Viel Wärmebedarf im KreisWie wir alle mehr Energie sparen können

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In Wohngebäuden wird im Kreis im Durchschnitt deutlich mehr Wärme verbraucht als im NRW-weiten Durchschnitt.

  • In unserer Serie „In Sachen Klima“ betrachten wir die Klima-Krsie bei uns vor der Haustür. Was ist der Status-Quo? Was kann und muss sich vielleicht verändern?
  • Die Energieerzeugung ist in Deutschland der Hauptverursacher von Treibhausgas-Emissionen.
  • Der Kreis Euskirchen ist, was den Ausbau Erneuerbarer Energien angeht, laut eigener Aussage ganz gut dabei. Doch der Windkraftausbau stagniert.
  • Und auch bei der Wärmeversorgung ist noch viel Luft nach oben. Wir zeigen wie das gelingen kann.

Kreis Euskirchen – Wer über die Klimakrise spricht, kommt um das Thema Energie nicht herum. Den größten Anteil an den Treibhausgas-Emissionen in Deutschland hat laut dem Umweltbundesamt die Energieerzeugung für Wärme und Strom. Künftig müsse diese diverser und dezentraler werden, heißt es dazu im neuen Klimawandelanpassungskonzept des Kreises, das derzeit beraten wird.

Genaue Daten, wie viel Energie ein Mensch im Kreis Euskirchen verbraucht, gebe es nicht, sagt Maximilian Metzemacher, Klimamanager des Kreises. Aber ein paar Zahlen gibt es schon. Laut dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) verzeichnet der Kreis insgesamt pro Jahr 1540,6 Gigawattstunden Stromverbrauch und 2667 Gigawattstunden Wärmebedarf. Auf die Einwohnerzahl gerechnet liegt er damit leicht über dem NRW-weiten Durchschnitt, was den Energieverbrauch angeht.

2019 kamen 40 Prozent des im Kreis verbrauchten Stroms laut Lanuv aus erneuerbaren Energien. Er gehe davon aus, dass es 2020 sogar noch etwas mehr gewesen seien, sagt Metzemacher. „Das kann sich ganz gut sehen lassen.“ Zum Vergleich: In ganz NRW betrug der Anteil an erneuerbaren Energien im selben Jahr gerade mal 16,2 Prozent. Das sei aber kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen, sagt der Klimamanager. „Die Potenziale bei Wind und Solar sind auf jeden Fall noch da.“

40 Prozent des Stromverbrauchs im Kreis wurden 2019 über Erneuerbare Energien gedeckt.

40 Prozent des Stromverbrauchs im Kreis wurden 2019 über Erneuerbare Energien gedeckt.

Der Großteil der erneuerbaren Energien im Kreis stammt aus Windkraftanlagen. 110 gibt es hier davon. Allerdings stagniere die Zahl seit etwa drei Jahren, so Metzemacher. „Wind kann nur ausgebaut werden, wenn darüber in der Kommune Konsens herrscht“, sagt er. Derzeit sei es relativ schwierig, sich für Windenergie einzusetzen. Der Grund: Immer häufiger gibt es Proteste von Anwohnern, Bürgerinitiativen und Naturschutzgruppen wehren sich gegen die Windräder. Insgesamt werde über Windenergie sehr emotional diskutiert, da brauche es viel Feingefühl, sagt Metzemacher. „Das ist schon wirklich ein sehr schwieriges Thema.“

Ist eine Pflicht für Photovoltaik-Anlagen bei allen Neubauten sinnvoll?

Anders sehe es da bei den Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) aus. 7396 gibt es laut Lanuv derzeit im Kreis, fast alle davon sind auf Dächern installiert. Und der Ausbau gehe stetig weiter, so Metzemacher.

Für Manfred Scheff ist das nur logisch. „Es ist sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich sinnvoll, Sonne mitzudenken“, sagt der Energieberater des Kreises Euskirchen. Er berät Menschen, die im Kreis ein Haus bauen oder sanieren wollen. Zwar bringe eine PV-Anlage hohe Anschaffungskosten mit sich, aber langfristig bekomme man damit Energie frei Haus. Scheff hält deshalb auch eine PV-Anlagen-Pflicht bei Neubauten für sinnvoll. Die Eugebau und andere Unternehmen im Kreis machten das seines Wissens nach schon, sagt Metzemacher. Grundsätzlich sei das etwas, das der Kreis vorantreibe.

