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Nach der FlutWiederaufbauhilfe für den Kreis Euskirchen ist auf 225 Millionen Euro erhöht

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Zwei Frauen sitzen auf einem fast kreisrunden Sofa. Im Hintergrund stehen klassische Schulmöbel.

Schulleiterin Carolin Holzhüter (l.) und Bereichsleiterin Nadine Schmitz sitzen in der offenen Lernlandschaft, die ein wichtiger Bestandteil des pädagogischen Konzepts am TEB ist. Das Land NRW unterstützt den Kreis beim Neubau der Schule.

Staatssekretär Sieveke überbrachte weitere 9,3 Millionen Euro. Mit dem Geld sichert der Kreis den Neubau des Berufskollegs in Euskirchen ab.

Spätestens Anfang 2032 will der Kreis Euskirchen mit dem Neubau des Thomas-Eßer-Berufskollegs fertig sein. Er wird in Euskirchen an der Straße An der Katzenhecke entstehen, die am westlichen Stadtrand neben der Generalmajor-Freiherr-von-Gersdorff-Kaserne von der Kommerner Straße abzweigt. Das Berufskolleg, kurz TEB, wird dort einen Campus mit dem Berufsbildungszentrum Euskirchen (BZE) bilden.

Beide Einrichtungen, die 2021 bei der Flut schwer   in Mitleidenschaft gezogen worden waren, werden ihre bisherigen Standorte verlassen. Das BZE ist noch in Euenheim untergebracht, das Kolleg auf dem Eckgrundstück Kommerner Straße/Georgstraße in Euskirchen. Von der räumlichen Zusammenlegung versprechen sich das BZE, Träger sind der Kreis sowie IHK und Handwerkskammer Aachen, und das TEB, dessen Träger der Kreis ist, Synergien, also Vorteile für alle Beteiligten.

Eines der größten Schulbauprojekte in der Geschichte des Kreises Euskirchen

Das wurde zum wiederholten Male betont, als Daniel Sieveke (CDU) im Berufskolleg zu Gast war. Er ist Staatssekretär im NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung und überreichte Landrat Markus Ramers (SPD) einen symbolischen Zuwendungsbescheid des Landes für den Kreis über rund 9,3 Millionen Euro.

Durch diesen Betrag erhöht sich das Budget für den Wiederaufbau, das das Land dem Kreis schon vorher zugesagt hatte, auf etwa 225 Millionen Euro. Mit der zusätzlichen Förderung werde die Finanzierung eines der größten Schulbauprojekte in der Geschichte des Kreises Euskirchen weiter abgesichert, heißt es in einer Mitteilung – eben der Neubau des Berufskollegs.

Die beiden Berufskollegs waren schwer von der Flut getroffen worden

Dieses Vorhaben sei mit geschätzten Kosten in Höhe von 82 Millionen Euro der dickste Batzen im Wiederaufbauplan des Kreises, sagte Landrat Ramers. Die Gebäude des Kollegs waren nicht nur durch die Flut beschädigt worden. Es stellte sich auch heraus, dass die Erdbebensicherheit nicht gewährleistet ist, wie Ramers erklärte. Untersuchungen und Studien haben dann ergeben, dass ein Neubau wirtschaftlich sinnvoller sei als eine Sanierung, ergänzte der Allgemeine Vertreter des Landrats, Achim Blindert. Über die Zukunft des jetzigen TEB-Areals ist noch nicht entschieden.

Einen großen Betrag, rund 100 Millionen Euro (davon sind 40 Millionen Euro Mittel des Kreises), steckt der Kreis auch in das Berufskolleg Eifel in Kall, das ebenfalls so vom Hochwasser zerstört wurde, dass Teile abgerissen und erneuert werden müssen. Nimmt man die Kosten für das künftige BZE hinzu, die Verbandsvorsteher Jochen Kupp momentan auf 75 Millionen Euro schätzt, summieren sich die Investitionen in die Bildungsinfrastruktur im Kreis, die in den nächsten Jahren anstehen, auf mehr als 250 Millionen Euro.

Eine Grafik zeigt, wie das mehrgeschossige und unregelmäßig gegliederte Gebäude nach der derzeitigen Planung aussieht.

Der Neubau des Berufskollegs könnte so aussehen. Bei der Darstellung handelt es sich um einen Vorentwurf.

Vier Männer und eine Frau stehen in zwei Reihen beisammen.

Staatssekretär Daniel Sieveke (v.l.) bei der Übergabe des Zuwendungsbescheids mit dem Landtagsabgeordneten Klaus Voussem, Landrat Markus Ramers, dessen Allgemeinem Vertreter Achim Blindert und TEB-Leiterin Carolin Holzhüter.

Das BZE muss zehn Prozent von besagten 75 Millionen selbst aufbringen, während das Gros des Geldes von der Zukunftsagentur Rheinisches Revier im Rahmen des Strukturwandels des Braunkohlereviers kommt, wie Kupp erklärte. Den Eigenanteil wolle man mit Krediten und durch den Verkauf des Areals in Euenheim finanzieren.

Kupp geht vom Spatenstich für das BZE an der Katzenhecke im Sommer 2027 und von etwa zweieinhalb Jahren Bauzeit aus. Das Berufsbildungszentrum wäre demnach deutlich früher fertig als das Berufskolleg. Dessen bauliche Planungen werden an dem künftigen pädagogischen Konzept ausgerichtet, an dem das TEB arbeitet. Offene Lernlandschaften und multifunktionale Räumen sollen das selbst organisierte Lernen erleichtern und den Wohlfühlfaktor erhöhen.

Die einen lernen gerne in Gruppen, andere lieber allein.
Carolin Holzhüter, Schulleiterin

„Die einen lernen gerne in Gruppen, andere lieber allein. Die einen machen sechs Stunden Englisch am Stück, die anderen bevorzugen Häppchen“, umriss Schulleiterin Carolin Holzhüter Teile der künftigen Strategie, mit deren Umsetzung das TEB bereits begonnen hat.

Zehn Klassen aus dem Bereich Wirtschaft und Verwaltung lernen seit dem Schuljahresbeginn nicht mehr wie vorher in Klassenräumen, sondern in einem neu gestalteten Trakt – begleitet von einem Lehrerteam, das auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingeht. „Die Vorgaben werden größtenteils ohne festen Stundenplan umgesetzt“, sagte Bereichsleiterin Nadine Schmitz. Jeder verteile den Stoff, der in einem Modul in einem bestimmten Zeitraum zu bewältigen sei, nach seinen Vorstellungen.

Das Euskirchener Kolleg muss sich vieles neu erarbeiten

Das TEB wird das pädagogische Konzept nach und nach ausbauen. „Wir haben Schulen besucht, die mit ihren offenen Lernlandschaften als Vorreiter gelten. Am Ende müssen wir aber unseren eigenen Weg finden und uns vieles neu erarbeiten“, sagte Schmitz: „Einfach bei anderen abkupfern – das funktioniert nicht.“

Landrat Ramers sagte: „Wir stellen die Weichen für ein zukunftsfähiges, modernes Lernumfeld. Dabei unterstützt uns die Wiederaufbauhilfe des Landes. Wir investieren nicht nur in Gebäude, sondern vor allem in die Zukunft junger Menschen in der Region.“

Staatssekretär Sieveke dankte allen, die am Wiederaufbau nach der Flut mitwirken, und sagte: „Uns war immer klar, dass er kein Spaziergang wird, sondern ein harter, langer Marsch.“