Bis zum 6. Juni kann man im Kreishaus in Euskirchen mehr über die vier Vorkämpferinnen der Gleichberechtigung in Deutschland erfahren.
Aufruf zur GleichberechtigungAusstellung in Euskirchen zeigt „Mütter des Grundgesetzes“

Landrat Markus Ramers und Kreisarchivarin Heike Pütz eröffneten die Ausstellung „Die Mütter des Grundgesetzes“ im Kreishaus.
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Seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland am 24. März 1949 steht es fest im dritten Artikel geschrieben: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“
Doch dieser so simpel gehaltene und selbstverständlich erscheinende Satz, der genau wie die übrigen Paragrafen im vergangenen Jahr 75. Geburtstag feierte, war damals längst nicht unumstritten. Er sei vielmehr vier Frauen zu verdanken, die damals gemeinsam mit 61 Männern im parlamentarischen Rat das Grundgesetz erarbeitet haben, berichtete Landrat Markus Ramers während einer Ausstellungseröffnung im Euskirchener Kreishaus.
Ausstellung würdigt Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel
„Dieser schlichte, aber kraftvolle Satz in Artikel drei Absatz zwei unseres Grundgesetzes war das Ergebnis mutiger Beharrlichkeit, politischer Weitsicht und des unermüdlichen Einsatzes dieser vier Frauen. Ohne ihren entschlossenen Protest, ihre Verhandlungskunst und die breite Unterstützung aus der Frauenbewegung hätte er nie in die Verfassung Einzug gehalten.“
Wie es Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel damals gelungen ist, diesen Artikel durchzusetzen, welche Hürden ihnen dabei in den Weg gelegt wurden und wie sich die Rolle der Frauen in der Politik seither verändert hat, kann derzeit in der Ausstellung „Die Mütter des Grundgesetzes“ besichtigt werden.
Kaum Frauen in Stadträten und Bürgermeisterämtern
Ein wichtiger Bestandteil der ausgestellten Infotafeln und Schaukästen mit Zeitungsberichten aus der Entstehungszeit des Grundgesetzes sei die Tatsache, dass die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau mit Einführung des dritten Artikels längst nicht abgeschlossen sei, so Ramers. „So beeindruckend dieses historische Kapitel auch ist, der Satz ,Männer und Frauen sind gleichberechtigt' war 1949 kein Spiegel der Realität. Er war ein Versprechen an die Zukunft.“
Ein Versprechen, das selbst heute noch nicht vollständig erfüllt sei. „Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Nur 34,7 Prozent der Abgeordneten im Bundestag sind Frauen. In Landesparlamenten sind es rund 32 Prozent, in Gemeindeparlamenten nur 27 Prozent und nur etwa neun Prozent der Bürgermeisterämter werden von Frauen geführt.“
Die sei auch im Kreis Euskirchen mit derzeit zehn Frauen von 54 Mitgliedern und drei Bürgermeisterinnen in elf Städten und Gemeinden nicht anders. Umso wichtiger sei der Einsatz der vier „Mütter des Grundgesetzes“ zu bewerten, betonte auch Kreisarchivarin Heike Pütz, die einen regional geprägten Blick in die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte präsentierte.
Im ersten Euskirchener Kreistag saßen fünf Frauen
Denn auch im Kreis Euskirchen blieben die Kreistage der Altkreise Euskirchen und Schleiden, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus von Landräten benannten und der Militärregierung berufenen Mitgliedern zusammensetzten, in deutlich überwiegender Mehrheit in Männerhänden.
„Die jeweiligen Bürgermeister der Städte und Ämter sandten an die beiden Landräte ihre Vorschlagslisten. Für den Kreis Euskirchen wurden von den neun Bürgermeistern insgesamt 89 Namen genannt. Darunter befanden sich sieben Frauen“, so Pütz. Fünf von ihnen schafften es letztlich auch in den aus 45 Mitgliedern zusammengesetzten ersten Kreistag in Euskirchen.
Wie auf den Schautafeln im Foyer des Euskirchener Kreishauses, Jülicher Ring 32, nachzulesen, hat diese Zahl in den nächsten Jahrzehnten sogar noch weiter abgenommen. Und selbst das „Jahr der Frau“ 1975 vermochte an diesem Ungleichgewicht kaum zu rütteln. Die Ausstellung „Die Mütter des Grundgesetzes“, die bis Freitag, 6. Juni, zu den üblichen Öffnungszeiten des Kreishauses besichtigt werden kann, sei daher mehr als ein Blick zurück in die Vergangenheit, wie Markus Ramers erklärte.
„Sie ist ein Appell an unsere Gegenwart und an unsere Zukunft“, betonte der Landrat. „Ein Appell, dem Mut dieser Frauen zu folgen. Ein Aufruf, weiter für die Gleichberechtigung zu streiten, und ein Zeichen dafür, dass Demokratie dort beginnt, wo Frauen mitentscheiden. Lassen Sie uns diese Ausstellung als Ansporn begreifen – für mehr Sichtbarkeit, mehr Beteiligung und mehr Gerechtigkeit.“