Er favorisiere jedoch Anreize statt einer Pflicht. Denn gerade bei Unternehmen gebe es „ein sehr sehr starkes Fokussieren auf Kosten“, so der Klimamanager. Hier gehe es deshalb darum, Prozesse neuzudenken. „Oft ist vielen Unternehmen nicht klar, wie viel Energie sie ungenutzt lassen.“ Ein Eierhof im Kreis beispielsweise habe jahrelang zum Kochen der Eier Erdgas genutzt. Inzwischen verbrenne er dafür Alkoholdämpfe, die bei der Färbung der Eier entstehen und spare damit viel Energie, so Metzemacher. Solche Möglichkeiten für Kreislaufwirtschaften gelte es, weiter zu identifizieren.

PV-Anlagen über landwirtschaftlichen Flächen könnten kommen

In der Stromerzeugung werden laut dem Klimamanager derzeit von Land und Bund zudem Freiflächen-PV-Anlagen forciert. Davon gibt es nach Angaben des Lanuv im Kreis bislang 13 Stück. Gerade Flächen entlang von Schienentrassen und Autobahnen seien dafür interessant, sagt Metzemacher. Allerdings betreffe das oft verschiedene Kommunen und Eigentümer, die sich alle einigen müssten.

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Das Klimawandelanpassungskonzept nennt als weitere Option noch Agro-PV-Anlagen. Dabei handelt es sich um Anlagen die auf landwirtschaftlichen Flächen stehen. „Die Landwirte sehen da Probleme, weil man die Fläche darunter, wenn überhaupt, nur eingeschränkt bewirtschaften kann“, sagt Heinrich Brockerhoff von der Landwirtschaftskammer. Metzemacher ist sich sicher, dass es im Rahmen des Strukturwandels genau deshalb Testmöglichkeiten geben wird. „Da kann die Devise nur heißen, dass wir uns als Kreis Euskirchen nicht verschließen.“

Ein Umdenken beim Thema Heizung ist zu spüren

Während der Kreis beim Strom bereits einen großen Teil aus erneuerbaren Energien zieht, sieht es bei der Wärme ganz anders aus. Genaue Zahlen, wie viel Wärme mithilfe erneuerbarer und wie viel mit konventioneller Energie im Kreis erzeugt wird, kann weder das Lanuv noch der Kreis nennen. Jedoch geht aus den Kennzahlen der e-regio hervor, dass die deutliche Mehrheit im Kreis mit Erdgas heizt. In Wohngebäuden werden zudem pro Kopf jährlich etwa 1500 Kilowattstunden mehr gebraucht als im NRW-weiten Durchschnitt, so das Lanuv. Das liege vermutlich an mehr Wohnraum pro Person verglichen mit Ballungsgebieten.

Gleichzeitig sei der Häuserbestand im Kreis relativ alt, sagt Metzemacher. Dementsprechend werde viel mit den fossilen Energieträgern Öl und Gas geheizt. Doch er bemerke ein Umdenken, berichtet Scheff. Etwa 150 Beratungen führe er im Jahr durch, 80 Prozent davon drehten sich ums Heizen. Immer mehr Menschen erkundigten sich nach Alternativen. Das hänge zum einen mit lukrativen Förderprogrammen und zum anderen mit dem CO2 -Preis zusammen.

Regenerative Alternativen sind beispielsweise Pellets-Heizungen, Solarthermie oder Wärmepumpen. Letztere sei die häufigste Variante und lohne sich in der Regel für alle, die eine PV-Anlage auf dem Dach haben, so Scheff. Auch für Bestandshäuser: „Grundsätzlich kann ich nahezu jedes Gebäude auch mit einer Wärmepumpe beheizen.“ Wichtig sei in jedem Fall, die Energieeffizienz der Gebäude zu erhöhen, beispielsweise durch eine neue Dämmung. Eine weitere Möglichkeit, um Heizenergie zu sparen, sind laut dem Klimawandelanpassungskonzept Nahwärmenetze mit Blockheizkraftwerken wie in Weilerswist derzeit geplant (siehe Interview nächste Seite). Grundsätzlich, so Scheff und Metzemacher, sei für jeden Hausbesitzer eine Energieberatung sinnvoll.

