züll selbst bestätigt derartige Überlegungen im Gespräch mit dieser Zeitung.

„Da ich programmatisch die Überzeugungen der CDU teile, habe ich den Gemeindeverband Kall im November kontaktiert und über meine Austrittspläne unterrichtet. Ich habe den Wunsch geäußert, sowohl in die Partei als auch CDU-Fraktion überzutreten“, so die Rechtsanwältin.

Anschließend habe sie mit dem Fraktionsvorsitzenden und dem Gemeindeverbandsvorsitzenden Gespräche über die politische Gesinnung und die Gründe für das Ausscheiden bei den Sozialdemokraten geführt.

Widersprüchliche Aussagen zu Fraktionszwang in der Kaller SPD

Mitte Dezember habe sie noch bei der Weihnachtsfeier der Sozialdemokraten mit am Tisch gesessen, eine schöne Zeit gehabt, berichtet Vermöhlen. Anfang des Jahres folgte dann der Knall: Züll, die über den siebten Platz auf der Reserveliste in den Gemeinderat eingezogen war, kündigte ihren Austritt aus der Partei an.

Wie Vermöhlen berichtet, sei die Entscheidung für die SPD völlig aus dem Nichts gekommen. „Sie hatte zuletzt immer mal wieder anders abgestimmt als die Partei, aber das ist in Ordnung. Es gibt bei uns keinen Fraktionszwang“, so Vermöhlen. Daraus zu schließen, dass sie aufgrund ihres Abstimmungsverhaltens mit der SPD abgeschlossen habe, sei ihm aber nicht in den Sinn gekommen. Dass sie sich nun der CDU anschließen will, hält der Fraktionsvorsitzende moralisch „völlig daneben“.

Es ist fairer auszutreten, als noch eineinhalb Jahre in der SPD zu bleiben und dann ständig für eine andere Partei zu stimmen.
Michael Kehren, CDU Kall

CDU-Chef Kehren indes stärkt seiner Noch-nicht-ganz-Parteikollegin den Rücken. „Es ist fairer auszutreten, als noch eineinhalb Jahre in der SPD zu bleiben und dann ständig für eine andere Partei zu stimmen. Da ist das so schon der saubere Schritt“, so Kehren.

Doch was ist der Grund, warum Züll die politischen Lager wechseln will? „Die Kaller SPD hatte sich im vergangenen Jahr zur Durchsetzung ihrer ideologischen Überlegungen eines Politikstils bedient, dessen Unterstützung für mich mit meinem Gewissen nicht vereinbar war“, sagt sie: „Zudem wurde ich gebeten, nach Fraktionszwang gegen meine eigenen Überzeugungen abzustimmen.“

Dem widerspricht Vermöhlen energisch: „Wir hatten und haben keinen Fraktionszwang. Jeder darf so abstimmen, wie er möchte. Es wäre nur sinnvoll, wenn wir im Vorfeld davon wüssten, damit der Fraktionssprecher nicht ins Leere läuft.“

Züll will in den kommenden eineinhalb Jahren weiter Politik für Kall machen. „Mich einem Fraktionszwang zu unterwerfen, wäre genauso nachteilig für das Wohl der Gemeinde wie mein Rücktritt, der es meinem Nachfolger gestatten würde, an meiner Stelle die Strategie der SPD zum Nachteil der Gemeinde, zu denen ich mich nicht konkreter äußern möchte, umzusetzen“, sagt im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Wählerwille werde nicht verfälscht, wenn jemand sein Mandat als Parteizugehöriger zu einer anderen Partei mitnehme.

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