6 Tipps zum Energiesparen für jeden

Schon mit kleinen Veränderungen sei eine große Wirkung zu erzielen, sagt Energieberater Manfred Scheff. Er und Maximilian Metzemacher geben 5 Tipps für jedermann.

1. Heizungspumpen seien in der Regel in drei Stufen einstellbar. Hier lohne es sich, diese einmal auf die unterste Stufe zu setzen und zu schauen, ob die Energie noch überall ankommt. Damit spare man 60 Prozent der Energie, die man für die Pumpe brauche. So ließen sich pro Jahr 50 bis 60 Euro einsparen.

2. Wer Rollladen habe, sollte die auch nachts nutzen. „Dadurch reduziere ich meinen Wärmeverlust über diese Flächen um 50 Prozent“, sagt Scheff.

3. Technisch Interessierte können die Heizkurve auf ihr Gebäude anpassen. In der Regel sei hier nämlich ein Standardwert eingestellt. Durch eine Anpassung könne man 10 bis 15 Prozent Energie sparen.

4. Stand-By-Verbräuche eliminieren. Für elektronische Geräte lohne sich die Anschaffung von Mehrfachsteckdosen mit Schalter. Dieser müsse dann aber auch immer ausgeschaltet werden, wenn das Gerät nicht genutzt werde.

5. Generell sollte man sich fragen, wie alt die Stromgeräte in seinem Haushalt seien und wie viel sie verbrauchten. Je nachdem lohne sich da eine Neuanschaffung. Eine zehn bis 15 Jahre alte Waschmaschine sollte man ersetzen.

6. Auf LED-Birnen umrüsten. Das sei zwar nicht neu, aber immer noch ein Thema. Grundsätzlich sollte man nur dort Licht machen, wo man es auch braucht.

„Sie können mit einer eigenen Heizung nicht so effizient sein wie ein Blocheizkraftwerk“

Hans Ulrich Schneider ist Seniorprojektleiter bei der DSK und Treuhänder für die Gemeinde Weilerswist. Dort soll in einem Neubaugebiet ein Nahwärmenetz mit Blockheizktraftwerk entstehen.

Was hat die Gemeinde Weilerswist gemacht?

Weilerswist wird im Neubaugebiet Hausweiler gemeinsam mit der e-regio eine Nahwärmeversorgung anbieten. Darüber werden 70 Einfamilienhäuser und etwa 200 Wohnungen mit Wärme versorgt. Mit der Erschließung des Gebiets ist im letzten Quartal 2021 zu rechnen.

Wie funktioniert das?

Ein Blockheizkraftwerk (BHKW) versorgt das Quartier über Nahwärmenetze mit Wärme. Dafür wird Erdgas genutzt. Im BHKW kommt das Gas an, das normalerweise an die Häuser verteilt wird. Daraus wird Wärme erzeugt, die wiederum an alle Wohneinheiten für die Wärmeversorgung verteilt wird. Über einen Zähler rechnen die Anwohner dann mit dem Betreiber des BHKW ihren Verbrauch ab. Das System funktioniert wie eine normale Gastherme im Haus, nur versorgt man nun eben deutlich mehr Haushalte mit einer Therme. Ferner wird auch Strom im BHKW erzeugt, welcher ins Netz eingespeist wird. Die Anlagen sind deshalb größer. In Weilerswist wird das BHKW etwa so groß sein wie eine Doppelgarage.

Was sind die Auswirkungen?

Das BHKW trägt in erster Linie einen Beitrag zum Klimaschutz durch die Kraft-Wärme-Kopplung bei, welche den Brennstoff sehr effizient nutzt und dabei weniger CO2 ausstößt als herkömmliche Wärmeerzeuger. Das BHKW in Weilerswist wird einen deutlich geringeren CO2 -Ausstoß haben, als wenn dort jeder seine eigene Gastherme im Haus hätte. Sie können mit einer eigenen Heizung nicht so effizient sein wie ein BHKW. Außerdem lohnt es sich finanziell, denn die Anwohner sparen sich Anschaffungskosten einer Therme, Wartungskosten und Gebühren für den Schornsteinfeger.

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